Schmidgaden. Seit Monaten hatte die bayerische NPD für ihr Sommerfest unter der Bezeichnung "Bayerntag" die Werbetrommel gerührt, doch der Zulauf blieb am vergangenen Samstag mäßig. Gerade mal die Hälfte der angekündigten 1.000 Besucher wollten dem Ruf der rechtsextremen Partei ins oberpfälzische Schmidgaden folgen. Mehr Aufsehen erregte das als unverhältnismäßig kritisierte Vorgehen der Polizei, die über 100 Gegendemonstranten festsetzte.
Erst am Donnerstag hatte das Verwaltungsgericht Regensburg grünes Licht für die NPD-Veranstaltung gegeben. Die NPD hatte bereits seit dem Februar die Partei-Fete in Schmidgaden anvisiert.
Nachdem das Landratsamt Schwandorf auf weitere juristische Schritte gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verzichtet hatte, war am Samstag alles bestens vorbereitet: für die rechte Wegweisung an den Zufahrtsstraßen war gesorgt, etwa 1.000 Polizisten waren im weiten Umkreis in und um Schmidgaden (3.000 Einwohner) postiert, um NPD-Anhänger und Gegendemonstranten getrennt zu halten.
Doch als die NPD-Feier gegen Mittag beginnen sollte, blieb der Zulauf überschaubar. Am Ende des Tages sprach die Polizei von etwa 500 Teilnehmern: im Vorfeld hatte die NPD die doppelte Anzahl anvisiert. Auch in Hinsicht auf die laut eigenen Angaben mittlerweile über 1.000 Parteimitglieder in Bayern kann die NPD mit dem Zuspruch zu ihrem "Bayerntag" nicht unbedingt zufrieden sein.
Währendessen hatten sich in der Ortsmitte von Schmidgaden bereits die Gegendemonstranten eingefunden. Vertreter von CSU, SPD, Freien Wählern, beiden christlichen Kirchen und Gewerkschaften hatten zu einer Kundgebung aufgerufen; ein eigener Aufruf linker Antifa-Gruppen kursierte schon länger. Insgesamt protestierten etwa 500 Menschen gegen die NPD.
Eine größere Gruppe aus den Reihen der Antifa-Demonstranten umging die Polizeiabsperrungen und machte sich auf den Weg in Richtung der NPD-Veranstaltung. Von diesem Abmarsch über Wiesen und Feldwege wurde die Polizei offenbar überrascht. Die zumeist jugendlichen Demonstranten wurden jedoch noch weit vor der NPD-Wiese gestoppt.
Offenbar reichte der Polizei das Verhindern eines Aufeinandertreffens jedoch nicht aus, denn insgesamt 118 Demonstranten wurden in Gewahrsam genommen und teilweise mit Kabelbindern gefesselt. Eine Reihe von Demonstranten musste mehrere Stunden trotz eines Gewitters im Freien ausharren. Frauen soll der Gang zur Toilette verwehrt worden sein.
Zur Begründung des Gewahrsams nannte ein Polizeisprecher vor Ort zunächst den Verdacht auf Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Erst später hieß es in einer Polizei-Pressemeldung, einige Jugendliche hätten Steine aufgesammelt und in ihren Rucksäcken verstaut, was anderen Beobachtern offenbar entgangen sein musste. Nach schweren Vorwürfen wegen des Vorgehens der Polizei will nun laut einem Bericht des Bayerischen Rundfunks die Polizeidirektion Amberg gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft untersuchen, ob "tatsächlich Fälle von Körperverletzung vorgekommen" sind.
[Der Artikel erschien erstmals am 18.06.07 auf redok.de. Die Veröffentlichung auf aida-archiv.de erfolg mit freundlicher Genehmigung des Autors]
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