Extrem rechte „Erlebniswelt“ und konforme Rebellion…
Neben Aufmärschen und politischen Aktionen versuchen Neonazis mit Festen, Konzerten und Sportwettkämpfen ihren Anhänger_innen eine extrem rechte „Erlebniswelt“ zu bieten. Häufig ist Musik mit neonazistischen Texten das verbindende Element bei solchen Veranstaltungen. Schon Joseph Goebbels verstand propagandistische Musik als „Kampfmittel und Waffe im Ringen um die deutsche Seele“.
Bei den „Frankentagen“ des „Freien Netz Süd“ (FNS) stellten Rechtsrockbands die wichtigste Attraktion dar. Neonazistische Festivals („Frankentag“, „Europa erwacht“, „NPD-Bayerntag“, „NPD-Schwabentag“, „Deutsche Stimme Pressefest“, „Rock für Deutschland“ etc.) korrespondieren mit dem gesellschaftlichen Trend zur Eventisierung. Auf ein Konzert zu gehen, entspricht der alltäglichen Freizeitkultur Vieler. Die Neonazis machen Interessierten also ein niedrigschwelliges Angebot.
Insbesondere Jugendlichen und Sympathisant_innen soll die angebotene Musik letztlich den Weg in die Neonaziszene ebnen. Die Events haben, so hofft die rechte Szene, jedoch auch eine Attraktivität für diejenigen Neonazis, die mit der „Bewegung“ älter geworden sind und sich nicht mehr in der Öffentlichkeit, z. B. bei Aufmärschen, zeigen wollen.
Die Neonazis bewegen sich zwischen den Polen einer gewalttätigen Radikalität einerseits und dem Anspruch auf Bürgerlichkeit andererseits. Ihre Veranstaltungen mit Event- Charakter bieten beides: Aggressive Parolen und Musik unterstützen die Selbstinszenierung als „rebellisch“; Bratwurst und Kinderprogramm dienen als Beweis spießiger „Normalität“. Die Open-Airs sollen zudem zeigen, dass die Szene auch etwas auf die Beine stellen kann.
…und die Folgen
Die Anwesenheit von mehreren hunderten Neonazis stellt nach außen eine große Gefahr dar, z. B. für alternative Jugendliche und Migrant_innen in der Region. Nach innen soll ein Gemeinschaftserlebnis, die Möglichkeit, andere Neonazis zu treffen oder Szeneklamotten zu kaufen, das vielbeschworene Wir-Gefühl der „Volksgemeinschaft“ hervorrufen. Die „Frankentage“ und ähnliche Feste folgen damit der von FNS-Kader Matthias Fischer vertretenen Strategie, sogenannte „nationalbefreite Zonen“ zu schaffen, wenn auch nur für kurze Zeit.