Friedrich Ani lässt in seinem neuesten Roman seinen bekannten Privatdetektiv Tabor Süden tief im braunen Sumpf stochern. Ani entwickelt eine spannende Geschichte, die der/die Leser_in am Liebsten an einem Stück lesen möchte. Durch die Verschachtelung der Zeitstränge und die nicht unbedingt linear verlaufende Handlung wird das Spannungselement durchgehend sehr hoch gehalten.
Eine Redakteurin einer Münchner Zeitung erteilt der Detektei Liebergesell, bei der Süden angestellt ist, den Auftrag, ihren vermissten Freund zu suchen. Die Anzeichen, dass der Vermisste Verbindungen in die rechte Szene hat, verdichten sich, werden von der Auftraggeberin aber vehement verneint. Aus gutem Grund…
Was als Krimi in der Fiktion spielt, hat einen sehr realen Hintergrund. Nicht erst seit den Morden des NSU sollte bekannt sein, wie gewaltbereit und skrupellos in der rechten Szene vorgegangen wird und wie merkwürdig manchmal die Ermittlungsmethoden von Polizei und Verfassungsschutz sind. Wäre dieser Roman so vor einigen Jahren erschienen, hätte wohl jede_r Leser_in gedacht, der Autor habe sich eine nette Story ausgedacht, alles sei aber etwas weit hergeholt. Insbesondere die Konkurrenz und die gegenseitige Arbeitsbehinderung von Verfassungsschutz und Landeskriminalamt wäre wohl in das Reich der Phantasie verwiesen worden, wäre die Gesellschaft nicht mittlerweile durch die diversen Untersuchungsausschüsse und den momentan stattfindenden NSU-Prozess eines Besseren belehrt worden.
Wunderbar herausgearbeitet werden die Verbindungen der alten Nazis zu jungen, gewaltbereiten Neonazis, und es wird auch ein kurzer Blick ins Milieu rechtsextremer Burschenschaften geworfen. Ganz besonders gelungen ist die Charakterisierung der Auftraggeberin als unauffällig lebende, in viele soziale Netzwerke eingebundene Aktivistin, die ihre Weltanschauung lieber versteckt und in sozialem Engagement ihre Werte dann doch heimlich salonfähig macht.
Ani hat sich offensichtlich sehr genau über die rechte Szene kundig gemacht. An vielen Stellen des Buches drängen sich dem/der in der Szene kundigen Leser_in Parallelen zu real existierenden Personen und Organisationen auf, ohne explizit genannt zu werden. Was uns natürlich ganz besonders freut ist, wie Tabor Süden sich Gedanken über den Unterschied im Umgang mit Neonazis und nachweislich freiheitlich-demokratischen Organisationen macht, die beim Bayerischen Verfassungsschutz als „linksextrem“ und nicht förderungswürdig galten. Aber, wie gesagt: Ein Krimi ist Fiktion. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder existierenden Organisationen sind rein zufällig…
Friedrich Ani, M, Ein Tabor-Süden-Roman. Droemer Verlag, München 2013. 368 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-426-19953-4