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Die „Burschenschaftliche Gemeinschaft“ und ihre Positionen

Norbert Weidner: Von der FAP in die Schriftleitung

In der Gesamtzahl der Burschenschaften kann die BG innerhalb der des Dachverbands aktuell aber keine Mehrheit erzielen. Das wurde am Burschentag 2010 deutlich, als es den Raczeks zu Bonn nicht gelang sich in einer Kampfkandidatur gegen die Arminia-Rhenania München durchzusetzen. Dennoch kann sie sensible Stellen im Verband besetzen; insbesondere dort, wo es um die verbandliche Meinungsbildung geht. Das oben zitierte Handbuch der Deutschen Burschenschaft beispielsweise scheint in zahlreichen Passagen sehr auf den Geschmack der BG zugeschnitten. Und es hat eine wichtige Bedeutung im Verband, denn es dient „nicht nur [der] Darlegung der Grundlagen verbunden mit dem Wollen und Streben der Deutschen Burschenschaft. Es dient auch als Geschichtsbuch und als Lehrmittel für unsere jungen Mitglieder.“(25)

Auch auf die regelmäßigen Publikationen hat die BG hohen Einfluss. Seit 2008 ist Norbert Weidner (Raczeks zu Bonn) Schriftleiter der Burschenschaftlichen Blätter, was das Online-Portal „NRW rechtsaußen“ folgendermaßen kommentiert:

„Weidner, einst NRW-Landesgeschäftsführer der 1995 verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP), wurde nach seinem angeblichen Rückzug aus der rechten Szene bei der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn aktiv. Unter seiner Leitung zeichnet sich in den „Burschenschaftlichen Blättern“ ein Rechtskurs ab, dessen Ziel gegenwärtig noch nicht absehbar ist. […]
In der jüngsten Ausgabe der „Burschenschaftlichen Blätter“ (Nummer 3/2010) platziert Weidner nun unter anderem eine Rezension einer Doppel-CD mit dem Titel „Opposition in der NSDAP“. Darin heißt es, eine Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Nazis gelte heute als „durchaus gewagt“. „Aber warum nicht?“, heißt es weiter: „Auch zahlreiche Burschenschafter schlossen sich der NS-Bewegung an, ohne daß sie von Verbrechen und totalitären Vorgängen etwas gewußt hätten.“ Das rezensierte Werk lasse klar erkennen, „daß es bei der Bewertung historischer Zusammenhänge zu einfach wäre, einseitige Schuldzuweisungen“ vorzunehmen. Otto Abetz etwa, Botschafter des NS-Reiches im besetzten Frankreich, habe „innerhalb der NSDAP gegen die menschenverachtende Seite des NS opponiert“. Für seine angebliche Opposition zum Nationalsozialismus – er hatte unter anderem an der Deportation der französischen Juden in die deutschen Vernichtungslager mitgewirkt – wurde Abetz nach dem Krieg zu 20 Jahren Haft verurteilt. Weidners „Burschenschaftliche Blätter“ nennen ihn eine „interessante Persönlichkeit“.
In derselben Ausgabe empfiehlt außerdem ein gewisser Michael Vogt (Burschenschaft Danubia München, Burschenschaft Germania Köln), „alternative Medien“ im Internet ausführlich zu rezipieren. Ausdrücklich empfohlen werden diverse rechte Sites, etwa kopp-online.com oder infokrieg.tv, sowie Verschwörungsportale wie reopen911.org oder 911review.org.“
(26)

Michael Vogt war Honorarprofessor an der Universität Leipzig und verlor die Lehrtätigkeit 2007 auf Grund seiner rechten Aktivitäten. Ausschlaggebend war vor allem sein Film „Geheimakte Heß“(27). Bei der „Deutschen Burschenschaft“ steht Weidner ein weiterer Danube, Maximilian Reingruber, als Verbandsobmann für Schulungs-, Publikations- und Netzarbeit zur Seite.

Der Danube Sascha Jung

Der gesellschaftliche Einfluss der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ ist, bezogen auf die Bundesrepublik Deutschland, überschaubar. Im Januar 2001 konnte ein Nazischläger nach einem brutalen Angriff auf einen griechischen Passanten zunächst im Keller des Danubenhauses Unterschlupf finden und sich von dort aus ins Ausland absetzen. Spätestens seit diesem Zeitpunkt dürfte es nicht mehr gerade karrierefördernd sein, Mitglied einer BG-Burschenschaft zu sein. Selbst der unionsnahe „Ring Christlich-Demokratischer Studenten“ (RCDS) nahm in Bonn eine klare Abgrenzung von der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks“ vor und schloss im Jahr 2008 den Burschenschafter Thore Stein aus.

Die SPD hat sich noch deutlicher positioniert: Sie erklärte die Mitgliedschaft in ihren Reihen mit der Mitgliedschaft in einer BG-Burschenschaft generell für unvereinbar. Bewogen zu dieser grundsätzlichen, kritischen Auseinanderzusetzung mit dem Korporationswesen hatte die Sozialdemokrat_innen der „Fall“ Sascha Jung (Danubia München). Juso-Mitglied Jung hatte plakativ versucht, in Anlehnung an den Nationalrevolutionär Ernst Niekisch einen rechten „Hofgeismarer Kreis“ in der SPD zu etablieren.

Während Jungs Aktivenzeit bei der Burschenschaft Danubia hatte das Bayerische Innenministerium die Aktivitas in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen. Jung wurde die Anstellung als Jurist im Staatsdienst deswegen verweigert. Als Reaktion riefen der Danubia nahestehende Burschenschafter die „Initiative Akademische Freiheit“ aus, die die Rehabilitierung Jungs und seiner Korporation forderte. Publizistisch wurde das Anliegen der Initative vor allem über die rechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“ verbreitet. Die Kampagne konnte weit über tausend Unterzeichner_innen für sich reklamieren. Von einer gesellschaftlichen Breitenwirkung kann aber nicht die Rede sein, eher von einer Konsolidierung und Mobilisierung des rechten Spektrums, darunter auch Parteiangehörige von CDU/CSU und FDP(28). Vielleicht ist es ein Erfolg dieser Initiative, dass die Danubia seit der Amtsübernahme durch den ebenfalls korporierten Innenminister Joachim Hermann(29) nicht mehr schriftlich im bayerischen Verfassungsschutzbericht Erwähnung findet.

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