Dass der Umgang der Sicherheitsbehörden mit dem Münchner a.i.d.a.-Archiv nur ein Beispiel ist für die Stigmatisierung antifaschistischer Projekte, zeigt der Artikel „Mit Seziermesser und Holzhammer“ von Michael Weiss (apabiz) und Britta Kremers (Lotta) in der neuen Ausgabe 40 des ‚Monitors‘. Der Rundbrief des ‚Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin‘ e. V. (apabiz) beleuchtet anschaulich, wie die deutschen Sicherheitsbehörden sich gegenwärtig bemühen, die Deutungshoheit über „Rechtsextremismus“ zu erlangen.
Während in München das a.i.d.a.-Archiv um seine Gemeinnützigkeit und Kooperationspartner bangen muss, weil der bayerische Verfassungsschutz den seit fast 20 Jahren ehrenamtlich arbeitenden Verein ohne Nennung von Gründen unter „Sonstige Linksextremisten“ in seinen jährlichen Bericht aufgenommen hat, haben die Behörden andernorts den Begriff des „Diskursorientierten Linksextremismus“ eingeführt, um die bereits seit zehn Jahren erscheinende Zeitschrift ‚Lotta – antifaschistische Zeitung aus NRW‘ und den Unrast-Verlag aus Münster ins Visier zu nehmen. Antifaschistische ReferentInnen bekommen die Strategie der Behörden ebenso zu spüren wie Bürgerinitiativen wie das ‚Bürgerforum Gräfenberg“, dem von den Behörden gar untersagt wurde, Film- und Fotoaufnahmen von einem der regelmäßig im Ort stattfindenden Neonazi-Aufmärsche zu machen.
Eberhard Seidel hinterfragt in einem ergänzenden Monitor-Beitrag die seit Jahren offensichtliche Entwicklung, dass mehr und mehr VertreterInnen der Geheimdienste in der politischen Bildungsarbeit zu finden sind und widerspricht dieser energisch: „zur Aufgabe der Geheimdienste gehört vieles, nur nicht die politische Bildung. Die Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden sind in § 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes klar geregelt. Und die lauten: Sammlung, Auswertung von Informationen, Nachrichten und Unterlagen über Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Von einem Bildungsauftrag ist da nicht die Rede.“
Weiss und Kremers bringen es schließlich auf den Punkt: „Um den Blick auf die alltagskulturellen Ausprägungen der extremen Rechten zu richten, um Trends und Entwicklungen in rechten Szenen zu erkennen und um die Defizite des staatlichen Vorgehens gegen rechts zu benennen, sind unabhängige antifaschistische Institutionen, Initiativen und Zeitschriften heute nötiger denn je.“
Eine Leseprobe der Ausgabe 40 des apabiz-Rundbriefs ‚Monitor‘ steht zum Download als PDF-Datei zur Verfügung.