Drücke "Enter", um den Text zu überspringen.

Das „Freie Netz Süd“ und seine Rechtsrock-Festivals

Der „Frankentag“ 2008 im oberfränkischen Weißenohe

Am Samstag, 7. Juni 2008, kommen rund 220 Neonazis zum „1. Nationalen Frankentag“ ins oberfränkische Weißenohe (Landkreis Forchheim). Der neonazistische Verein „Bund Frankenland“ um Uwe Meenen (damals Würzburg) und die Aktivist_innen der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ um Matthias Fischer (Fürth) haben das Event organisiert, der bekannte Nürnberger Neonaziaktivist Norman Kempken hat die Anmeldung übernommen. Die Durchführung des „Frankentags“ ist auch eine szeneinterne Provokation radikaler Neonazis gegen den als zu „lasch““ empfundenen bayerischen NPD-Landesvorstand, der am selben Wochenende ein „Bayerntag“ genanntes Konzert im schwäbischen Günzburg veranstaltet.

'Schweigeminute' an den Biertischen beim 'Frankentag' 2008 in Weissenohe.  Foto: Anna Berlin
‚Schweigeminute‘ an den Biertischen beim ‚Frankentag‘ 2008 in Weissenohe. Foto: Anna Berlin
Die Neonazis haben das 1500 Quadratmeter große Gelände an der Rückseite der ehemaligen Klosteranlage für 300 Euro bei der Zirndorfer Immobilienfirma Brentana angemietet. Das Veranstaltungsgelände grenzt direkt an die Häuser von bekannten Aktivist_innen des antifaschistischen „Gräfenberger Bürgerforums“. „Die Neonazis versuchen gezielt, uns und unsere Familien einzuschüchtern“ meint Karin Bernhart vom „Bürgerforum“. Zum Zeitpunkt des „Frankentags“ 2008 haben Neonazis im benachbarten Gräfenberg bereits zwei Dutzend Aufmärsche durchgeführt und sind dabei immer wieder mit kreativen Gegenaktionen des „Bürgerforums“ konfrontiert gewesen.

Programm: Der „1. Nationale Frankentag“ hat den Charakter eines Rechtsrock-Open-Airs mit Auftritten der bekannten neonazistischen Bands „Vinland Warriors“ (Kanada), „Gegenschlag“ (Hessen) und der lokalen Band „White Rebel Boys“ (Oberfranken). Als Redner stehen „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA)- Stadtrat Sebastian Schmaus (Nürnberg), der „Kameradschaftsbund Hochfranken“-Aktivist Tony Gentsch, der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende Jürgen Rieger (Hamburg) und der JN-Landesvorsitzende Matthias Fischer (Fürth) auf der Bühne.

Wenn die Neonazis zur Bühne schauen, werden sie mit einem Großbild an der dahinterliegenden Wand konfrontiert, auf dem über der Parole „Nie wieder!“ abgemagerte Gefangene und Leichenberge in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager abgebildet sind. Matthias Fischer verhöhnt als Moderator des „Frankentags“ die KZ-Häftlinge: „Die Gestalten hinter uns und die Weight-Watchers- Werbung, ihr wisst schon, was ich meine…“ Im Jahr 2009 wird Fischer dafür wegen Volksverhetzung zu einer Haftstrafe verurteilt.

Proteste: Innerhalb einer Woche werden in Weißenohe viele Anwohner_innen, alle Vereine und die Freiwillige Feuerwehr gegen den neonazistischen „Frankentag“ aktiv. Hunderte treffen sich in Bürgerversammlungen und Arbeitsgruppen zur Vorbereitung von Gegenaktionen. Sie bekommen Unterstützung durch die Bürgermeister, den Bamberger Erzbischof Schick und den evangelischen Landesbischof Friedrich. Der CSU-Ortsvereinsvorsitzende, der sich vom „Gräfenberger Bürgerforum“ distanziert und vor „linksextremen Gruppen“ warnt, ist mit seiner Haltung weitgehend – auch in seiner eigenen Partei – isoliert. Die antifaschistischen Initiativen, die er zu diffamieren versucht, werden in Weißenohe mit Applaus empfangen.

Über 500 Menschen protestieren mit einem Fest gemeinsam gegen den neonazistischen „Frankentag“. Arno Hamburger von der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg sagt: „Es ist erschreckend, dass es den Braunen ermöglicht wurde, ihre verbrecherischen Parolen öffentlich zu verkünden.“ Herbert Fuehr von den Nürnberger Nachrichten schreibt:

„Die Polizei guckte auch die T-Shirts von Gegendemonstranten genau an. Einer durfte den engeren ‚Sperrbezirk‘ an der Mühle nur betreten, nachdem er sein ‚Nazis raus‘-T-Shirt ausgezogen hatte. Es könnte ja auf die Rechtsextremisten provozierend wirken, sagte ein Polizist zur Erklärung.“ (www.nn-online.de, 7. Juni 2008).

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen