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Katholischer Bischof marschiert mit Rechtsterroristen

Ein Ressentiment kommt selten allein

Die Ideologie der aufmarschierten Gruppen zeigt auf drastische Weise die Verwobenheit von Sexismus mit einer reaktionären Bevölkerungspolitik, mit Rassismus und Antisemitismus auf. Selten offenbaren sich jedoch die gemeinsamen Schnittmengen zwischen christlichen Fundamentalist_innen und der deutschen Neonaziszene so deutlich, wie am vergangenen Samstag in München.

Gemeinsamkeit 1: Reaktionäre Bevölkerungspolitik

Christa Meves, um mal ein Beispiel zu nennen, ist eine Abtreibungsgegnerin, die auch schon bei Jürgen Riegers nationalsozialistischer Artgemeinschaft vorgetragen hat. Vor wenigen Monaten trat sie zusammen mit dem Augsburger Bischof Walter Mixa beim „Kirche in Not“-Kongress in Augsburg auf. Da „ein hoher Prozentsatz der 40-jährigen Akademikerinnen“ keine Kinder habe, rief Meves die Versammelten als „Urbewohner des Landes“ zur „Überwindung des destruktiven Feminismus“ auf. Offensichtlich fehlen ihr eben nur weiße, christliche Akademikerkinder. Meves bekam Standing Ovations, auch von Bischof Mixa.

Die Szenarien vom aussterbenden deutschen Volk werden ergänzt von rassistischen Prophezeiungen, dass Deutschland von „Ausländern“ „überflutet“ und Mitteleuropa islmaisch werde. Das ganze ist aber auch verknüpft mit einem Wunsch nach elitärer Selektion: Im neuen Buch der Junge-Freiheit-Autorin Ellen Kositza „Gender ohne Ende“ heißt es z. B. „Damals galten Akademiker, Anthroposophen und Adlige als eminent gebärfreudig, heute sind es laut Stammtisch eher Arbeitslose, Ausländer und Asoziale“. Ähnlich lässt es sich im Aufruf finden, mit dem die neonazistischen „Freien Nationalisten München“ zum „1000 Kreuze-Marsch“ mobilisierten: „1000 Kinder, denen man die Chance auf ein Leben bereits im Mutterleib nimmt.  Eine erschreckende Zahl, da dies einmal mehr zur negativen demografischen Entwicklung in unserem Land beiträgt. Währendessen läßt sich seit Jahren die Gebärfreudigkeit gerade ausländischer Familien feststellen.“

Gemeinsamkeit 2: Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen

Einige „Lebensschützer“ und Neonazis verbindet jedoch noch mehr: Zum Beispiel die antisemitische Instrumentalisierung der Schoah für die eigenen Zwecke.  Sprache, Kunst und manchmal auch Aktionsformen, die aus der Erinnerungsarbeit an den Nationalsozialismus bekannt sind, werden durch Abtreibungsgegner_innen aufgegriffen. Radikalere Gruppen wie die „Aktion Leben e. V.“ setzen die Schoah und Schwangerschaftsabbrüche in eins, manche nennen Abtreibungen „Babycaust“, was einige deutsche Gerichte auch legalisiert haben. Auf einer gleichnamigen homepage kann mensch das Bild gestapelter Leichen aus einem nationalsozialistischen KZ anklicken – und landet dann bei einem Foto, das angeblich ein abgetriebenes Embryo zeigen soll. Beim Aufmarsch am Samstag verteilen teilnehmende Abtreibungsgegner_innen wirre Flyer mit der Aufschrift „Fristenlösung ist Endlösung – mein Bauch ist kein KZ“. Unklar bleibt, warum sie die Deutschland-Fahne auf dem Flyer mit einem Hakenkreuz dekorierten. Geburtenkontrolle und das Selbstbestimmungsrecht von Frauen werden auf eine Ebene gestellt mit dem millionenfachen Mord durch Giftgas, Erschiessungskommandos und der Vernichtung durch Arbeit in den Vernichtungs- und Konzentrationslagern. Die katholische Zeitung des Bistums Münster, darauf wies das „Antisexistische Aktionsbündnis München“ (asab_m) im Aufruf zu den Gegenaktionen am Samstag hin, ging in einem Artikel noch weiter und hetzte: „Die Nazis haben ihren Massenmord immerhin noch mit einer Ideologie versehen. Es war nicht kaltherzige Ichsucht, wie etwa heute bei der Abtreibung.“

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