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Jugendstrafen für 42-fachen versuchten Mord

Nürnberg. Jugendstrafen zwischen drei Jahren sowie fünf Jahren und acht Monaten verhängte heute das Landgericht Nürnberg-Fürth gegen vier Neonazis. Die drei jungen Männer und eine Frau hatten aus Ausländerhass einen Brandanschlag gegen ein Mietshaus in Bad Windsheim verübt, später hatten sie einen jüdischen Friedhof in Diespeck geschändet.

Damit blieb das Gericht deutlich unter dem im Jugendstrafrecht maximal möglichen Strafmaß von zehn Jahren. Die vier Angeklagten, zur Tatzeit 16 und 17 Jahre alt, hatten die Taten gestanden.

Im Oktober 2006 hatten sie sich verabredet, ein vor allem von Ausländern bewohntes Haus in Brand zu stecken. Im Prozess wollten sie glauben machen, sie hätten den Bewohnern nur einen Schrecken einjagen wollen. Dem entsprechend hatte die Verteidigung nur auf versuchte schwere Brandstiftung plädiert, doch das Gericht schenkte dieser Darstellung keinen Glauben. Die Richter hielten es für sicher, dass die Neonazis "so viele Menschen töten wollten wie möglich".

Als Ziel hatten sie das Haus in Bad Windsheim wegen der vielen fremdländisch klingenden Namen an den Klingelschildern ausgewählt. Material für mehr als ein halbes Dutzend Molotow-Cocktails hatten sie besorgt und vorbereitet. Unmittelbar vor der Tat hatte der Anführer seine Truppe noch mit einer "markigen Rede" auf einem Kinderspielplatz auf die Tat eingeschworen, wie ein Prozessbeobachter in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Mit einem Taxi fuhren die vier zu dem Haus und warfen entzündete Brandflaschen auf das Gebäude. Glücklicherweise waren die Täter keine erfahrenen Brandstifter; die Brandflaschen prallten ab oder entzündeten sich nicht, so dass es nicht zu einer Katastrophe kam.

Die vier Brandstifter gehörten keiner extrem rechten Organisation an, dennoch sah das Gericht ihre Gesinnung als entscheidenden Faktor für ihre Taten an. In der Wohnung des Anführers fanden die Ermittler extrem rechtes Propagandamaterial. Das Gericht sah als erwiesen an, dass alle Angeklagten den Vorsatz hatten, aus Hass Menschen töten zu wollen.

Weit mehr als ein Dumme-Jungen-Streich war auch die Schändung des jüdischen Friedhofs in Diespeck. Zwei der Angeklagten hatten sich zunächst mit rechtsradikaler Musik aufgeputscht und dann spontan den Entschluss gefasst, eine jüdische Einrichtung zu schänden. waren am 24. Februar 2007 zu dem abseits gelegenen Friedhof in dem Ort bei Neustadt an der Aisch gefahren und hatten mit ihren Springerstiefeln mehr als 60 Grabsteine umgetreten.

Das Gericht folgte in seiner Entscheidung der Anklage und verurteilte die vier Angeklagten wegen versuchten Mordes in 42 Fällen in Tateinheit mit Brandstiftung sowie Störung der Totenruhe und Sachbeschädigung.

[Der Artikel erschien erstmals am 5.5.08 auf redok.de . Die Veröffentlichung auf aida-archiv.de erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors]

 

 

 

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