Fichtenau. Einen neuen Job hat der bis vor kurzem als Honorarprofessor an der Uni Leipzig lehrende Michael Vogt gefunden. Beim Internet-Fernsehkanal „secret.tv“ des antisemitischen Verschwörungsautors Jan van Helsing tritt Vogt seinen Dienst als Moderator und Interviewer an und übernimmt „die politische Sektion des Senders“. Wegen seiner Rechtsaußen-Aktivitäten war er von seiner Lehrtätigkeit entbunden worden.
Schon im Sommer war Vogt bei secret.tv im Studio erschienen, damals freilich noch als Interview-Gast von Jo Conrad, einem in der antisemitisch durchfärbten Verschwörungs-Szene bekannten Autor. Conrad begrüßte den Noch-Honorarprofessor als „Kollegen“ und gab Vogt die Stichwörter, um sich über seinen NS-apologetischen Film „Geheimakte Heß“ verbreiten zu können.
Ende September hatte redok über die Teilnahme Vogts an dem „Rechtsaußen-Gipfel“ in Straßburg berichtet. Vogts Aktivitäten führten Anfang November zu einer Debatte an der Universität Leipzig; Vogt ließ zunächst seine Lehrtätigkeit ruhen und wurde Ende November vor die Tür gesetzt.
Zu dem Zeitpunkt hatte Vogt sich noch blumig von rechtem Gedankengut distanziert und sich in einer Erklärung und Interviews etwa als „nonkonformen Querdenker“ bezeichnet, der gewissermaßen zwangsläufig auch Fakten dokumentiere, die „verschiedenen Interessensgruppen zuwiderlaufen“. „Rassistisches, antisemitisches oder nazistisches Gedankengut“ lehne er prinzipiell ab und distanziere sich davon, ließ Vogt verlauten.
Allerdings war er zu dieser Zeit bereits fest als Mitarbeiter beim Internet-Fernsehkanal secret.tv des „Jan van Helsing“, im bürgerlichen Leben Jan Udo Holey, gebucht. Bekannt wurde Holey/Helsing vor allem durch seine zwei Bücher „Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20. Jahrhundert“, die in Deutschland indiziert und wegen Volksverhetzung zunächst beschlagnahmt wurden. Der Beschlagnahmebeschluss ist mittlerweile aufgehoben, die Verbreitung des Werkes wie auch des Inhaltes jedoch weiterhin strafbar. In den Druckwerken „ließen sich nahezu alle Muster der sogenannten jüdischen Weltverschwörung nachweisen“, so der Historiker Stefan Meining. Holey/Helsing berief sich dabei unter anderem auf die berüchtigten Fälschungen „Protokolle der Weisen von Zion“.
Vor einem Jahr startete Holey/Helsing seinen Internet-Kanal secret.tv, über den sich rechtsesoterische Verschwörungs-Gläubige per Abonnement oder im Einzelkauf mit einschlägiger Video-Kost versorgen können. Dazu gehören marktüblicher Wunderheilungs-Kram („Meine Milz ist nachgewachsen“), die „Germanische Neue Medizin“ des antisemitischen Quacksalbers Ryke Geerd Hamer oder auch die „Rolle Luzifers“ für „Templer und Freimaurer“.
Während Vogt noch in Leipzig den „Wissenschaftler und Historiker“ gab, der nicht politisch motiviert sei und „auch in Zukunft nur der Wahrheit verpflichtet“ sein werde, wurde er bei secret.tv schon als neuer Moderator „zusätzlich zu Jo Conrad“ angekündigt, der „in Zukunft die politische Sektion des Senders“ übernehme. Wenige Tage später – während in Leipzig noch über Vogts künftige Rolle an der Universität debattiert wurde – ließ secret.tv schnell die „politische Sektion“ verschwinden, die wohl Vogts Erklärungen zu deutlich widersprochen hätten, und präsentierte ihn nun als Gastgeber einer monatlichen Talkshow-Sendung unter dem Titel „Gegen den Strom“. Auf dem Werbe-Banner für diese Sendung schaut Vogt aus geheimnisvollem Halbdunkel in die Kamera.
Einen Tag bevor er seine Unschulds-Erklärung in Leipzig abgab, hatte Vogt am 8. November im nagelneuen secret.tv-Studio in Fichtenau (Landkreis Schwäbisch Hall, Baden-Württemberg) als erste Gäste die Autoren Wolfram Baentsch und Andreas von Bülow befragt. Baentsch vertritt in einem Buch die These, der frühere schleswig-holsteinische Ministerpräsident Uwe Barschel habe nicht etwa Selbstmord begangen, sondern sei ermordet worden; die Hintermänner des Mordes stammten von der CIA und vom israelischen Geheimdienst Mossad. Da passt es hervorragend, dass eine Hörbuch-CD zum Baentsch-Buch von Michael Vogt produziert wurde und – wie schon dessen Heß-DVD – bei der einschlägig bekannten Firma „Polar Film“ erschien.
Von Bülow ist ein bekannter Vertreter der „Konspirologen“, die die Anschläge gegen die USA am 11. September 2001 als Inszenierung von Regierungen und Geheimdiensten der USA und Israels darstellen. Diese 9/11-Verschwörungstheorie nimmt in der Rubrik „Hintergrundpolitik“ breiten Raum bei secret.tv ein, wo auch die deutsche Fassung des amerikanischen Films „Loose Change“ von Dylan Avery als Online-Angebot verkauft wird. Produziert wurde diese deutsche Fassung von niemand anderem als Michael Vogt, ebenso wie eine Hörbuch-CD mit Andreas von Bülow über „Die CIA und die Kriege der USA“; beide erschienen selbstredend bei „Polar Film“.
Mit diesem neuen Arbeitsfeld dürfte Vogt, der sich gegenüber der neurechten Jungen Freiheit als Verbreiter „volkspädagogisch unerwünschter Wahrheiten“ stilisierte, nach dem Aus als Lehrkraft in Leipzig durchaus ausgelastet sein. Seine Beteuerungen wissenschaftlicher Arbeitsweise und seriöser Verpflichtung auf die „Wahrheit“ dürften jedoch mit dem Engagement beim „rechtsextremistischen Esoteriker“ (so das Bundesamt für Verfassungsschutz in seinem Jahresbericht 2004) Holey/Helsing endgültig diskreditiert sein.
[Der Artikel erschien erstmals am 30.12.07 auf redok.de. Die Veröffentlichung auf aida-archiv.de erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors]