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Geschichtsfälscher aufgeflogen

Nun hatte Allen noch einen weiteren zeitgeschichtlichen Knüller zu bieten. Bislang galt als Tatsache, dass sich der SS-Reichsführer Heinrich Himmler am 23. Mai 1945 mit einer Giftkapsel selbst umgebracht hatte, nachdem er von britischen Truppen gefangen genommen worden war. Die Story laut Allen: Der SS-Reichsführer Heinrich Himmler habe ab 1943 in heimlichem Kontakt mit den Briten gestanden, die ihn gegen Hitler in Stellung bringen wollten. Nach Kriegsende hätten die Briten gefürchtet, dass Himmler die Kontakte ausplaudern würde, wenn er im Kriegsverbrecherprozess vor Gericht stünde – und so hätten sie den lästigen Zeugen ihrer eigenen verruchten Manipulationen kurzerhand umgebracht.

Für diese beeindruckende Kriminalgeschichte in Buchform ("Das Himmler-Komplott 1943-45", Originaltitel: "Himmler's Secret War") hatte Allen einige Nachweise aufzubieten, die bisher keine Menschenseele interessiert hätten – so die Sensations-Mitteilung des Autors. Dem englischen Journalisten Ben Fenton, damals beim Daily Telegraph beschäftigt, kamen allerdings massive Zweifel, wie er gestern in der Financial Times schilderte. Nachdem er sich die angeblich beweiskräftigen Dokumente im Nationalarchiv angesehen hatte, initiierte er eine genaue Untersuchung der Archiv-Dokumente. Die Laboruntersuchung stellte zweifelsfrei fest, dass die Papiere nachträglich in die Archiv-Akten eingeschmuggelt worden waren. Teilweise waren Briefköpfe, die angeblich aus dem Jahr 1945 stammten, mit einem Laserdrucker erzeugt worden – der erste derartige experimentelle Drucker war aber erst 1969 gebaut worden.

Vom Journalisten nach den Fälschungen befragt, zeigte sich Allen erstaunt und "absolut niedergeschmettert". Am nächsten Tag, einem Samstag, brachte der Daily Telegraph die Geschichte der Himmler-Fälschungen, die das Allen-Buch zur Makulatur machten. Zu spät war diese Veröffentlichung am Wochenende offenbar für den Hamburger Spiegel, der am Montag darauf noch über die Allen-Schwarte raunte, die Echtheit der Dokumente sei zwar nicht klar, aber möglicherweise wäre eben "Himmler vom britischen Geheimdienst liquidiert" worden.

Schon früher, im Oktober 2004, waren dem Berliner Historiker Ernst Haiger Merkwürdigkeiten bei den angeblichen Dokumenten aufgefallen, auf denen das zweite Buch von Martin Allen beruhte. Auf seine Bitte hin hatte das Nationalarchiv die fraglichen Dokumente überprüft, doch zunächst nichts Auffälliges gefunden. Nun wurden auch die von Haiger angezweifelten Dokumente erneut und gründlich untersucht – und wieder fand sich eine Reihe von Fälschungen. Und bereits das erste Allen-Buch über den Herzog von Windsor hatte auf einem gefälschten Herzogs-Brief beruht, wie Handschriftenanalyse und chemische Untersuchungen des "Dokuments" im Auftrage der Sunday Times ergeben hatten.

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