Das Verwaltungsgericht Gera hat am heutigen Dienstagnachmittag den vom NPD-Landesverband angemeldeten Aufmarsch unter dem Motto "Meinungsfreiheit – Entweder ganz oder gar nicht" am Samstag, den 19.08.2006, zugelassen. Das Gericht widersprach damit dem Verbot der Stadt Jena, das den Aufmarsch als Ausweichveranstaltung für den Rudolf-Heß-Marsch im bayerischen Wunsiedel wertete.
Kategorie: Gegen das Rudolf-Heß-Gedenken
Aktuelle Meldungen rund um das alljährliche Rudolf-Heß-Gedenken der Neonazis – in Wunsiedel und anderswo.
Auch Berliner Neonazis mobilisieren für kommenden Samstag, den 19. August 2006, zu einem Aufmarsch. AntifaschistInnen aus Berlin erwarten nach den Erfahrungen der letzten Jahre, dass dieser Marsch mit dem Motto "Meinungsfreiheit für alle – Gesinnungsjustiz stoppen" nicht verboten wird, obwohl er durchaus als "Ersatzveranstaltung" für den Rudolf-Heß-Gedenkmarsch in Wunsiedel angesehen werden kann.
Für den 19. August 2006 hat der NPD-Landesverband Thüringen einen Aufmarsch in Jena unter dem Motto "Für Meinungsfreiheit – Entweder ganz oder gar nicht" angemeldet. Das Motto bezieht sich eindeutig auf § 130 Abs. 4 Strafgesetzbuch (Volksverhetzung) und damit auf das verbotene Heß-Gedenken. Auch die Stadt Jena wertete die geplante Neonazi-Kundgebung als Ersatzveranstaltung und erließ ein Verbot. Gegen dieses hat der Anmelder und einschlägig vorbestrafte Neonazi Patrick Wieschke Widerspruch beim Verwaltungsgericht Gera eingelegt. Eine Entscheidung des Gerichtes wird für die Mitte der Woche erwartet.
Pressemitteilung des A.I.D.A.-Archivs vom 14.8.2006:
Wunsiedel, Dresden, Fulda, Jena – diese Städte haben eines gemeinsam: in keiner von ihnen können nach derzeitigem Stand der juristischen Auseinandersetzungen Neonazis zu Gedenk-Veranstaltungen für den Kriegsverbrecher Rudolf Heß antreten. Der offizielle Rudolf-Heß-Gedenkmarsch in Wunsiedel bleibt mit der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in diesem Jahr letztinstanzlich verboten.
Ausgerechnet in der ehemaligen nationalsozialistischen "Hauptstadt der Bewegung", in der bayerischen Landeshauptstadt München, ist dies anders. Hier haben die Ordnungsbehörden nicht einmal versucht, eine von Neonazis angemeldete Gedenk-Kundgebung zum Todestag von Rudolf Heß zu verbieten.
Das Bundesverfassungsgericht hat soeben in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass der von Jürgen Rieger für den 19. August 2006 in Wunsiedel angemeldete Rudolf-Heß-Gedenkmarsch auch in diesem Jahr verboten bleibt. Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts lehnte Riegers Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz ab.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat in einem Beschluss von heute in einem Eilverfahren die Beschwerde von Jürgen Rieger gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth zurückgewiesen und damit das vom Landratsamt Wunsiedel ausgesprochene Verbot des Heß-Gedenkmarsches in Wunsiedel bestätigt.
Trotz des derzeitigen Verbots des „Heß-Gedenkmarsches“ mobilisiert die linke Kampagne „NS-Verherrlichung stoppen“ weiter für den 19. August 2006 nach Wunsiedel. Kampagnensprecher Peter Brock verwies auf die Unklarheit darüber, ob der Aufmarsch und eventuelle Ersatzveranstaltungen untersagt bleiben. „Wir wollen vorbereitet sein, falls die Neonazi-Demonstration kurz vorher genehmigt wird ob in Wunsiedel oder Fulda oder sonstwo.“
Laut Fuldaer Zeitung hat die Stadt Fulda den für den 19. August 2006 angemeldeten Neonazi-Aufmarsch in der Fuldaer Innenstadt verboten. Die Verfügung wurde dem Antragsteller, dem NPD-Chef von Butzbach im Wetteraukreis, zugestellt. Die Neonazis hatten eine Demonstration als Protest gegen den Paragraph 130 des Strafgesetzbuches angemeldet, in dem es um Volksverhetzung geht. Der Aufmarsch war als möglicher Ersatz für den bislang verbotenen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch in Wunsiedel gehandelt worden.
Das Wunsiedler Bündnis gegen Rechtsextremismus hat gestern eine Podiumsdiskussion zum Thema "Schulen im Fokus der Rechten" veranstaltet, in der Schüler berichteten, welche Erfahrungen sie mit Rechten gemacht haben. Der Einladung folgten sämtliche Wunsiedler Schulen, nur das Luisenburg Gymnasium nicht.
Die Wunsiedler Bürgerinitiative "Wunsiedel ist bunt!" veranstaltet auch in diesem Jahr einen "Tag der Demokratie", um gegen den geplanten Neonazis-Aufmarsch am 19. August 2006 zu protestieren. Das Programm reicht von einem ökumenischen Gottesdienst über eine Friedensdemo bis hin zu einem Konzert unter dem Motto "Aufstehen gegen Nazis".
Auch in diesem Jahr beteiligt sich der Motorradclub Kuhle Wampe Nürnberg an den Protestaktionen gegen den sogenannten "Rudolf-Hess-Marsch" in Wunsiedel. Geplant sind ein Motorradcorso, ein Zeltlager und eine Veranstaltung zu den sozialpsychologischen Hintergründen des Faschismus.