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Neonazis mieten Räume in München-Forstenried

NPD und „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ haben in einer größeren Gewerbeimmobilie in München-Forstenried Kellerräume angemietet. Die anderen Mieter_innen im Gebäudeensemble sind entsetzt. Im Haus probt derzeit auch der weltberühmte Tölzer Knabenchor.

April 2010: Der erste Versuch

Im April 2010 war Roland Wuttke, Funktionär des bayerischen NPD-Landesverbands und der Münchner NPD-Liste „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA) damit gescheitert, unter dem Deckmantel seiner „Westend Computer GmbH“ Räume für ein „BIA-Versammlungshaus“ bzw. „Nationales Jugendzentrum“ an der Forstenrieder Allee anzumieten. Die antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München (a.i.d.a. e.V.) hatte damals die Anmietung recherchiert und die von den Neonazis getäuschte Vermieterin informiert. Nur wenige Stunden später wurde der Mietvertrag fristlos gekündigt. Gegen den Willen der Besitzerin konnten die Münchner Neonazis noch eine Party mit Rechtsrock in dem älteren Hofgebäude feiern, da die von der Hausverwalterin alarmierte Polizei nicht eingegriffen hatte. Danach war der Traum vom „Nationalen Jugendzentrum“ aber erst einmal ausgeträumt.

Juni 2010: Neonazis im zweiten Anlauf

Der Vermieter des Objekts wollte sich gegenüber a.i.d.a. nicht äußern. Diesmal, so verkündet jedoch die neonazistische BIA um Stadtrat Karl Richter heute feixend, seien die Souterrain-Räume im Innenhof des Gebäudeensembles im Mietvertrag ausdrücklich zur Nutzung als Konferenzräume vorgesehen. In einer Pressemitteilung der BIA heißt es weiter, die Örtlichkeiten sollen als Versammlungs- und Schulungsräume genutzt werden. Des weiteren wird eine offizielle Eröffnung mit Neonazis aus ganz Deutschland angekündigt. Beobachter_innen der Szene warnen vor einer neuen Neonazizentrale von NPD, BIA und militanten Kameradschaften: Nach dem gescheiterten Immobiliendeal an der Forstenrieder Allee hatten die Münchner Neonazis schließlich das Ausweichen auf eine andere Immobilie angekündigt.

Eingang zu den Räumen der BIA.  Foto:a.i.d.a.
Eingang zu den Räumen der BIA. Foto:a.i.d.a.

Erst am 8. Mai 2010 hatten Antifaschist_innen und Bürger_innen des Stadtteils einen Aufmarsch Münchner Neonazis im Viertel erfolgreich mit einer Blockade gestoppt. Entsprechend sensibel reagierte in den letzten Tagen die Öffentlichkeit auf den bekanntgewordenen erneuten Versuch der Neonazis, sich ausgerechnet im Raum München-Forstenried/Fürstenried festsetzen zu wollen. Die neuerliche Immobilienanmietung von rechts wurde am Dienstag auch auf der Bezirksausschusssitzung  (BA 19) im Bürgersaal Fürstenried diskutiert. Die anwesenden Polizeibeamten gaben am Abend jedoch keine Informationen an die versammelten Bürger_innen.

Ist hier bald ein Nazi-Jugendzentrum?  Foto: a.i.d.a.
Ist hier bald ein Nazi-Jugendzentrum? Foto: a.i.d.a.

Keine behördliche Warnung an Knabenchor

Mehrere Mieter_innen des nun betroffenen Gewerbegebäudes im Münchner Süden zeigten sich gegenüber a.i.d.a. schockiert über die neue Mietpartei im Untergeschoß. Besonders pikant: Im nun von den Nazis genutzten Gebäude ist nicht nur die Polizeiinspektion 34 (Forstenried) angesiedelt, sondern hier proben derzeit auch die Kinder und Jugendlichen des weltberühmten Tölzer Knabenchors. In der Bad Tölzer Chor-Verwaltung waren die Verantwortlichen über die Information durch a.i.d.a. denn auch sehr überrascht, denn die Mitarbeiter_innen und die Kinder und Jugendlichen waren bisher nicht von den Behörden gewarnt worden. Knabenchor-Pressesprecher Peter Schulz konnte gegenüber a.i.d.a. jedoch vermelden, dass die „absolute Katastrophe“ für den Chor glücklicherweise dadurch abgewendet wird, dass der Chor in wenigen Wochen planmäßig aus diesem Gebäude auszieht.

Münchner Neonazis: gewalttätig und zerstritten

Teile der Münchner Neonaziszene haben sich unterdessen weiter zerstritten und schuld daran soll der Neonazi-Funktionär Philipp Hasselbach (Garching-Hochbrück) sein: NPD-Bundestagskandidat und BIA-Pressesprecher Philipp Hasselbach ist erneut wegen eines Gewaltdelikts ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Wie in der Neonaziszene kolportiert wird, sei Hasselbach wegen eines Vorfalls, bei dem sich Münchner Neonazis in der Nacht zum 9. Mai auf einem Partygelände am Ostbahnhof gegenseitig mit Flaschen angegriffen und schwer verletzt haben sollen, mittlerweile sogar inhaftiert worden. Die „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA), das Sammlungsbecken von Neonazis aus NPD und Kameradschaften mit lokalpolitischer Ausrichtung, hat sich zum erneuten Wirbel um ihren wegen mehrerer Gewaltdelikte vorbestraften Pressesprecher Hasselbach bisher nicht geäußert. Die AktivistInnen um Wuttke, den BIA-Stadtrat und stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden Karl Richter sowie die NPD-Dauerkandidatin Renate Werlberger verteilen derzeit bei Bürgerversammlungen der Stadt vielmehr Flugblätter gegen eine angebliche „Gewaltkriminalität“ von „Nichtdeutschen“.

 

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