Dazu passt, dass die versammelte Führungsspitze der Bundes-NPD bei der Busse-Beerdigung am letzten Samstag nicht nur das SS-Staffellied „Wenn alle untreu werden“ mitgesungen hatte, und das frühere NPD-Bundesvorstandsmitglied Thomas Wulff eine Reichskriegsflagge mit großem Hakenkreuz auf dem Sarg im Grab ausbreitete. Der Grabredner Udo Voigt stand ungerührt daneben, das Grab des einstigen SS-Panzerjägers und späteren Rechtsterroristen Friedhelm Busse war mit mehreren Fahnen der NPD und JN geschmückt. Und den bekennenden Nationalsozialisten Busse hatte die NPD kurz zuvor gar noch zum Kandidaten gewählt, auf der Liste der NPD zu den niederbayerischen Bezirkstags-Wahlen am 28. September 2008 steht Busse auf Platz 10.
Erklärung gegen Erklärung
Nach der Busse-Beerdigung müssen Udo Voigt und Sascha Roßmüller irgendwann die Gefahren gedämmert haben, die der NPD aus solch einem Verhalten drohen können. Nachdem Journalisten über die Fahne mit dem Hakenkreuz berichtet hatten, und das anfängliche Dementieren des Sachverhalts durch die NPD infolge Sicherstellung der Fahne durch die Staatsanwaltschaft nichts mehr nützte, musste sich das NPD-Parteipräsidium doch noch von der nationalsozialistischen Fahne distanzieren: „Der Einsatz für ein sozial gerechtes Deutschland bedarf keiner Symbolik von Gestern“. Nicht alle NPDler teilten jedoch diese Sichtweise. Der schleswig-holsteinische NPD-Landesvorstand nicht und wohl auch der Hamburger NPD-Chef Jürgen Rieger nicht. Rieger bereitet derzeit eigenen Angaben zufolge eine Gedenkfeier im Raum Wunsiedel für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß vor und soll der Erklärung im Parteivorstand widersprochen haben.
Zahlreiche Neonazis reagieren empört über das Einknicken der NPD-Spitze, einige veröffentlichten heute ihrerseits im neonazistischen „altermedia“-Portal eine scharfe Reaktion auf das NPD-Papier: „Hier wird mit dreisten Lügen versucht, das Lebenswerk und den Werdegang des Kameraden Friedhelm Busse für die Zwecke der NPD zu verbiegen und zu mißbrauchen“ heißt es darin und die Initiatoren drohen offen der NPD: „Wir können solch billige und herabwürdigende Angriffe auf die freien Kräfte nicht hinnehmen und werden die Zusammenarbeit mit diesem Parteipräsidium beenden, falls es zu keiner Einigung hinsichtlich eines vernünftigen Verhaltens der NPD kommt.“ Zu den Erstunterzeichnern dieses Papiers gegen die Partei gehört auch der NPD-Bezirkstagskandidat Norman Bordin und die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) aus München.
Streit um Heß-Verherrlichung?
Hier steht der Bayern-NPD offensichtlich noch ein heftiger Konflikt ins Haus. Ein anderer Konflikt ist derweil aus dem Weg geräumt: Für den 17. August 2008 hatte Norman Bordin in München auf dem Marienplatz eine Mahnwache angemeldet: „Rudolf Heß – Märtyrer des Friedens“. Die zu erwartende Auseinandersetzung um diesen erneuten klaren NS-Bezug zum Einen in der Öffentlichkeit, zum Anderen innerhalb der NPD-Bayern, versprach spannend zu werden. Für Bordin, der letzte Woche in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil wegen Betruges zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, hätte die Kundgebungsanmeldung neben dem politischen Risko aber auch ein rechtliches Risiko dargestellt, schließlich könnte das angemeldete Motto den Straftatbestand des § 130 StGB (Volksverhetzung) erfüllen. Beide Gefahren sind vorerst abgewendet: Bordin meldete die Kundgebung gestern wieder ab.
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