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Rechtsextreme ehren Münchner Verleger

Suhl. Ungestört von Protesten und bewacht von der Polizei konnte am Wochenende die rechtsextreme "Gesellschaft für Publizistik" (GfP) in einem Hotel im thüringischen Suhl ihre Jahrestagung abhalten. Mit einer Auszeichnung der GfP, die in den letzten Jahren deutlich in die Nähe der NPD gerückt ist, wurde der Münchner Verleger Herbert Fleissner bedacht, dem die bekannte deutsche Verlagsgruppe Langen Müller Herbig gehört.

 Bis zum letzten Augenblick konnten die Veranstalter den Tagungsort der Organisation geheim halten, die vom Bundes-Verfassungsschutz als "größte rechtsextremistische Kulturvereinigung" bezeichnet wird. Nachdem sich die GfP einige Jahre lang in Nordbayern versammelt hatte, war nun ein Drei-Sterne-Hotel im thüringischen Suhl gebucht worden – allerdings nicht von der Organisation selbst. "Der Vertragsabschluss lief über eine Agentur. Da wurden wir arglistig getäuscht, sonst hätte sowas bei uns nicht stattgefunden“, beteuerte der Chef des Ringberghotels gegenüber dem Regionalblatt "Freies Wort".

Erst Anfang vergangener Woche habe er bemerkt, mit wem er es bei dieser Tagung zu tun habe, doch da sei es schon zu spät gewesen, so Hotelchef Wolfgang F. Kanig. Verschiedene Varianten seien erwogen worden, um die unliebsamen Gäste außer Hauses zu halten, bis hin zu "einer vorgetäuschten Havarie". Doch es habe keine Möglichkeit gegeben, aus dem Vertrag wieder herauszukommen.

Aus Furcht vor Protesten bat der Hotelmanager die Stadt, das Rechtsaußen-Treffen geheim zu halten. Auch Polizei und "andere staatliche Organe" hätten zur Schweige-Strategie geraten, und die Lokalpolitiker zogen mit: vom parteilosen Oberbürgermeister Jens Triebel bis zum Bürgermeister Klaus Lamprecht (Die Linke) blieb die Suhler Stadtspitze verschwiegen. Zumindest Lamprecht sah das Stillschweigen im Nachhinein kritisch; Hotelchef Kanig will nun die Geschäftsbedingungen ändern, damit "wir derartigen Gästen die Anmietung unserer Räume künftig verwehren können".

Das Hotel wurde indes nicht nur von den etwa 250 GfP-Teilnehmern bezogen, auch Polizei und Staatsschutz nahmen Posten auf dem 750 Meter hohen Ringberg im Thüringer Wald. Dermaßen abgeschirmt vor Störungen einer demokratischen Öffentlichkeit konnten die Tagungsteilnehmer vor Zumutungen wie etwa vor zwei Jahren sicher sein, als in Bayreuth 300 Demonstranten gegen den GfP-Kongress protestierten. Gerade drei "amtsbekannte Personen aus dem linken Spektrum" seien jetzt am Freitag Nachmittag erschienen, die mit einer Kamera das Geschehen dokumentieren wollten, berichtete die Polizei; die drei seien vom Hotelchef des Hauses verwiesen worden.

So konnte sich die GfP in Ruhe dem Thema des Jahreskongresses widmen: "1968 – vierzig Jahre Volkszerstörung". Die "geistigen Grundlagen des deutschen Nationalstaats" hätten "die 68er" erschüttert, dabei führende Stellungen "in Politik, Justiz, Medien, Kirchen, Erziehungswesen und Kultur" erobert und dabei "volkzerstörende Wirkung entfaltet", so die Klage in einer "Entschließung" des Jahreskongresses.

