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„Bombenholocaust“: Relativierung der Shoah auf dem Marienplatz

„Bombenholocaust“

Seit der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel die Bombardierung Dresdens als „Bombenholocaust“ bezeichnete, nutzen Neonazis diesen Begriff auch, um eine – offensichtlich straffreie – Leugnung bzw. Relativierung der Shoah, der industriellen Vernichtung der europäischen JüdInnen, vornehmen zu können. Roland Wuttke begrüßte die „KameradInnen“ auf dem Marienplatz schon zu Beginn „zur Veranstaltung zur Erinnerung an den Bombenholocaust von Dresden“. Es sollte nicht die letzte Verwendung des Kampfbegriffs vom „Bombenholocaust“ an diesem Abend sein.

Opferlüge, erste Version: „Hunderttausende“

Zuerst wurde Musik aus der 9. Symphonie von Beethoven über die blechernen Hornlautsprecher abgespielt, und dabei, so ermahnte Wuttke, sollte „man sich vorstellen, was die „hunderttausenden Bombenopfer erleiden mussten“. Da war sie, die erste Lüge mit völlig übertriebenen Opferzahlen. Die überwiegend jungen Neonazis holten schwarze und schwarz-weiß-rote Fahnen und etwa zehn Fackeln heraus und hielten den mittlerweile über hundert Protestierenden am Gitter  auch eine „Good Night Left Side“-Fahne entgegen. Diese konterten recht lautstark mit Parolen wie „Stalingrad“,  “Folgt Eurem Führer, bringt Euch um!“ sowie „Schon wieder keine Stimmung – NPD!“

Bei der nun folgenden Rede von Manuel Heine (Freie Nationalisten München) konnte man daher auf dem Marienplatz so gut wie kein Wort mehr verstehen. Das war besser so, verpasste mensch doch nur geschichtsrevisionistisch-antikommunistische Hetze über „Bestien der bolschewistischen Horden“ und die  „Schlächter der roten Armee“, die mit „unersättlicher Mordlust“ eine „Blutspur durch die deutschen Gaue im Osten gezogen“ hätten. Den angeblichen Verantwortlichen an „Bombenholocaust“ und an einer  „Vernichtung des deutschen Volkes“ drohte Heine: „Eines Tages werden auch diese Personen ihr Nürnberger Verfahren bekommen“.

Dann verhedderte sich Manuel Heine in seinen antisemitischen Wahn, brüllte vom „zionistischen Gebilde Israel“ und „dem bewaffneten Arm des Zionismus, den Vereinigten Staaten von Amerika“ und „entlarvte“ schließlich den Münchner Oberstaatsanwalt August Stern als „Jude“: Originalzitat Heine: „Der in München agierende Oberstaatsanwalt Stern, übrigens ein Mann, der in seinem Glauben sonst stets eine Kopfbedeckung trägt“. Seit Polizeibeamte vor Jahren an gleicher Stelle AntifaschistInnen wegen der Parole „Bomber Harris, do it again“ verhaftet hatten, August Stern diese Äußerung danach aber für nicht strafbar erklärt hatte, ist er mehrfach Ziel des neonazistischen Hasses geworden. Am Freitag Abend legte Manuel Heine noch nach: „Man stelle sich vor, jemand würde eine erneute Wannsee-Konferenz unter dem Motto ‚Eichmann, mach es nocheinmal‘ einfordern“. Heine griff noch zu weiteren Stereotypen des primären und sekundären Antisemitismus: „So kann man jährlich Ende Januar (…) bundesweit Gedenkveranstaltungen besuchen, wenn man dies überhaupt will, bei denen das Mahnen der Erinnerung an den Holocaust in nahezu religiöser Manier in die Köpfe der Bundesbürger – darunter sind immerhin noch einige Deutsche – gehämmert wird(…)In den bundesdeutschen Parlamenten werden Schweige- und Gedenkminuten abgehalten und ein gewisser Zentralrat zeigt stets den mahnenden Finger der Geschichte, während die andere Hand die Gelder der sogenannten Wiedergutmachung greift.“

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