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Die Geschichte von Rudolf Heß

 

 

Der Stellvertreter

Ab 1933 wird aus Hitler immer mehr der “Führer” der Deutschen, engagiert vor allem in der Außenpolitik. Die NSDAP interessiert den “Staatsmann” nur noch bedingt. Es gibt in der Frühphase des Regimes eine zunehmende Spannung zwischen Partei und dem Staats- und Beamtenapparat einerseits und – noch stärker – der Partei und der SA. Die Veränderungen oder aber auch nur die Karrieremöglichkeiten durch die Machtergreifung sind vielen nicht weit genug gegangen. Die Nazi-Regierung braucht also einen Apparat, der die Partei kontrollieren kann. An die Spitze dieses Apparats wird Rudolf Heß gesetzt, der so zum Stellvertreter des Führers in der NSDAP und zum Reichsminister wird – allerdings ähnlich wie Röhm ohne klassisches Ressort. Übrigens wird Martin Bormann sein engster Mitarbeiter. Dieser wird ihn 1941 in seinen Ämtern beerben. Heß wird formal der dritte Mann im Staat, nach Hitler und Göring. Er wirkt oft unauffällig, ist aber keineswegs unbedeutend. In der kritischsten Phase des frühen Naziregimes ist er kurz vor dem so genannten Röhmputsch einer der entscheidenden Männer. Er hält am 25. Juni 1934 eine programmatische Rundfunkrede, die das kommende Massaker bereits andeutet: “Wehe dem, der die Treue bricht im Glauben, durch eine Revolte der Revolution dienen zu können.” Und weiter: “Armselig, die da glauben auserwählt zu sein, durch agitatorisches Handeln von unten dem Führer revolutionär helfen zu müssen.” Dieser Führer der Deutschen braucht keinerlei Anregungen, denn: “Einer bleibt von aller Kritik stets ausgeschlossen – das ist der Führer. Das kommt daher, dass jeder fühlt und weiß: Er hatte immer recht, und er wird immer recht haben.” Rechte Kreise mögen wegen solchem Gerede Rudolf Heß’ Treue rühmen, aber diese und viele ähnliche Zitate verraten seine intellektuelle Begrenztheit. Solche Passagen zeigen, dass Heß ganz gewiss kein harmloser Mann im Hintergrund ist, sondern ein Funktionär, der seinem “Führer” bedenkenlos den Rücken frei hält. Heß gilt als anständiger und bescheidener Parteigenosse. Er ist dies aber in Wahrheit nur im Vergleich zu Akteuren wie Goebbels und Göring und vielen korrupten Parteibonzen, die schnell im Volksmund “Goldfasane” genannt werden. Seinen “Führer” verehrt Heß in geradezu religiöser Verzückung. Von sich sagt er, er “liebt diesen Mann”. Umso weniger liebt er hingegen beispielsweise jüdische Menschen, seine Reden sind voller Antisemitismus und Volksverhetzung.

Noch vor Entfesselung des Weltkrieges ist Heß führend in der Förderung von NS-Organisationen im Ausland, zum Beispiel im Sudetenland. Am 25. August 1939 hält er eine Rede, in der er ausführt, dass die Geduld mit Polen bald vorbei sei. Am 30. August 1939 wird ein neues Gremium gegründet, dessen Aufgabenfeld die nicht-militärischen Regierungsgeschäfte sind. Heß wird Mitglied in diesem “Ministerrat für die Reichsverteidigung”, der dem “Feldherrn” Hitler zu Hause den Rücken frei halten soll.

Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges erfährt Heß’ verbrecherisches Handeln eine neue Dimension, als er zum Beispiel zu den vehementesten Gegnern eines Gesetzentwurfs aus dem Justizministerium zur rechtlichen Stellung der Polen wird. Der Entwurf beinhaltet wenigstens einen minimalsten Schutz des Lebens der unter deutscher Okkupation lebender Polen. Heß gehört führend zu denjenigen, die dafür sorgen, dass das Leben der Menschen im besetzen Polen vollkommen rechtlos und der Besatzerwillkür schutzlos ausgesetzt bleibt.
Dies sind nur einige Beispiele aus Heß politischer Karriere. Nichts deutet im Frühjahr 1940 darauf hin, dass an ihm irgendetwas anders ist als an anderen hohen Naziführern. Dies ändert sich 1941.

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