Als Klage-Redner in diesem Sinne waren in diesem Jahr nicht nur Namen gebucht, die seit Jahren bei der GfP für die rechte Stimmungsmache sorgen wie etwa Rolf Kosiek, ehemals NPD-Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg und führender Kopf beim rechtsextremen Grabert-Verlag, oder der Verleger Dr. Gert Sudholt (Verlagsgesellschaft Berg), der mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt wurde. Als weiterer Referent stand Jürgen Schwab bei der GfP auf dem Programm, der vor wenigen Jahren noch als ideologischer Kopf und Ideengeber der NPD im nationalrevolutionären Sinne galt und nach seinem Parteiaustritt vor allem die neonazistische Kameradschafts-Szene mit intellektuell wirkenden Pamphleten versorgt.

Darüber hinaus war auch der Kölner NPD-Mann Benedikt Frings angekündigt, der vor gut einem Jahr durch seine Reise zur Holocaustleugner-Konferenz in Teheran aufgefallen war. Über eine angeblich von "den 68ern" verursachte "Bildungskatastrophe" sollte schließlich Bernhard Schaub referieren: der Schweizer gehört seit Jahren zu den führenden Holocaust-Leugnern im deutschsprachigen Raum und ist Vorsitzender des "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten" (VRBHV), dessen Verbot durch das Bundesinnenministerium bevorstehen soll.

Ausgezeichneter Verleger

Fester Bestandteil der GfP-Kongresse ist die Verleihung einer "Ulrich von Hutten-Medaille" an Personen, die sich in ihrem Sinne um die rechte Sache verdient gemacht haben. Zu den vergangenen Preisträgern zählen etwa der NS-Bildhauer Arno Breker, Wilfred von Oven (ehemals Pressereferent des Reichspropaganda-Ministers Josef Goebbels) oder der Holocaust-Leugner Udo Walendy. Im letzten Jahr wurde der SS-Offizier Erich Priebke ausgezeichnet, der wegen seiner Beteiligung an Geisel-Erschießungen in Italien als Kriegsverbrecher zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, die mittlerweile zu Hausarrest abgemildert wurde. Priebke war mit der GfP-Tagung im vergangenen Jahr per Live-Schaltung verbunden.

Am vergangenen Wochenende ehrte die GfP allerdings keinen Kriegsverbrecher oder NS-Funktionär, sondern mit Herbert Fleissner einen der erfolgreichsten Verleger der vergangenen Jahrzehnte. Der Münchner hat seine Verlagsgruppe Langen Müller Herbig in die Top 50 der deutschen Verlage führen können. Das schaffte CSU-Mitglied Fleissner mit populären Autoren wie etwa Ephraim Kishon. Daneben verlegte Fleissner aber auch reihenweise Literatur von ganz rechtsaußen: der Holocaustleugner David Irving war bei ihm ebenso im Programm wie der belgische SS-Standartenführer Léon Degrelle oder der Goebbels-Referent von Oven.

Bereits 2004 hatte Fleissner, der sich kurz zuvor vom Verlagsbetrieb zurückgezogen und die Geschäftsleitung seiner Tochter übergeben hatte, den "Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreis für Publizistik" der neurechten Wochenzeitung Junge Freiheit erhalten, doch zu Gruppierungen der extremen Rechten wie der GfP hatte der Münchner Verleger bislang Distanz gehalten. Immerhin hat der Verfassungsschutz der ursprünglich innerhalb der extremen Rechten Strömungs-übergreifenden GfP attestiert, sie habe einen "Kurs der Annäherung an die NPD" eingeschlagen. Die Laudatio für den frischgebackenen GfP-Medaillenträger sollte am Sonntag morgen seinem Verleger-Kollegen Sudholt vorbehalten sein, gefolgt von Medaillenverleihung und Dankrede des Preisträgers. Den Abschluss bildete ein "Festvortrag" des GfP-Vorsitzenden und NPD-Funktionärs Andreas Molau, der sich mittlerweile auch als möglicher kommender NPD-Vorsitzender ins Gespräch gebracht hat.

Ob solche Nähe des Altverlegers zur extremen Rechten der Münchner Verlagsgruppe zuträglich ist, bleibt abzuwarten. Sicher scheint jedoch, dass die GfP vom neuen Preisträger profitieren und ihr Renommee aufbessern will.

[Der Artikel erschien erstmals am 14.4.08 auf redok.de . Die Veröffentlichung auf aida-archiv.de erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors]

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