Das Anschreiben Karl Richters an die SchülerInnen
Die Briefe Karl Richters waren in nicht als politische Propaganda erkennbare, neutrale Umschläge eingetütet. Gerichtet waren die Postsendungen an verschiedene Schülermitverwaltungen an Münchner Realschulen und Gymnasien, z.B an die SMV des Willi-Graf-Gymnasiums. Als die dortigen SchülervertreterInnen erkannten, was ihnen da zugeschickt worden war, informierten sie Schulleitungen und Behörden.
Sein an die Schülervertretungen gerichtetes Anschreiben übertitelte Karl Richter mit der Parole „Bildungsauftrag erfüllen – alternative Geschichtsforschung zulassen!“ Er behauptete dann anlässlich des 70. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs, „neuere Forschungsergebnisse (…) wie etwa des russischen Publizisten und Historikers Viktor Suworow, eröffnen eine vollkommen andere Sicht auf bisher angenommene Geschichtsthesen“ .
Dem Brief hat BIA-Stadtrat Karl Richter die Im Herbst 2009 erschienene „Sondernummer Kriegsschuldfrage“ des baden-württembergischen Neonazi-Magazins „Volk in Bewegung & Der Reichsbote“ beigelegt. Das braune Blatt zum Thema „Wer war schuld am II. Weltkrieg?“ bezeichnet Richter als „Ergänzung zum vorhandenen Unterrichtsmaterial“. Zugleich meint er die SchülerInnen „warnen“ zu müssen: „Aber Vorsicht: Lassen Sie sich das Heft nicht von übereifrigen Meinungszensoren abnehmen :-)“.
Damit suggeriert Richter auf der einen Seite, es gebe eine bewusst einseitige Quellenauswahl für den Geschichtsunterricht an Schulen – und nur die „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ würde hier mit „wissenschaftlichen Erkenntnissen“ dagegenhalten. Auf der anderen Seite wiederholt Richter mit der Hetze über „übereifrige Meinungszensoren“ die ständige Selbststilisierung der deutschen Neonazis als angebliche Opfer „fehlender Meinungsfreiheit“. Alle diejenigen, die sich gegen Faschismus und Diskriminierung engagieren, werden dabei von Richter & Co. als „Meinungszensoren“ diffamiert. Das ist eine üble Verdrehung der tatsächlichen Situation: Niemand versucht Meinungsfreiheit, Pluralismus und politische Partizipation in einem derartigen Ausmaß zu unterdrücken, wie die deutsche Neonaziszene. Auch ein Blick auf den Nationalsozialismus dürfte ausreichen, das Verständnis der deutschen Nazis von „Meinungsfreiheit“ zu erfassen.