Die Stiftung Auschwitz-Komitee ehrt in diesem Jahr drei Initiativen mit dem Hans-Frankenthal-Preis: die slowenische „Vereinigung der Okkupationsopfer 1941-45“ (ZŽO), die „infogruppe rosenheim“ gemeinsam mit „rabatz – autonome vernetzung Oberbayern/Salzburg/Tirol“ sowie die Initiative „NSU-Watch“.
Die ausgezeichneten Gruppen leisteten alle „in hervorragender Weise Aufklärungs- und Bildungsarbeit gegen das Vergessen und gegen nationalsozialistische und neofaschistische Bestrebungen“, so die Stiftung Ausschwitz-Komitee. Die Preisverleihung findet am 16. Oktober im Lichthof der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg statt.
Mit der „Vereinigung der Okkupationsopfer“ („ZDRUŽENJE ŽRTEV OKUPATORJEV 1941-1945“, ZŽO) aus Kranj in Slowenien (www.zdruzenje-zrtev.si, Infos auf Slowenisch und Deutsch) wird, so die Stiftung Auschwitz-Komitee, eine Gruppe von überlebenden NS-Verfolgten gewürdigt, „deren überfällige Anerkennung als entschädigungsberechtigte Opfer des Besatzungsregimes während des Zweiten Weltkriegs durch die Bundesrepublik Deutschland noch immer aussteht“.
Die „infogruppe rosenheim“ und das Bündnis „rabatz – autonome vernetzung Oberbayern/Salzburg/Tirol“ werden für ihr kontinuierliches Engagement gegen geschichtsrevisionistisches Kriegsgedenken im Raum Oberbayern ausgezeichnet, z. B. mit der antimilitaristischen Kampagne in Bad Reichenhall (www.badreichenhall.tk). Diese richtet sich unter anderem gegen die Traditionspflege der Bundeswehr-Gebirgsjäger in Bad Reichenhall, „bei der die toten Wehrmachts-‚Kameraden‘ geehrt, der verbrecherische Charakter des Zweiten Weltkrieges und die Verbrechen der Wehrmacht jedoch beschwiegen werden“ (Zitat Stiftung Auschwitz-Komitee). Die Ehrung der Antifaschist_innen ist eine Ohrfeige für das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz. Der Inlandsgeheimdienst führt die „infogruppe rosenheim“ und das autonome rabatz-Bündnis auf seiner Website „Bayern gegen Linksextremismus“ auf und versucht damit, deren (nun preisgekrönte) antifaschistische Arbeit zu diskreditieren.
NSU-Watch, (www.nsu-watch.info), der bundesweite Zusammenschluss von Recherchegruppen (u. a. dem a.i.d.a.-Archiv aus München) und antifaschistischen Initiativen, dokumentiert „detailliert (auf Deutsch und Türkisch) den Münchner Prozess zu den rassistischen Morden des NSU, recherchiert über deren Hintergründe und stellt zahlreiche Informationen über Aspekte zur Verfügung, die in den ‚großen‘ Medien kaum oder gar nicht vorkommen“, schreibt die Stiftung Auschwitz-Komitee.
Hans Frankenthal, geboren 1926 in Schmallenberg Sauerland, wurde zusammen mit seiner Familie 1943 nach Auschwitz deportiert. Seine Eltern wurden ermordet. Hans und sein Bruder Ernst überlebten die Zwangsarbeit im Lager Monowitz und das Konzentrationslager Mittelbau-Dora und wurden schließlich 1945 in Theresienstadt befreit. Nach ihrer Rückkehr nach Schmallenberg betrieb der Autor eine Metzgerei und arbeitete als Viehhändler. Er war im Landesverband der Jüdischen Gemeinden Westfalen-Lippe, als Mitglied des Zentralrates der Juden in Deutschland und als stellvertretender Vorsitzender des Auschwitz-Komitees in der Bundesrepublik tätig. Hans Frankenthal starb am 22. Dezember 1999 in Dortmund. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof in Hagen-Eilpe begraben.
Die Stiftung Auschwitz-Komitee hat sich die Aufgabe gestellt, die Stimme derjenigen, welche die nationalsozialistischen Verbrechen noch selbst erlebt und überlebt haben, ihre Mahnung und ihr Vermächtnis, auch für die nachfolgenden Generationen weiterhin hörbar und sichtbar zu machen. In Erinnerung an Hans Frankenthal verleiht die Stiftung Auschwitz-Komitee seit 2010 einmal jährlich den Hans-Frankenthal-Preis. Im 25-köpfigen Stiftungsrat entscheiden NS-Verfolgte zusammen mit Autorinnen, Musiker_innen, Juristen, Historikern und weiteren Persönlichkeiten über die Preisvergabe.