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Verurteilter Wahlbetrüger bleibt im Amt

Cham. Wegen zweifacher Urkundenfälschung und Wahlfälschung hat das Amtsgericht Cham am Dienstag den 9. Dezember 2008 den rechtsextremen Kreisrat Erich Schwarzfischer zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Schwarzfischer hatte zur Kreistagswahl im März eine Wahlliste der Republikaner (REP) aufgestellt und war auf dieser Liste in den Kreistag des bayerischen Landkreises Cham gewählt worden, obwohl er schon seit 2005 nicht mehr Mitglied der Partei war. Trotz des Wahlbetruges bleibt Schwarzfischer wohl Mitglied des Kommunalparlaments; eine Wiederholung der Wahl ist zur Zeit nicht in Sicht.

Schon vor drei Jahren hatte Schwarzfischer bei der Bundestagswahl für die NPD kandidiert. Im Anschluss hatten die REP bereits ein Ausschlussverfahren gegen den Abtrünnigen eingeleitet, dem er jedoch durch seinen Austritt zuvorkam. Sein damaliges Kreistagsmandat, das er für die REP erzielt hatte, behielt der nun parteilose Rechtsextremist. Doch mit dem Ausscheiden aus der Partei nahm er es offenbar nicht so genau, denn als es im März 2008 um die Wiederwahl in den Kreistag ging, stand Schwarzfischer erneut an der Spitze einer REP-Liste.

Auf eigene Faust hatte der Landwirt (Jahrhang 1952) eine vorgebliche REP-Wahlversammlung zusammengerufen und sich an der Spitze einer Wahlliste aufstellen lassen. Erst durch den Anruf eines Parteimitgliedes hatte der bayerische REP-Landesvorsitzende Johannes Gärtner von der eigenwilligen Kandidatur erfahren und Anzeige erstattet. Im September dieses Jahres trat Schwarzfischer erneut als Kandidat für die NPD auf, diesmal zur Landtagswahl.

Die bereits geladenen Zeugen mussten in der Verhandlung nicht mehr aussagen, denn Kreisrat Schwarzfischer war geständig, nachdem er zuvor noch behauptet hatte, er sei REP-Mitglied. Gründe für seine Wahlfälschung wollte er nicht nennen, sprach jedoch von „falschen Freunden“. Als Drahtzieher hinter den Gesetzesverstößen sah auch der eigens zum Prozess angereiste REP-Landesvorsitzende Gärtner die Oberpfälzer NPD. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, doch angesichts des Geständnisses dürfte eine weitere Instanz unwahrscheinlich sein.

Nachdem bereits in der zum Landkreis Cham gehörenden Stadt Roding wegen eines anderen Wahlbetruges die Kommunalwahl wiederholt werden musste, hatte im Sommer auch noch eine Wahlwiederholung im gesamten Landkreis wegen der Schwarzfischer-Wählertäuschung im Raum gestanden, doch die Bezirksregierung der Oberpfalz entschied gegen eine erneute Kreistagswahl. Bei der REP-Kandidatur hatte die Bezirksregierung in Regensburg keinen Wahlrechtsverstoß erkennen wollen, denn nach ihrer Auffassung könne „die innerparteiliche Frage der Mitgliedschaft eines Kreistagsmitglieds bei den Republikanern offen bleiben“.

Diese Frage ist nun allerdings durch Geständnis und Urteil geklärt: Schwarzfischer war zum Zeitpunkt der Listenaufstellung und der Kommunalwahl kein REP-Mitglied. Damit stellt sich erneut die Frage nach einer Wiederholung der Kreistagswahl, doch wieder blockt die regionale Politik ab und will die Bevölkerung des Landkreises zumindest vorerst nicht noch einmal zur Kreistagswahl rufen – die Einwohner von Roding müssten gar zum drittenmal in Sachen Kommunalwahl 2008 an die Urnen. An den Fakten habe sich nichts geändert, heißt es.

Tatsächlich hat sich nichts daran geändert, dass ein Kandidat mittels Wahlfälschung in ein Kommunalparlament gewählt wurde. Geändert hat sich nun allerdings, dass der gewählte Kreisrat seine Wahlfälschung eingestanden hat und dafür verurteilt wurde – offenbar kein besonderer Anlass für die Behörden, sowohl den betrogenen Wählern wie auch den benachteiligten anderen Kommunalpolitikern eine neue Wahl unter regulären Bedingungen zu gönnen.

Während Schwarzfischer und seine „falschen Freunde“ weiterhin den Vorteil des Mandates genießen, wollte der bayerische REP-Chef wenigstens wissen, unter welcher Flagge der Wahlbetrüger im Kreistag denn nun eigentlich geführt wird. Wird er etwa immer noch als REP-Mann bezeichnet, oder kommt nun – per Umettiketierung – gar die NPD plötzlich zu einem Kreistagssitz? Weder noch, hieß es aus dem Landratsamt. Der gewählte Wahlfälscher wird von der Behörde nun als „unabhängiger Kreisrat“ behandelt.

 

[Dieser Artikel erschien zunächst bei redok.de. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung.]

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