Der Nationalsozialismus war ein aggressiver völkischer Nationalismus, der sich zugleich einer sozialen Rhetorik bediente. Das Gesetz über die nationalsozialistischen Feiertage vom 27. Februar 1934 bestimmte den 1. Mai zum sogenannten „nationalen Feiertag des deutschen Volkes“ – und gleichzeitig wurde die freie Gewerkschafts- und Arbeiter_innenbewegung zerschlagen. In dieser Traditionslinie muss das Aufmarschieren der Neonazis am kommenden 1. Mai gesehen werden.
Neonazistische Anmeldungen gibt es dieses Jahr u. a. in Hannover (derzeit behördlich verboten), Neubrandenburg, Dresden und Berlin. In Süddeutschland wollen Neonazis am diesjährigen ersten Mai in Mainz, in Weiden in der Oberpfalz sowie in der Doppelstadt Ulm und Neu-Ulm aufmarschieren, in Oberösterreich wurde ein Aufmarsch der extrem rechten Splittergruppe NVP in Linz untersagt.
Wir geben Euch einen aktuellen Überblick über die Planungen der Neonazis und antifaschistische Gegenaktivitäten im Süden:
Linz (Österreich):
Der geplante NVP-Aufmarsch („Arbeitermarsch“) im österreichischen Linz ist am 23. April durch die Bundespolizei in Linz untersagt worden. Der Aufzug war von der extrem rechten Splittergruppe NVP um Robert Faller unter dem Motto „Erster Mai – Tag der Arbeit gegen Globalisierung und Kapital“ beworben worden. Über die im Bescheid angeführte Begründung gab die Polizei keine Auskunft. Die Ablehnung sei jedenfalls „zum Schutz der Öffentlichen Sicherheit“ erfolgt.
Unter dem Motto „Kein Naziaufmarsch in Linz und nirgendwo!“ rufen zahlreiche Einzelpersonen und Initiativen zu Protesten in Linz auf. Bisher sind ein „Lichterzug gegen rechts“ am Donnerstag, 30. April 2009 um 19 Uhr auf dem Schillerplatz und eine überparteiliche und internationalistische Maidemonstration des Aktionskomitee 1. Mai (Freitag, 1. Mai 2009, 10 Uhr, Linz, Blumauerplatz) geplant. Informationen zu den antifaschistischen Aktivitäten gibt es auf der Homepage http://antifa.servus.at
Mainz:
Unter dem Motto „Sozial geht nur national“ hat hier die „Initiative Südwest“ einen Neonazi-Aufmarsch angemeldet. Nach den Erfahrungen mit den Demos der letzten Jahre (damals meist als „Doppeldemos“ in der Region Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem nördlichen Baden-Württemberg durchgeführt) ist mit etwa 300 Neonazis zu rechnen. Der Aufmarsch ist momentan behördlich untersagt.
Unter dem Motto „Wir stellen uns quer! – Kein Nazi-Aufmarsch in Mainz!“ hat sich ein sehr breites Bündnis aus linken Gruppierungen sowie diversen lokalen Initiativen gegründet, das sich dezidiert für Blockaden gegen den Naziaufmarsch ausspricht. Mehrere Antifa-Gruppen mobilisieren unter dem Motto „Strike the Match! Gegen Nazis, Deutschland und Arbeitswahn!“ zusätzlich zur Beteiligung an den Blockaden des „Wir stellen uns quer!“-Bündnisses am Vorabend des Naziaufmarsches noch zu einer Demo („Gegen Nazis, Deutschland und Arbeitswahn!“) in Wiesbaden. Informationen zum Stand der Gegenaktivitäten geben die Mobilisierungsseiten www.wirstellenunsquer.blogsport.de und www.mai.blogsport.de.
Weiden:
Das neonazistische „Freie Netz Süd“ hat in Weiden einen Aufmarsch („Kapitalismus zerschlagen – Heraus zum 1. Mai – Nationaler Sozialismus:Jetzt“) mit Treffpunkt um 13.00 Uhr am Bahnhof Weiden angemeldet. Wegen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und wegen eines drohenden Polizeinotstands ist der Weidener Naziaufmarsch anfangs behördlich verboten gewesen, vom Verwaltungsgericht in Regensburg aber ist dieses Verbot wieder aufgehoben worden.
Leider verläuft die Mobilisierung zu antifaschistischen Gegenaktionen in Weiden derzeit wenig engagiert. „Flagge zeigen“ will man vor allem mit dem Maibaumfestumzug. Eine antinazistische Demo des DGBs bewegt sich von den Neonazis weg und Polizeioberrat Klaus Müller sorgt sich derzeit um „Straftaten“, die „eher aus dem Kreis linker Gegendemonstranten kommen“.
Ulm und Neu-Ulm:
In der baden-württembergisch/bayerischen Doppelstadt Ulm/Neu-Ulm planen Neonazis am ersten Mai gleich zwei Aufmärsche mit größerer, eventuell bundesweiter Beteiligung. Von 11 bis 17 Uhr wollen Neonazis unter dem einfältigen Motto „Aufruhr im Paradies“ vom Hauptbahnhof Ulm aus durch die Stadt Ulm ziehen. Ein seltsames Bündnis von Neonazis aus diversen kleinen baden-württembergischen Kameradschaften sogenannter „Autonomer Nationalisten“, Aktivisten der JN und die baden-württembergischen und bayerischen Landesverbände der NPD mobilisieren zusammen mit der Vertriebenen-Jugendorganisation „Junge Witikonen“ dazu derzeit in die Donaustädte Ulm und Neu-Ulm.