Trennung
Im Sommer 2007 war der »Bruderkampf « jedoch wieder in vollem Gange: Diskussionen in neonazistischen Internetforen zufolge soll angeblich der Mitgliedsantrag von Norman Bordin, durch seinen versteckt gefilmten Hitlergruß bei einem »Blood and Honour«-Konzert in Budapest in den Schlagzeilen, den Ausschlag gegeben haben. Wahrscheinlicher ist, dass drohender Ärger durch Manfred Rouhs (»Bürgerbewegung pro Köln«) wegen der Verwendung des »Pro«-Namens, die umstrittenen Qualitäten der Sprecher und vor allem die zunehmende Konkurrenz zwischen NPD und »Pro«-Parteien den »Volksfront «-Kitt schwinden ließen. Die Streitereien sollen zeitweise sogar den NPD-Bundesvorstand beschäftigt haben.
Norman Bordin, Roland Wuttke, Renate Werlberger (alle NPD) und andere verließen »Pro München« und treten seither als »Bürgerinitiative Ausländerstop« (BIA) auf. Gruppen unter diesem Namen existieren in Deutschland (u. a. auch in München) seit 1980. In Nürnberg sitzt der bayerische NPD-Landesvorsitzende Ralf Ollert für eine BIA seit 2002 im Stadtrat. Die BIA in München wurde 2003 durch den »Bayernpartei«-Funktionär Siegfried Lackner gegründet. Vorsitzender und Spitzenkandidat ist seit Oktober 2007 der in München lebende Karl Richter.
Der heutige Chef der parlamentarischen Berater der sächsischen NPD-Landtagsfraktion studierte hier einst Geschichte und war Ende der 1980er Jahre verantwortlich für die Zeitung »Münchner Freiheit« aus den Kreisen der Münchner Burschenschaft »Danubia «. Wohl vor diesem Hintergrund wird er als »von allen politischen Strömungen des nationalen Lagers anerkannte Persönlichkeit « beworben. Der NPD-Bundesvorstand will Richter im Wahlkampf unterstützen, man träumt in der »Deutschen Stimme« von einem »Fanal«, wenn »ausgerechnet im rot-rosa-grünen Münchner Stadtrat im März 2008 der Einbruch gelänge«.
Die potentiellen WählerInnen werden ebenfalls in den Kreisen der Moschee-GegnerInnen vermutet, an diese richtet sich ein erster, professionell aufgemachter Flyer (Zitat: »Lassen Sie sich die Überfremdung der ›Weltstadt mit Herz‹ nicht länger gefallen! «) mit dem Titel »Islamisten raus!«. Seit der Spaltung hält die »Bürgerbewegung Pro München«, die zuvor nicht den Kreisen von »Pro Deutschland « angehörte, nun mit »Pro Köln« gemeinsame Veranstaltungen ab. »Pro- München«-Sprecher Rüdiger Schrembs (ehemals »Aktion Neue Rechte« und »Deutsche Liga für Volk und Heimat«) wird, seitdem er im September 2007 den Gründungsparteitag von »Pro- NRW« in Bonn leitete, nicht mehr als Mitglied des bayerischen NPD-Landesvorstands geführt, wo er das Amt »zur besonderen Verwendung bei Wahlen 08« innehatte.
Beide Organisationen müssen zur Jahreswende je 1.000 MünchnerInnen finden, die die Zulassung ihrer Liste mit einer Unterschrift bei den Behörden unterstützen. Hat eine Gruppierung Erfolg, sind angesichts einer fehlenden Fünf-Prozent-Hürde und über 7.000 Erststimmen für NPD und Republikaner bei der Bundestagswahl 2005 rechte Mandate realistisch. Ein Wahlantritt beider neonazistischer Vereinigungen dürfte hingegen den ursprünglich sicher geglaubten Einzug in den Stadtrat vereiteln. Der Konflikt zwischen NPD und den »Pro«- Parteien könnte indes bundesweit noch zum »Bruderkrieg« eskalieren.
Dieser Artikel von Robert Andreasch ist im November 2007 in der Ausgabe #109 der antifaschistischen Zeitschrift Der Rechte Rand erschienen. Die Veröffentlichung auf aida-archiv.de erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors.
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