230 Neonazis folgten am Samstag, 17. November 2012, einem Aufruf des Kameradschaftsdachverbands „Freies Netz Süd“ (FNS) zu einer angeblichen „Demonstration zum Volkstrauertag“ im oberfränkischen Wunsiedel. Auch in diesem Jahr setzte das FNS damit die Reihe der früheren Wunsiedler „Rudolf Heß-Gedenkmärsche“ bzw. der „Jürgen Rieger Gedächtnismärsche“ fort.
Streit um das „Heldengedenken“
Unter dem im Nationalsozialismus gebräuchlichen Begriff „Heldengedenken“ hatte der bayerische Kameradschaftsdachverband „Freies Netz Süd“ (FNS) ursprünglich nach Wunsiedel mobilisiert. Auf dem von Norman Kempken (Nürnberg) verantworteteten Flyer des FNS war ein Gedicht Heinrich Lerschs („Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen!“) abgedruckt, desjenigen Dichters, der 1933 schon unter dem Treuegelöbnis „88 deutsche Schriftsteller“ für Adolf Hitler stand.
Mit Beschluß vom 7. November 2012 erachtete das Verwaltungsgericht Bayreuth (AZ B 1 S 12.882) das Versammlungsverbot für rechtswidrig. Das Landratsamt habe dem Gerichtsbeschluß zufolge in der Auseinandersetzung vorgebracht, dass „in der Vergangenheit entsprechende Auflagen unterlaufen worden seien, wobei formal das Versammlungsthema beachtet, jedoch durch bewusste Wahl von Formulierungen ein auch für Außenstehende erkennbarer Bezug zu Rudolf Heß hergestellt worden sei. Aufgrund des daher drohenden „Charakters als Heß-Gedenkkundgebung“ bestehe „die unmittelbare Gefahr einer Beeinträchtigung der Würde der Opfer der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft“.
Dies trifft aber letztlich auf jede rechtsextremistische Versammlung zu und würde man dies als ausreichend für ein Verbot ansehen, könnte jede Versammlung von Rechtsextremisten in Wunsiedel, auch z.B. der nicht verbotenen Partei NPD, verboten werden, was eine verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Aushöhlung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit bedeuten würde.“