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OSS: „Ausländerfeindlich“ oder „ausländerkritisch“?

Am 13. und 14. Juli 2016 beschäftigte sich der Staatsschutzsenat des Oberlandesgericht München im Prozess gegen die „Oldschool Society“ (OSS) mit der Vernehmung des Umfelds von Denise Vanessa G. und ihres Lebensgefährten und Mitangeklagten Markus W. und einer BKA-Beamtin, die die Facebook-Auftritte der Gruppe auswertete. Der Richter bemühte sich um Klärung, ob man sich bei der „Oldschool Society“ nun „ausländerfeindlich“ oder „ausländerkritisch“ äußerte.

G.s Bruder machte von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch: „Eigentlich möchte ich nichts sagen, weil ich auch nichts weiß.“ Ob das stimmt, wird sich noch herausstellen, da er wohl bei der Polizei Angaben gemacht hat. G.s Verteidiger Alexander Hübner fragte, ob die damalige Aussage des 28-Jährigen verwertet werden dürfe. Er erklärte sich einverstanden.

Angaben machen wollte Frau Sch. als ehemalige Nachbarin aus dem selben Haus in dem auch G. zuletzt wohnte. Sie erschien mit Rechtsbeistand. Sch. und G. verband offenbar ein freundschaftliches Verhältnis. Sie trafen sich Abends zum gemeinsamen Fernsehen und aßen zusammen, Sch. sorgte sich um G. und versuchte zu unterstützen. Heute leben die Katzen – eine heißt „Goebbels“ – und das Kind der G. bei ihr und ihrem Mann. Über Politisches hätten sie sich kaum unterhalten. Die Zeugin interessiere sich dafür nicht. Für die Zeit des Nationalsozialismus sei G. „Feuer und Flamme“ gewesen, wie damals solle es ihrer Meinung nach wieder werden. Außerdem sei sie „ausländerkritisch“. Auf Vorhalt des Gerichts wurde ein Beispiel angeführt. Während des Einzuges amüsierten sich die Angeklagte und ihr damaliger Freund über den Weidezaun neben dem Haus: Da könne man einen „Neger“ dran baumeln und „schön brutzeln“ lassen. Wer die Aussage traf, konnte die Zeugin allerdings nicht mehr benennen. Während einer Geburtstagsfeier mit W. und einem weiteren Paar wurde, sagt Sch., eine „Reichsflagge“ vor das Haus gehängt und Rechtsrock gehört. Die OSS sei für sie nur eine Gruppe gewesen, um sich auszutauschen mit „Gleichgesinnten“ und „Kameraden“. Ihrer Wahrnehmung nach hätte G. die Fähigkeit, Menschen zu manipulieren, Anschläge traue sie ihr insofern zu als dass sie sich „nicht selber die Hände schmutzig machen würde, sondern dass sie im Hintergrund agieren, die Fäden in der Hand hält und organisatorisch beteiligt wäre.“ Bei der polizeilichen Vernehmung sagte sie, sie traue ihrer ehemalige Nachbarin auch zu, „radikal und gewaltbereit“ zu sein. Heute beschwichtigt sie: „Ja, verbal. Mit dem Mund.“ Legida und Pegida waren bei ihr, wie auch beim „Präsidenten“ der OSS ein Thema.

Die BKA-Mitarbeiterin G. wurde zu ihrer Auswertung der Facebook-Auftritte der Gruppe und der einzelnen Mitglieder befragt. Sie und das Gericht versuchten „ausländerfeindliche“ und „ausländerkritische“ Beiträge zu unterscheiden. Man habe sich auf Facebook „vorwiegend kritisch“ mit Asylbewerbern, Geflüchteten und der Politik auseinandergesetzt. Kritisch sei, „dass man sie als nicht hinnehmbar darstellte“. Auch eine „Lösung“ sei präsentiert worden: Abschiebung von „Ausländern“, die sich nicht erwartungsgemäß verhielten.

Markus D. wurde vernommen, da er den Angeklagten W. als Subunternehmer im Veranstaltungs- und Security-Bereich für sich arbeiten ließ und daher intensiven Kontakt mit ihm hatte. Der 44jährige grüßte den Angeklagten beim Reinkommen. Er kenne ihn nun schon seit 2013, habe sich aber für sein Privatleben wie bei anderen Kollegen nicht interessiert. Trotzdem hätten sie Hobbys geteilt. Von der OSS habe er zuerst erfahren, als einer der Mitarbeiter W.s, einen Handschuh mit der entsprechenden Aufschrift trug. Auch ihn fragte das Gericht: „Haben sie wahrgenommen, dass er prinzipiell ausländerfeindlich ist oder ob es sich darum dreht, wie die sich hier benehmen?“ Der Zeuge antwortet, dass es W. nur darum ging, wie „die sich hier benehmen“. Ende 2013 bis März 2014 arbeitete W. mit fünf bis sechs Mitarbeitern als Sicherheitsdienst in einer Asylsuchendenunterkunft in Leipzig. D. gab den Auftrag. Auf Nachfrage sagte er, dass es einen solchen Auftrag für die Unterkunft in Borna, ein mutmaßliches Anschlagsziel der Gruppe, nicht gab. Nachdem er entlassen wurde, verabschiedet er sich von W. per Handzeichen, dieser wünscht eine „schöne Reise“.

Als zweite Zeugin aus W.s Umfeld wurde die 29-jährige Fachinformatikerin D. befragt. Sie wohnt in der selben Straße wie Wilms bis zur Festnahme. Gleich nachdem sie sich im November 2013 zum ersten Mal getroffen haben, seien sie ein Paar geworden, hätten sich aber bald wieder getrennt und eine Freundschaft gepflegt. Die 29jährige hat nach der Festnahme W.s Hund aufgenommen und sein Unternehmen abgewickelt. Heute pflegt sie ein gutes Verhältnis zur Mutter des Angeklagten. Zu seiner Einstellung und der OSS habe sie sich mit W. nicht unterhalten. Sie selbst sei Patriotin, liebe dieses Land und habe nichts gegen Ausländer. Wie diese Aussage zum behaupteten Nichtinteresse für die OSS passe, konnte sie nicht erklären. W.s SS-Tätowierung im Nacken sei „jugendlicher Leichtsinn“ gewesen. Die habe er entfernen lassen wollen, doch die Festnahme sei zuvor gekommen. Die OSS habe sie wahrgenommen als Hilfsverein für Kindergärten, Schulen und sozial Schwache. Andreas H., den „Präsidenten“ der Gruppe, habe sie vor dem ersten Gruppentreffen in der Kleingartenanlage, bei dem sie nicht teilnahm, kennen gelernt. Auch mit ihm habe sie sich nicht über die OSS unterhalten. Allerdings musste sie einräumen, dass er erfolglos versuchte, sie anzuwerben. Sie sei mit anderweitig beschäftigt gewesen. Zusammen mit weiteren Personen aus dem OSS-Umfeld habe sie nach den Festnahmen eine WhatsApp-Gruppe gegründet, um die Inhaftierten zu unterstützen.

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