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Der Kandidat, die Bombe und der Einzeltäter: Das Oktoberfest-Attentat vom 26. September 1980

 

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Karl- Heinz Hoffmann über 400 junge Männer auf seinem Schloss im bayerischen Ermreuth zu „Grenadieren Europas“ ausgebildet. Die „schwarzen Legionäre“ sollten gegen „Bolschewismus und Kapital“ und für einen volksgemeinschaftlichen Führerstaat kämpfen. Am 30. Januar 1980 verbot Bundesinnenminister Gerhard Baum (FDP) die Wehrsportgruppe. „Mein Gott, wenn sich ein Mann vergnügen will, indem er am Sonntag auf dem Land mit einem Rucksack und einem mit Koppel geschlossenen „battledress“ spazieren geht, dann sollte man ihn in Ruhe lassen„, witzelte dagegen Franz Josef Strauß noch zwei Monate nach dem Verbot über den fränkischen Wehrsportgruppenführer vor einer laufenden Kamera des französischen Fernsehens. Dem Spiegel hatte der Kandidat einmal erklärt: „Man muss sich der nationalen Kräfte bedienen, auch wenn sie noch so reaktionär sind – mit Hilfstruppen darf man nicht zimperlich sein.“ Zimperlich war der Kandidat auch nicht mit der Auswahl seiner Freunde: Ob das rassistische Apartheidregime in Südafrika oder der chilenische Militärdiktator Pinochet, der Kandidat pflegte beste Kontakte, wenn es um den Kampf gegen Subversion und Kommunismus ging.

Bereits zwei Tage nach dem Attentat stand für den bayerischen Innenminister Gerold Tandler von der CSU trotzdem fest: „Köhler war ein Einzeltäter „. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Polizei noch nicht einmal die braunen Kameraden des „mutmaßlichen Alleintäters“ in seiner Heimatstadt Donaueschingen vernommen. Acht Monate später legte die Sonderkommission „Theresienwiese“ des Bayerischen Landeskriminalamtes ihren 187-seitigen Abschlussbericht vor. Danach soll Köhler die Bombe selbst gebaut, transportiert und gezündet haben. Auf dieser Grundlage stellte Generalbundesanwalt Kurt Rebmann Ende 1982 die Ermittlungen offiziell ein und führte zum Hintergrund des Anschlags aus: Wahrscheinlicher als eine politisch motivierte Tat seien schwere persönliche Krisen.

Doch das offizielle Tatszenario ist bis heute umstritten. Die Widersprüche sind offensichtlich: Mehrere Zeugen hatten unabhängig voneinander Gundolf Köhler mit mehreren anderen Personen in grünen Parkas noch kurz vor der Explosion am Tatort miteinander sprechen sehen. So manche Spur, so manche Zeugenaussage findet sich allerdings im Schlussbericht des Generalbundesanwalts überhaupt nicht wieder.
Ich empfinde es noch heute als Unverschämtheit, dass die Ermittlungen so schnell eingestellt worden sind„, sagte Katharina P. kurz vor der Demonstration „Aufstehen gegen Naziterror, Rassismus und Antisemitismus “ aus Anlass des 20. Jahrestages des Oktoberfest-Attentates. Beim Bombenanschlag wurden ihre Kinder Ignaz (6) und Ilona (8) ermordet, sie selbst schwer verletzt. „Die Einzeltäter- Theorie ist falsch. Zeugen, die etwas anderes gesehen haben, wurden einfach als inkompetent oder unglaubwürdig abgetan.

Auch Werner Dietrich hält die These vom verzweifelten Einzeltäter bis heute für unglaubwürdig. Der Münchner Rechtsanwalt kämpfte im Auftrag von Attentats-Opfern für eine Wiederaufnahme der Ermittlungen: „Bewusst oder unbewusst wurden alle Spuren und Zeugenaussagen, die der Einzeltätertheorie widersprechen, nicht richtig gewürdigt oder beiseite geschoben.“ Die offizielle Version hält Dietrich für ein „politisch erwünschtes Ermittlungsergebnis, damit keine Zusammenarbeit zwischen Köhler und anderen rechtsradikalen Personen und Strukturen nachgewiesen wird.“ Denn das hätte die CSU stark in Bedrängnis bringen können und laut Dietrich bestätigt: „Alte und neue Nazis sind gerade in Bayern viel zu lange falsch eingeschätzt oder verharmlost worden.

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