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„Kulturverfall und Umweltkrise“

 

Prof. Dr. Robert Spaemann

Preisträger 2009 der „Herbert-Gruhl-Gesellschaft“ ist der bekannte Philosoph Prof. Dr. Robert Spaemann (Stuttgart), der 1992 an der LMU München emeritiert wurde. Spaemann ist seit Jahren in der Grauzone zwischen Rechtskonservatismus und der deutschen extremen Rechten umtriebig. So besitzt er die Ehrendoktorwürde der Opus-Dei-Universität Navarra und unterzeichnete zum einen einen Solidaritätsaufruf für die extrem rechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“, zum anderen 2009 die Erklärung „Für Freiheit und Selbstbestimmung – gegen totalitäre Bestrebungen der Lesben- und Schwulenverbände“ im Konflikt um den 6. Internationalen Kongress für Psychiatrie und Seelsorge in Marburg mit homophoben Seminaren. Seit Jahren zählt Spaemann auch durch Publikationen und Interviews zum Kreis rechter Abtreibungsgegner („Seuche der Abtreibung“) in den deutschsprachigen Ländern. Schon als wissenschaftlicher Assistent an der Uni Münster nahm Spaemann an den Seminaren des „Collegium Philosophicum“ Joachim Ritters teil. Ritter, langjähriger Vorsitzender der „Ökologisch-Demokratischen Partei“ (ÖDP), war in mehreren LebensschützerInnenorganisationen aktiv, z. B. der „Aktion Lebensrecht für Alle“ (AlfA, Augsburg).

„Lebensschutz“

Das passt zum „Lebensschutz“-Ansatz der rechten Ökologen bei der „Herbert-Gruhl-Gesellschaft“. „Lebensschutz“ basiert bei ihnen auf der Grundlage, nicht nur die Umwelt sei bedroht, sondern das Leben an sich. „Leben“ meint einerseits das lebensphilosophisch geprägte „Gesunde Leben“, das Überleben an sich andererseits und gleichzeitig noch den „Schutz des ungeborenen Lebens“. In Herbert Gruhls Bestseller „Ein Planet wird geplündert“ (1975) ist der ökologische Kampf ums Dasein ein Kampf, bei dem sich die Stärkeren durchsetzen werden, ein Kampf von Völkern gegeneinander um Leben und Tod. „Lebensschutz“ dient so vor allem der deutschen Volksgemeinschaft. Und ist für AbtreibungsgegnerInnen ein völkischer Kampfbegriff gegen ein selbstbestimmtes Leben von Frauen einschließlich einer selbstbestimmten Sexualität. Bei der Herbert-Gruhl-Gesellschaft ist in diesem Sinne für Samstag Vormittag ein Referat des Frankfurter Kardiologen Rainer Klawki zum Thema „Ungeborenenschutz: Erfahrungen – Blockaden – Perspektiven“ vorgesehen.

„Kulturverfall“

Umweltzerstörung ist den Rechtsökologen zufolge Ausdruck einer verfehlten Geisteshaltung, eines zunehmenden Werteverfalls, dagegen werden ökonomische und politische Strukturen konsequent ausgeblendet. In diesem Sinne will der Vorsitzende der „Herbert Gruhl-Gesellschaft“, Volker Kempf aus dem badischen Breisach, am Freitag Abend auch mit dem Referat „Kulturverfall und Umweltkrise“ das Treffen einleiten. Volker Kempf publiziert in den rechten Verlagen Ares und Gerhard-Hess-Verlag. Wie Oliver Geden in seinem Standardwerk „Rechte Ökologie“ analysierte,  ist die von Rechtsaußen beklagte „Abkehr von der Natur“ im geistigen Zusammenhang immer mit einer angeblichen Entfremdung von „Volk“ und „Heimat“ verknüpft.  Bei Herbert Gruhl läuft das auf die Forderung nach einer völlig antidemokratischen Politik in einer unvermeidbaren Ökodiktatur hinaus. In seinem Buch „Ein Planet wird geplündert“ schrieb Gruhl, der 1991 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekam, einem „in absehbarer Zeit eintretenden Weltnotstand“ sei „nur durch Einführung diktatorischer Vollmachten auch in den parlamentarisch regierten Ländern“ zu begegnen.“

„Mitweltethik“

Wo Biologie als Schicksal gesehen wird, gehen die rechten ökologischen Konzepte oft mit recht esoterischem Quatsch einher. So auch beim Jahrestreffen der „Herbert-Gruhl-Gesellschaft“ in Marktheidenfeld. Der Biedesheimer Tierheimbetreiber Peter Arras (Referatsthema: „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“. Über die psychischen Ursachen des paradoxen Verhältnisses der Menschen zu ihren Mitlebewesen“) wird als Vertreter eines „Institut für Mitweltethik und ethologische Psychologie“ angekündigt. Bei der im braun-grünen Feld häufig anzutreffenden und in unterschiedlichsten Formen daherkommenden „Öko-Spiritualität“ ist der Ausgangspunkt eine harmonische Identität von menschlichem Bewußtsein und dem ewig- und überall geltenden Naturgesetz. Da das Naturgesetz als unveränderbar gesehen wird, muss – angesichts gesellschaftlicher Probleme – dieser Sichtweise nach Veränderung auf der Ebene des Bewußtseins erfolgen. Umweltzerstörung wird als Ausdruck einer gestörten „inneren Ökologie“ des Menschen gesehen. Auch Herbert Gruhl verteidigte so seine antiemanzipatorischen und antihumanistischen Thesen, wenn er das „Sich-Einfügen“ in eine „naturgegebene Ganzheit“ propagierte: „Der Schwan ist weiß, ohne dass ihn jemand künstlich reinigt. Der Rabe ist schwarz, ohne dass ihn jemand ‚angeschwärzt‘ hat. Hell und Dunkel, Weiß und Schwarz, alles ist von selbst an seinem natürlichen Platz. Das ist gut. All dieses Streben der Menschen nach Gutem Ruf und organisierter Gerechtigkeit ist hoffnungslos“.

Jahrestagung der „Herbert-Gruhl-Gesellschaft e.V.“ 2009: 25. bis 26. September 2009, Hotel „zur schönen Aussicht“, Brückenstr.8, 97828 Marktheidenfeld.

Literatur:

Geden, Oliver (1996) Rechte Ökologie. Umweltschutz zwischen Emanzipation und Faschismus. Berlin: Elefanten Press (ISBN 3-88520-576-9)

Ditfurth, Jutta (1994) Feuer in die Herzen. Düsseldorf und Wien: ECON (ISBN 3-612-26157-6)

 

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