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Neonazis wollen in den Fürther Stadtrat

Neonazi mit dem grauen Sweatshirt der ‚Bürgerinitiative Soziales Fürth‘. Foto: Timo Müller

Am 16. März 2014 sind in Fürth Stadtratswahlen. Parteien und Organisationen, die bislang über kein Stadtratsmandat verfügen, müssen bis Anfang Februar knapp 400 Unterstützungsunterschriften sammeln, um bei den Wahlen anzutreten. Die Fürther Neonazis versuchen unter dem Namen „Bürgerinitiative soziales Fürth“ (BiSF), diese Hürde zu überspringen.

Rassistische und antisemitische Wahlpropaganda

„Das Stadtblatt für Deutsche, die es noch sein wollen“ steht auf den Flugblättern, welche die Neonazis derzeit als „BiSF Nachrichten“ verteilen. Schon der erste Artikel trägt in rassistischer Diktion die Überschrift „Bald schon Fremde in der eigenen Stadt und im Land?“. In völkischer Ideologie wird von Deutschen als „angestammte[r] Bevölkerung“ und von „Überfremdung“ gesprochen. Auch die Zwischenüberschriften „Wird Deutschland bald von Ausländern regiert“ und „Türken größte Gruppe“ sollen an rassistische Ressentiments der deutschen Mehrheitsgesellschaft anknüpfen. Weiter wird im Text ein „erschreckende[r] Anstieg nichtdeutscher Kinderzahlen in der Kleeblattstadt“ behauptet, für welchen „Zigeuner“ verantwortlich sein sollen.

Der zweite große Artikel im BiSF-Flugblatt richtet sich gegen das in Fürth ansässige Jüdische Museum. In populistischer Manier ist der Text mit „Skandal: 1,8 Millionen zusätzlich für Judenmuseum“ überschrieben. Das Jüdische Museum ist seit Bestehen der BiSF deren Anfeindungen ausgesetzt. Im Flugblatt schreibt die BiSF von einem „bei der Bevölkerung unbeliebten Museum“, vergleicht den Ausbau des Museums mit den bundesweit bekannten Großprojekten wie Stuttgart 21 oder dem Flughafen Berlin (BER) und spricht realitätsfern von einem „Mammutprojekt“. In anderen BiSF-Publikationen wird gar die Schließung des jüdischen Museums gefordert, eine „Umwidmung“ soll folgen. Was unter dieser „Umwidmung“ verstanden werden soll, lassen die Neonazis offen. Veranstaltungen des Jüdischen Museums erklären die Neonazis zu „kulturfremden Angeboten“: „Eine Notwendigkeit das jüdische Leben hier noch weiter zu etablieren sieht der deutsche Fürther Bürger ebenfalls nicht“. Wie im Nationalsozialismus stellt die BiSF also die Fürther Jüdinnen und Juden den „deutschen Bürgern“ als das „Andere“ gegenüber.

BiSF, FNS und NSU

Hinter dem seriös klingenden Namen „Bürgerinitiative Soziales Fürth“ (BiSF) stecken Neonazis aus den Reihen des größten bayerischen Neonazinetzwerks „Freies Netz Süd“ (FNS). Gegründet wurde die lokale Organisation 2009, seit Oktober 2012 ist die BiSF ein eingetragener Verein. Nach Medienberichten hat das Amtsgericht Fürth beim Antrag „verfassungsfeindliche Ziele“ der BiSF feststellen können, das Oberlandesgericht Nürnberg hob diese Entscheidung nach Beschwerden der Neonazis wieder auf.

