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Das „Freie Netz Süd“ und seine Rechtsrock-Festivals

Der „Frankentag“ 2011 im unterfränkischen Roden-Ansbach

Die Neonazis des „Freien Netz Süd“ (FNS) veranstalten am 13. August 2011 den „4. Nationalen Frankentag“ mit etwa 400 Teilnehmer_innen im unterfränkischen Roden-Ansbach (Landkreis Main-Spessart). Die Wiese für das Open-Air hat ein Sympathisant der neonazistischen Szene zur Verfügung gestellt. Im Dorf können die Neonazis zwei Häuser für Logistik und Übernachtung nutzen.

'Frankentag' 2011 in Roden-Ansbach.  Foto: Robert Andreasch
‚Frankentag‘ 2011 in Roden-Ansbach. Foto: Robert Andreasch
An der Bühnenwand hängt ein Transparent der „Freien Nationalisten Erlangen-Höchstadt“: „Harte Zeiten, harte Pflichten“. Die Zeilen entstammen der Durchhalteparole eines bekannten Plakats aus der Endzeit des Nationalsozialismus. Mit dem Originalbild warben die Nationalsozialisten im August 1931 für eine NSDAP-Veranstaltung. Nur die damals auf der Schlange angebrachten Wörter „Marxismus“ und „Hochfinanz“ haben die fränkischen Neonazis durch „Globalisierung“ und „Kapitalismus“ ersetzt.

Das Programm: Der Vorsitzende des neonazistischen Vereins „Bund Frankenland e. V.“, Uwe Meenen, erinnert in seiner Rede an den verurteilten Holocaustleugner Horst Mahler. Und FNS-Aktivist Martin Wiese, der für den ursprünglich angekündigten Eckart Bräuniger einspringt, empfiehlt seinen „Kameraden“ die 25 Punkte des NSDAP-Parteiprogramms: „Es gibt 25 Programmpunkte (…) und daran sollte man sich halten.“ Wenn Wiese sich umdreht, ist auf seinem schwarzen T-Shirt der Rückendruck zu erkennen: „Seine Idee – Unser Weg“ steht da und eine krakelige Unterschrift: die Signatur Adolf Hitlers. Seine Rede schließt Martin Wiese mit einer Morddrohung gegen Antifaschist_innen und Journalist_innen ab:

„Allen, die sich uns entgegenstellen (…) allen, die uns fotografieren, die uns denunzieren und uns von der Arbeit wegbringen wollen (…) allen, die sich gegen deutsche Werte stellen, sei gesagt: Wir werden eines Tages kommen, euch aus euren Löchern holen, euch vor einen Volksgerichtshof stellen und euch wegen Deutschlands Hochverrat verurteilen – zum Tode.“

Vor allem die Berliner Kultgruppe „Die Lunikoff-Verschwörung“ entpuppt sich diesmal als Publikumsmagnet. Und neben dem Ex-„Landser“- Sänger Michael „Lunikoff“ Regener locken auch noch Auftritte der Bands „Untergrundwehr“ aus Würzburg und „Flak“ aus dem Rheinland. Auch aus Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein kommen Teilnehmer_innen an, bald parken die vielen Fahrzeuge mit den einschlägigen „88“, „28“ und „AH“-Kennzeichen alle Wege zu. Auch die 15 Euro teuren Eintrittskarten schrecken offensichtlich die „Luni“-Fans, für die es extra eine Autogrammstunde ihres Stars gibt, nicht ab. Das Bier, für welches die Brauerei „Keiler-Bier“ aus dem nahen Lohr einen Bierwagen zur Verfügung stellt, fließt in Strömen. Aber auch eine Ecke mit Torwand und Trampolin, auf dem sich Kinder in „Deutscher Nachwuchs“-Sweatshirts austoben, ist aufgebaut.

Gegenmaßnahmen, Protest und Reaktionen: Einige Dinge sind 2011 anders als in den Vorjahren. Die Verwaltungsgemeinde Marktheidenfeld untersagt zunächst den in Roden-Ansbach angekündigten „Frankentag“ und nennt unter anderem folgende Verbotsgründe: die Gefahr der Volksverhetzung, Lärmbelästigung und die schlechte Zugänglichkeit des Festgeländes. Der Veranstalter Norman Kempken reicht daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht in Würzburg ein. In einem Sofortbeschluss (VG Würzburg, B. v. 9.8.2011 Nr. W 5 S 11.608) erlaubt das Gericht das Neonazi-Treffen. In der Pressemitteilung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg heißt es, „die von der Verwaltungsgemeinschaft im Verbotsbescheid aufgezeigten Gefahren beruhten durchweg auf Mutmaßungen der Behörde und fänden keinen Anhalt in den Behördenakten.“

Das „Antifaschistische Aktionsbündnis Nürnberg“ hat frühzeitig mit einer Gegenmobilisierung begonnen und auch das Bündnis „Main-Spessart ist bunt“ organisiert eine weitere Gegenveranstaltung. Landrat Thomas Schiebel (FW) hält schließlich vor gut zweihundert Einwohner_innen und angereisten Demokrat_innen eine engagierte Rede und empfiehlt ein Verhalten entsprechend der Ankündigung der norwegischen Regierung, angesichts des Drucks von Rechtsaußen erst recht eine demokratische, offene und tolerante Gesellschaft einzurichten.

Und doch ist auch in diesem Jahr vieles wieder wie gehabt: In der Zeitung „Fränkischer Tag“ vom 15. August 2011 werden Antifaschist_innen mit den Neonazis des FNS gleichgesetzt und als „Linksextremisten“ diffamiert. „Main-Spessart ist bunt“ protestiert auf dem Firmengelände eines Busunternehmens, außer Sichtweite des Neonazi-Events und zu einer Zeit, zu der der „Frankentag“ am Waldrand oberhalb des Dorfes erst anläuft. Ein Bus mit anreisenden Antifaschist_innen wird über zwei Stunden lang von der Polizei kontrolliert. Ein Neonazi-Ordner, er trägt offen eine Kette mit der verbotenen Odal-Rune, bedrängt derweil Fotografen an der Zufahrt zur Neonazi-Wiese. Direkt beim mit Bauzäunen abgeschirmten „Frankentag“-Gelände stehen meist keine Polizeibeamt_innen, den öffentlichen Weg dorthin zu benutzen, ist für Journalist_innen unter diesen Umständen äußerst gefährlich.

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