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Das „Freie Netz Süd“ und seine Rechtsrock-Festivals

Der „Frankentag“ 2009 im oberfränkischen Obertrubach-Geschwand

Für den „2. Nationalen Frankentag“ am 4. Juli 2009 im oberfränkischen Obertrubach-Geschwand (Landkreis Forchheim) ist erneut der neonazistische Verein „Bund Frankenland e. V.“ aus Würzburg verantwortlich. Die Kleinstorganisation bietet jedoch nur den offiziellen juristischen Rahmen. Aktivist_innen aus dem neonazistischen Kameradschaftsdachverband „Freies Netz Süd“ (FNS) bereiten das große Rechtsrockspektakel vor. Es sind weitgehend dieselben Neonazis, die im letzten Jahr (neben dem „Bund Frankenland“) die Veranstaltung noch als bayerischer Landesverband der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) organisiert hatten. Szeneintern gilt der „Frankentag“ als Gegenveranstaltung des Kameradschaftsbundes zum „Bayerntag“ der NPD, der einen Monat zuvor in Straubing stattgefunden hat.

'Frankentag' 2009 in Obertrubach-Geschwand.  Foto: Jan Nowak
‚Frankentag‘ 2009 in Obertrubach-Geschwand. Foto: Jan Nowak
Die Aktivisten des FNS bemühen sich erfolglos, den Veranstaltungsort im Vorhinein geheim zu halten und geben nur einen Schleusungspunkt bei Bärnfels öffentlich bekannt. Tatsächlich findet der „Frankentag“ auf einer Wiese in der Nähe des oberfränkischen Dorfes Geschwand statt.

Bei strahlendem Sonnenschein kommen schließlich 300 Neonazis aus allen Teilen Bayerns sowie aus Hessen und Thüringen zum Sommerfest. Um das Wiesengrundstück von außen schwerer einsehbar zu machen, haben die Neonazis zwei Streifen hohes Gras stehen gelassen. Dazwischen patrouilliert eine Reihe von einheitlich in „Frankentag“-T-Shirts gekleideten Ordnern aus der Nürnberger Kameradschaftsszene.

Programm: Beim „Frankentag“ lockt ein für Neonazis attraktives Angebot. Auf dem Veranstaltungsgelände sind mehrere Zelte und diverse Pavillons aufgebaut, als Bühne dient die Ladefläche eines LKWs. Neben dem „Landser“-Nachfolgeprojekt „Die Lunikoff-Verschwörung“ treten die Rechtsrockbands „Last Pride“ aus dem Erzgebirge, „White Rebel Boys“ aus Hof und „Radikahl“ aus dem thüringischen Wohlsborn auf. Führende Vertreter des deutschen und internationalen Neonazispektrums halten Reden, u. a. Sebastian Schmaus, Stadtrat der rassistischen „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ in Nürnberg, „Freies Netz Süd““- Aktivist Tony Gentsch (Töpen) sowie die Kameradschafts-Aktivisten André Kapke (Jena) und Sven Skoda (Düsseldorf). Mit Roman Graßl aus dem Umfeld des österreichischen „Bund Freier Jugend“ (Traun) und Zsolt „Elek“ Illés, einem führenden Vertreter der ungarischen Sektion des in Deutschland verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerks, sind auch Redner aus dem Ausland eingeladen.

Jenseits der Bühne wird auch an diversen Ständen neonazistische Propaganda geboten. So hat beispielsweise der Internetversand „2yt4u-Records“ aus dem niederbayerischen Wallersdorf einen Verkaufstisch aufgebaut, an dem Neonazis Tonträger und Textilien mit neonazistischen Inhalten erwerben können. Auf dem Gelände werden Gegrilltes und Getränke angeboten, für den Nachwuchs gibt es eine Kinderbetreuung mit Trampolin. Für etwaige Erste-Hilfe-Einsätze sind die nationalen „Ersthelfer“ vor Ort. Entspannte Familienfeststimmung will jedoch nicht so recht aufkommen, denn klassische Neonazi- Skins machen den Großteil des Publikums aus.

Behördliche Verharmlosung und Gegenproteste: Geschwand gehört zur Gemeinde Obertrubach im Landkreis Forchheim. Der „Frankentag“ ist hier offiziell als „Fest“ angemeldet; die Verantwortlichen bei den Behörden informieren die Bevölkerung nicht.

Die Wiese gehört seit einer Versteigerung 2006/2007 der Familie des fränkischen Neonazikaders Lutz P. (Niedermirsberg), sie ist häufig Schauplatz neonazistischer Aktionen: Am 16. August 2008 versammeln sich 60 Neonazis um Jürgen Rieger (Hamburg) zu einem „Gedenken“ an den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß. Eine Woche später führen Neonazis am gleichen Ort ein Camp durch. Am 1. Mai 2009 versammeln sich im Anschluss an den Neonazi-Aufmarsch des „Freien Netz Süd“ in Weiden (Oberpfalz) über 250 Neonazis zu einem Konzert mit den neonazistischen Bands „Kitöres“ (Ungarn) und „White Rebel Boys“ (Hof). Dieses Konzert haben die Neonazis bei den Behörden – unbeanstandet – als „privates Frühlingsfest“ angemeldet. Am 6. Juni 2009 kommen schon wieder 300 Neonazis zu einem konspirativ vorbereiteten Konzert auf die Wiese.

In nur wenigen hundert Metern Entfernung protestieren etwa 100 Nazigegner_innen gegen den „2. Nationalen Frankentag“. Neben dem „Bürgerforum Gräfenberg“ beteiligen sich die Gewerkschaft Ver.di, das „Nürnberger Bündnis Nazistopp“ sowie das „Antifaschistische Aktionsbündnis Nürnberg“ an den Protesten. Die Demonstrant_innen sind mehrheitlich aus der Umgebung sowie aus Nürnberg angereist. Bürger_innen aus Geschwand ignorieren das Nazifest dagegen weitestgehend. Andere Geschwander Bürger_innen hängen gar ausgerechnet am Ort der Gegenkundgebung ein Transparent gegen „Linke und Rechte“ auf und setzen somit Antifaschist_innen mit dem neonazistischen Mob gleich.

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