Als Vorstand des Vereins fungiert die in Fürth-Vach wohnende Stella Ruff. Die 29-Jährige ist seit mehreren Jahren in der fränkischen Neonaziszene aktiv. Ruff (damals noch Müller) gehörte zum Umfeld der 2004 verbotenen „Fränkischen Aktionsfront“ (FAF) und trug schon im Jahr 2002 deren Transparente. Heute gehört sie zum führenden Kaderkreis im „Freien Netz Süd“. Sie tritt als Anmelderin neonazistischer Aufmärsche auf, fungiert als Ordnerin oder ist für die Verpflegung auf rechten Aktionen zuständig. Wie schon im Jahr 2008, als die Fürther Neonazis im Namen der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) zur Kommunalwahl anzutreten versuchten, steht Ruff auch bei der BiSF auf dem Listenplatz 2.

Der BiSF-Spitzenkandidat Matthias Fischer versuchte im Jahr 2008, für die NPD zur Kommunalwahl anzutreten. Repro des damaligen Flugblatts: a.i.d.a.

Matthias Fischer, FNS-Führungskader und Anti-Antifa-Aktivist, ist der Spitzenkandidat der BiSF. Fischer ist als bundesweit agierender Neonazi bekannt, der auch über gute Beziehungen zu europäischen Neonazis verfügt. Bis 2011 verbüßte Fischer eine knapp zweijährige Haftstrafe, u. a. wegen Volksverhetzung. Matthias Fischer ist auch auf den aufgefundenen Kontaktlisten des NSU- Terroristen Uwe Mundlos verzeichnet.

Fischers Frau, Tanja Fischer, ist stellvertretende Vorsitzende der BiSF. Die 37-jährige ist der Öffentlichkeit weniger bekannt, hält sich auf Aufmärschen und Kundgebungen eher im Hintergrund und ist dort wie Ruff oftmals für die Verpflegung der Teilnehmenden zuständig.

Kai-Andreas Zimmermann, der führende Anti-Antifa- und FNS-Aktivist, gehört dem BiSF-Vorstand als Schriftführer an. Zimmermann wurde im Juni 2012 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt, weil er mit weiteren Neonazis eine Gruppe von jungen Antifaschist_innen angepöbelt und bedroht hatte. Im späteren Verlauf des Disputes, so ergab die Verhandlung, hätten die Neonazis eines ihrer Opfer durch einen Faustschlag auf den Hinterkopf zu Boden gebracht und mehrfach auf einen Attackierten eingeschlagen.

Als Beisitzer ist Frank Müller für die BiSF aktiv. Müller gehört seit etlichen Jahren der fränkischen Neonaziszene an, betätigt sich als Anti-Antifa Aktivist und fungiert als Ordner und Lautsprecherfahrer bei FNS-Aktionen. Einem Artikel der „Fürther Nachrichten“ zufolge soll Müller in den vergangenen Jahren strafrechtlich „erheblich“ in Erscheinung getreten sein. Ins Fadenkreuz der Ermittler sei er unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen geraten.

Laut den Dokumenten im Vereinsregister hat die BiSF am Freitag, den 17. Juni 2011 um 16 Uhr eine Gründungsversammlung in Fürth-Stadeln einberufen. Dort ist demnach u.a. der Vorstand des Vereins gewählt worden. Interessant ist dabei vor allem, dass Matthias Fischer angeblich per Zuruf als Versammlungsleiter gewählt wurde. Fischer saß zu dieser Zeit aber eine knapp zweijährige Haftstrafe ab, entlassen wurde er erst am 8. Oktober 2011.

Als Gründungsmitglieder der BiSF sind die bekannten fränkischen Neonazis Christoph P. (Fürth), Martin H. (Nürnberg) und Sebastian Schmaus, der Nürnberger Stadtrat der rassistischen NPD-Tarnliste „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA), aufgeführt. Wie die anderen genannten Gründungsmitglieder ist Schmaus seit Jahren als FNS- und Anti-Antifa-Aktivist auf Aufmärschen anzutreffen, wenn er Gegendemonstrant_innen und Antifaschist_innen fotografiert und filmt.

Der bekannte Fürther Neonazi Sascha Rudisch, der bis Ende 2010 als presserechtlich Verantwortlicher für die Publikationen der BiSF fungierte, will nun auf Listenplatz 5 für die BiSF antreten.

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