Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat einen Eilantrag der NPD genehmigt, am Sonntag, 4. September, nun doch einen Aufmarsch in der bayerischen Kleinstadt Wunsiedel durchzuführen. Ursprünglich war nur eine Kundgebung genehmigt worden.
Autor: Nora Wolf
Die Wahlkampfveranstaltung der NPD in Wunsiedel am 4. September darf nur als Kundgebung stattfinden, eine Demonstration wurde nicht genehmigt. Auch auf den ursprünglich angemeldeten Ort muss die NPD verzichten: Da zeitgleich auf dem Wunsiedler Marktplatz ein ökumenischer Gottesdienst zum Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkriegs stattfindet, muss NPD-Landesvorsitzender Ralf Ollert mit seiner Kundgebung ausweichen.
Die Bürgerinitiative "Wunsiedel ist bunt, nicht braun!" mobilisiert für Sonntag, 12 Uhr, zum Widerstand gegen den geplanten NPD-Aufmarsch in Wunsiedel am 4. September 2005. Zwar ist die NPD-Demo offiziell als Wahlkampf-Veranstaltung angekündigt, doch einiges deutet darauf hin, daß es sich um eine Ersatzveranstaltung für den verbotenen Rudolf-Heß-Marsch am 20.8. handelt:
Nachdem die Neonazis es nicht geschafft haben, am 20. August 2005 in Wunsiedel einen zentralen Rudolf-Heß-Marsch durchzuführen, versucht nun die NPD unter dem Vorwand einer Wahlkampf-Veranstaltung am 4. September eine Demo in der bayerischen Kleinstadt durchzusetzen. Offizielles Thema der Veranstaltung ist nicht das Gedenken an Rudolf Heß sondern "Politik für Deutschland – keine Stimme den Parteien, die Deutschland in Kriege verwickeln, Sozialabbau betreiben, Asylmissbrauch begünstigen, Milliarden ins Ausland verschenken, Arbeitslosigkeit nicht bekämpfen und Grundrechte einschränken.“
Das Verbot des von Neonazis für den 20. August 2005 angekündigten Rudolf-Heß-Gedenkmarsches in Wunsiedel bleibt endgültig bestehen. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Eilantrag des Hamburger Neonazi-Anwalts Jürgen Rieger nicht stattgegeben und damit das vom Landratsamt Wunsiedel ausgesprochene Verbot letztinstanzlich bestätigt.
In München konnten dagegen am Mittwoch rund 50 Neonazis dem Nationalsozialisten Rudolf Heß ungehindert gedenken. Trotz der günstigen Rechtslage hatte die Stadt München offenbar keinen Grund für ein Verbot gesehen.
Während der für den 20. August 2005 in Wunsiedel geplante Aufmarsch mehrerer tausend Neonazis aus ganz Europa derzeit verboten ist, scheint eine von Münchner Neonazis angemeldete Heß-Gedenkmahnwache für den kommenden Mittwoch, 17. August 2005 von 19 bis 22 Uhr auf dem Münchner Marienplatz bislang erlaubt zu sein.
In erster Instanz hat das Verwaltungsgericht Bayreuth am 27. Juli das vom Landratsamt Wunsiedel erlassene Verbot des für den 20. August 2005 geplanten Heß-Gedenkmarsches bestätigt. Unabhängig von dieser juristischen Auseinandersetzung, die sich noch über weitere Instanzen erstrecken wird, geht die Mobilisierung zu den antifaschistischen Gegenaktivitäten in Wunsiedel unvermindert weiter.
Die Broschüre "Der Mythos stirbt zuletzt. Neonazistisches Gedenken, der Kriegsverbrecher Rudolf Heß und antifaschistische Diskussion" ist im Jahr 2002 in der reihe antifaschistischer texte (rat) erschienen.
Die Kampagne "NS-Verherrlichung stoppen!" mobilisiert unvermindert gegen den Rudolf-Heß-Gedenkmarsch am 20. August 2005 in Wunsiedel. Die Sprecherin der Kampagne „NS-Verherrlichung stoppen!“, Korinna Pflug, erklärte dazu: „Ein mögliches Verbot entbindet den Widerstand gegen den ‚Hess-Marsch’ und alle anderen Menschen nicht von der Verantwortung, gegen die Verherrlichung des Nationalsozialismus vorzugehen“.
Am Mittwoch, 20. Juli 2005, findet im Kafe Marat in der Thalkirchner Straße 102 eine Info- und Mobilisierungsveranstaltung zu den antifaschistischen Aktionen gegen den Rudolf-Heß-Marsch in Wunsiedel mit Hintergründen, Informationen zur Anreise, Video und Essen & Getränken statt.
Die VVN/BdA München veranstaltet am Do. 21.7.2005 19.30 Uhr in der Seidlvilla, (Nikolaiplatz 1b, UBahn U3/U6 Giselastr.) einen Vortrag mit Filmbeispielen von Tobias Ebbrecht (Filmwissenschaftler von der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf"/Potsdam) zum Thema "Befreites Erzählen — Der 60. Jahrestag des Kriegendes im deutschen Fernsehen".
Das Landratsamt Wunsiedel hat den von Neonazis für den 20. August 2005 geplanten Heß-Gedenkmarsch verboten. Die Veranstaltung diene eindeutig zur Verherrlichung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft und verletze damit die Würde der Opfer des NS-Regimes und störe den öffentlichen Frieden.