Drücke "Enter", um den Text zu überspringen.

Vom Aussteigen, Rückziehen, Aufhören, Austreten

Nötige Grundsätze

Gerade bei einem „Ausstieg“ von Neonazis über die linke Szene müssen bestimmte Grundsätze klar und garantiert sein. Hierzu zählen die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Ausstiegsgründe, die Notwendigkeit des Begreifens um der vormals vertretenen Ideologie und die nachvollziehbare Veränderung dieser, sowie das Verbauen des Rückwegs, zum Beispiel durch das Offenlegen neonazistischer Strukturen an antifaschistische Projekte, die in der Lage sind entsprechende Angaben einzuschätzen. Auch für die beteiligten Personen gelten hierbei bestimmte Rahmenbedingungen, welche das Antifaschistische Infoblatt bereits 1997 einforderte: „Die Person(en), die einen Aussteiger direkt betreuen, müssen bereit sein, sich dabei kontrollieren zu lassen; sie sollten sich mit einem größeren Zusammenhang koordinieren und kurzschließen und sich dabei auch zugestehen können, dass über einen persönlichen Kontakt zu dem Aussteiger/der Aussteigerin die notwendige Distanz verloren geht. Das gilt insbesondere, wenn der Kontakt den Charakter einer Freundschaft annimmt. Solange ein Aussteiger/ eine Aussteigerin nicht öffentlich und unumkehrbar mit seinen/ihren Nazizusammenhängen und mit der entsprechenden Ideologie gebrochen hat, kann es keine Gründe für persönliche Freundschaften geben (…) Wenn Unsicherheit über den richtigen Umgang mit einem Aussteiger/einer Aussteigerin besteht, ist es in jedem Fall besser, sich an Menschen und Zusammenhänge mit Erfahrungen in diesem Bereich zu wenden, als spontan und unüberlegt draufloszumachen“.1

Keine falsche Eile

Am Ende eines langen Prozesses steht womöglich ein Ausstieg – ein Freifahrtschein, um in antifaschistischen Strukturen mitmischen zu können, ist für den Aussteiger/die Aussteigerin damit noch nicht automatisch erreicht. Wenn sich ein Aussteiger/eine Aussteigerin von einem Moment zum nächsten als geläuterter Antifaschist/geläuterte Antifaschistin präsentiert, ist in jedem Fall Misstrauen angebracht. Hier sollte in jedem Fall doppelt genau nach der Glaubwürdigkeit des Ausstieges und der offengelegten Legende geschaut werden. Für einen Sinneswandel vom Faschisten/von der Faschistin zum Antifaschisten/zur Antifaschistin ist ein wesentlich längerer Zeitraum und ein erhebliches Maß an Selbstreflektion als Maßstab anzulegen.

Bei einer Anfrage nach einer direkten Aufnahme in antifaschistische Zusammenhänge ist allergrößte Sorgfalt geboten. Bedacht werden sollte hierbei auch, dass ein scheinbar einfacherer und problemloser Wechsel in kürzester Zeit von „ganz Rechts“ nach „ganz Links“ eine fatale Auswirkung auf die politische Glaubwürdigkeit der antifaschistischen Bewegungen haben könnte. Außerdem bieten solche Übertritte natürlich auch den konservativen und rechten Vertretern der Totalitarismustheorie und der sogenannten „Hufeisentheorie“2 neue Argumente.

1 Siehe AIB 41, November / Dezember 1997. Familie gründen, Techno hören – und das war’s? Einige Eckpunkte zum Umgang mit Neonazi-Aussteigern.
2 Der stark vereinfachte Deutungsansatz des Hufeisenschemas besteht darin, die politische Landschaft nicht als gerade links und rechts immer weiter auseinanderlaufenden Linien, sondern als offenen Kreis (Hufeisen) zu sehen. Durch diese Darstellung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass sich die beiden Ränder („Extreme“) näher seien, als der jeweilige Rand zur (gesellschaftlichen) Mitte.

Seiten: 1 2

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen