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Martin Wieses „Nationale Soziale Bewegung“ (NSB)

Martin Wiese bei NPD-Infostand in München.  Foto: Zacharias O. GrossMartin Wiese versucht, die zersplitterte rechte Szene Münchens in einer neuen Dachorganisation namens „NSB“ („Nationale Soziale Bewegung“) zu sammeln. Wieses großspurige Planungen erfuhren jedoch einen Dämpfer: Eine neonazistische Großveranstaltung am 9. April 2011 in Erding scheiterte an der Zivilcourage der Wirtsleute.

Die Münchner Szene vereint sich hinter Martin Wiese

Um die Münchner Neonaziszene war es in der Öffentlichkeit nach dem wenig attraktiven und mäßig besuchten „Heldengedenkmarsch“ im November 2010 vermeintlich ruhiger geworden. Hinter den Kulissen hatte nach der Inhaftierung von Philipp Hasselbach, Aktivist der „Freien Nationalisten München“ (FNM) und der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“, die konkurrierende „Kameradschaft München“ wieder die „Führung“ des „Nationalen Widerstands“ in München beansprucht.

Die im neonazistischen Dachverband „Freies Netz Süd“, Nachfolgestruktur der im Jahr 2004 verbotenen „Fränkischen Aktionsfront“ (FAF), organisierte „Kameradschaft München“ unter Karl-Heinz Statzberger und Norman Bordin profitierte seit August 2010 von der Popularität des aus der Haft entlassenen Rechtsterroristen Martin Wiese, der in den Raum Landshut gezogen war. Die Garchinger/Neubiberger Kameradschaft „Nationale Solidariät Bayern“ (NSB) löste sich im November 2010 sogar selbst auf, um zukünftig ebenfalls in der „KS München“ zu wirken.

Die NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“, deren Chefredakteur der Münchner BIA-Stadtrat Karl Richter ist, zeigte sich im Februar 2011 mit einem ganzseitigen Artikel („Der Fall Wiese“) mit dem als Rechtsterrorist verurteilten Neonazi Wiese solidarisch. Und beim (gescheiterten) Neonazi-Aufmarsch am 13. Februar in Dresden zeigten sich die Münchner Neonazis schließlich über alle bisher geltenden Abgrenzungen und Streitereien hinweg geeint: Die Aktivist_innen der „Kameradschaft München“ um Norman Bordin (Ottobrunn), Thomas Huber (Garching) und Karl-Heinz Statzberger (Unterschleißheim ) waren mit NPD- und BIA-Funktionären (z.B. Roland Wuttke und Christian Götz) sowie Angehörigen der Kameradschaften „Kraken München“, „M-Prolls-Crew“, „Jagdstaffel Süd“ (um Wieses ehemaligen Waffenlieferant Dominik Baumann) und „Kameradschaft München Süd-Ost“ (KMSO) gemeinsam unterwegs.


Der Abend in Erding

Am vergangenen Samstag Abend wollten sich die Münchner Neonazis unter äußerst konspirativen Umständen zu einem „Aufbruchtreffen“ versammeln. Von den S-Bahnhöfen Erding und Altenerding aus sollten dazu Shuttle-Busse die Mitglieder und Sympathisant_innen in die Sportgaststätte „Rot Weiß Klettham“ bringen. Den Saal der Sportgaststätte hatte vor einigen Tagen eine junge Frau telefonisch angemietet, wobei die Anruferin die Wirtsleute über ihre wahren Absichten im Unklaren gelassen hatte: Ihre Firma „Nordic Sportbekleidung“ möchte um Mitternacht bei einer Marketing-Veranstaltung den neuen Online-Auftritt des Unternehmens präsentieren, so ihre Behauptung gegenüber den Gaststättenbetreiber_innen.

Während gut 150 Polizeibeamt_innen an den S-Bahnhöfen  die ankommenden Neonazis einer Kontrolle unterzogen, Pfefferspray und Messer beschlagnahmten sowie drei „Gäste“ wegen illegaler SS-Tättowierungen vorläufig festnahmen, trafen die ersten von angeblich 100 erwarteten „Kamerad_innen“ im Saal der Gaststätte ein. Deren Auftreten und die nun tatsächlich präsentierte „Homepage“ des angeblichen „Unternehmens“ ließen bei den Verantwortlichen der Sportgaststätte die Alarmglocken schrillen: In vorbildlicher Weise zeigten die getäuschten Wirt_innen daraufhin Zivilcourage und untersagten die weitere Nutzung der Halle. Die ursprüngliche Mieterin war zu dieser Zeit eh‘ nicht zu sehen, alle Verhandlungen mit den Mitarbeiter_innen führten Martin Wiese und seine Lebensgefährtin Maria G. (Geisenhausen), die als „Geschäftsführerin“ auftrat.


Die Drohungen Martin Wieses

Martin Wiese versuchte noch, die Gaststättenpächter_innen einzuschüchtern, indem er ihnen mit zivilrechtlichen Konsequenzen drohte. Dazu reichte er ihnen schließlich sein Mobiltelefon weiter, mit dem er mit dem in der rechten Szene wirkenden Erlanger Rechtsanwalt Stefan B. telefoniert haben will.

Ohne Erfolg: Die von den Wirtsleuten informierten Polizeibeamt_innen tauchten an der Sportgaststätte auf, was einige der anwesenden Neonazis zur Flucht veranlasste. Die Veranstaltung wurde abgebrochen, bevor sie begonnen hatte und die reichlich frustrierten Neonazis fuhren vom „Aufbruchtreffen“ mit S-Bahnen und Bussen Richtung München und Freising zurück.


Die Bekleidungsmarke „NSB“

Der 'NSB-Bekleidungsbereich'.  Screenshot: a.i.d.a.
Der ‚NSB-Bekleidungsbereich‘. Screenshot: a.i.d.a.
Die angebliche „Bekleidungsmarke“ „Nordic Sport Bekleidung“ ähnelt dem von Martin Wiese schon während seiner Haftzeit in der JVA Bayreuth gestarteten Projekt „NSB“. Zusammen mit seinem früheren Helfer Korbinian W. hatte Wiese versucht, zukünftig mithilfe online vertriebener Klamotten Geld für die „Bewegung“ einzunehmen. Das Projekt mit schwarz-weiß-rot bedruckter Unterwäsche scheiterte schnell.

Seit seiner Entlassung im Herbst 2010 setzte Wieses Lebensgefährtin das Projekt „NSB“ fort: In einem aktuellen Grundsatzpapier heißt es:

„Der Bekleidungsbereich der NSB hebt sich durch seine soziale Firmenpolitik deutlich von sämtlichen Firmen in der Bundesrepublik ab. So unterliegt der Bekleidungsbereich keinen Kommerziellen Grundlagen und schließt persönliche Bereicherung, durch Erzielung von Gewinnen, im herkömmlichen Rahmen völlig aus. Der zu erzielende Gewinn wird unter die Kontrolle eines Nationalrates gestellt und auf ein Nationalkonto unter Aufsicht des Rechtsanwaltes Frank Miksch eingezahlt.“ (Fehler im Original)

Der erwähnte Frank Miksch ist ein bekannter, in der extremen Rechten wirkender Rechtsanwalt aus Fürth. Insbesondere für die Aktivist_innen des „Freien Netz Süd“ und ihre Aktionen setzt sich der Burschenschafter seit Jahren sowohl vor Gericht als auch mit eigenen Veranstaltungen ein. Angeblich habe man sich die „Markenrechte“ an der Bezeichnung „NSB“ gesichert, heißt es im „Bekleidungsbereich“. Einer aktuellen Auskunft des Deutschen Patent- und Markenamtes (München/Berlin) zufolge ist dies jedoch nicht zutreffend.

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