Zusammen mit bekannten ultrarechten Organisationen wie der „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“ ehemaliger Wehrmachts- und Waffen-SS-Angehöriger und der völkischen „Burschenschaft Danubia“ gestalteten Bundeswehr und Bundespolizei die Veranstaltung zum Volkstrauertag im Münchner Hofgarten. Im Publikum anwesend: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.
Bei einer vom „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ mitinitiierten Veranstaltung zum Volkstrauertag kam es am Sonntag, 13. November 2011, im Hofgarten an der Staatskanzlei zu einer bemerkenswerten Allianz: Bundespolizeidirektion und Bundeswehr gestalteten den Trauerzug und die Kranzniederlegung gemeinsam mit ultrarechten Gruppen wie der „Burschenschaft Danubia“ oder der „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“ (OdR).
In den Stunden vor der Gedenkfeier war der Ablauf von den Staatsorganen gemeinsam mit den Aktivisten der rechten Gruppen besprochen und eingeübt worden. Sympathisant_innen der beteiligten Ultrarechten hatten zudem im Vorfeld Eintrittskarten für die Veranstaltung ausgehändigt bekommen. Im Publikum, das diesem Aufzug beiwohnte, befand sich auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann.
„Traditionsgemeinschaft“
Die „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“ besteht unter diesem Namen seit 1955, davor gab es die „Gemeinschaft der Ritterkreuzträger“. Der Name bezieht sich auf die nationalsozialistische Tapferkeitsauszeichnung: Infolge des Polenfeldzugs verlieh Adolf Hitler persönlich über 7000 „Ritterkreuz“-Auszeichnungen zum „Eisernen Kreuz“. 438 dieser militärischen Orden erhielten Mitglieder der SS und Waffen-SS, z. B. der Kriegsverbrecher und SS-Obergruppenführer Josef „Sepp“ Dietrich. Konnten zunächst nur Träger eines „Ritterkreuzes“ oder des sogenannten „Militärverdienstkreuzes“ Mitglied der OdR werden, nimmt die Organisation heute auch Sympathisant_innen auf. Joachim Philipp aus Unterschleißheim ist stellvertetender Vorsitzender der OdR.
Die militaristische „Ordensgemeinschaft“ spricht das nationalsozialistische Deutschland von der Schuld am Zweiten Weltkrieg frei. Im Juni 1993 hieß es in der organisationsinternen Zeitschrift „Ritterkreuz“: „Das Beharren bundesdeutscher Lehrstuhlinhaber und verbeamteter Historiker auf der Legende am deutschen Überfall auf die Sowjetunion weitet sich zum peinlichsten Desaster der Nachkriegsgeschichte aus“. Auf ihrer Jubiläumsveranstaltung im Jahr 2004 traten Reinhard Günzel, Dauerreferent der rechten Szene, sowie der Geschichtsrevisionist Gerd Schultze-Rhonhof auf, der in seinem Buch „Der Krieg, der viele Väter hatte“ ebenfalls die deutsche Kriegsschuld relativiert. Mitglieder der OdR standen in der Vergangenheit mit der extremen Rechten in Verbindung, z. B. über das Düsseldorfer Mitglied Hajo Herrmann, Multiaktivist in der deutschen Neonaziszene, oder bei der jährlichen SS-apologetischen Gedenkfeier auf dem Kärntner Ullrichsberg.
Schwarz-weiß-rot
1999 erließ Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping ein Kontaktverbot für Soldat_innen der Bundeswehr gegenüber der OdR, da diese von Leuten geführt werde, „die sehr nahe am Rechtsradikalismus sind, zum Teil direkt drin“. Für Beerdigungen und Kranzniederlegungen werden heute teilweise wieder Ausnahmeregelungen getroffen, z. B. dergestalt, dass Kränze der OdR von Bundeswehrsoldat_innen statt von den OdR-Delegierten niedergelegt werden. Im Hofgarten trugen Bundeswehrsoldaten den Kranz der OdR, der mit einer Kranzschlaufe (Aufschrift: „Traditionsgemeinschaft des Eisernen Kreuzes – Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“) in schwarz-weiß-rot, den Farben von Kaiserreich und Nationalsozialismus sowie einem „Eisernen Kreuz“ dekoriert war. Nur einen Meter dahinter folgten die beiden Delegierten der „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“ ihrem Kranz.
„Heldengedenken“
Aber die OdR war nicht die einzige ultrarechte Organisation, die unter den Augen von Innenminister Herrmann am Sonntag Vormittag im Hofgarten vertreten war. Im offiziellen Trauerzug der Veranstaltenden und unter den in Formation Angetretenen befanden sich auch Mitglieder des „Kameradenkreis der Gebirgstruppe“ sowie Vertreter Münchner Burschenschaften, darunter „Chargen“ (in Phantasieuniformen gekleidete Funktionäre) der bis ins neonazistische Spektrum hinein verwobenen „Burschenschaft Danubia“. Die Münchner Burschenschaft „Cimbria“ hatte die Volkstrauertagsveranstaltung gar unter der aus dem Nationalsozialismus stammenden Bezeichnung „Heldengedenken“ in ihrem Semesterprogramm eingetragen.
„Kameradenkreis“
Beim „Kameradenkreis der Gebirgstruppe“ handelt es sich um eine Organisation, in der sich sowohl ehemalige Mitglieder von Gebirgsjägereinheiten der NS-Wehrmacht und der Waffen-SS als auch ehemalige und aktive Mitglieder der Bundeswehrgebirgstruppe organisieren. Ehrenpräsident der Vereinigung war der in Nürnberg wegen Kriegsverbrechen verurteilte General a. D. Hubert Lanz.
„Danubia“
Die „Danubia“ gehört zu den am weitesten rechtsaußen angesiedelten studentischen „Burschenschaften“ überhaupt. Sie ist Teil der völkischen „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG) deutscher und österreichischer Burschenschaften, die zuletzt im Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ (DB) rassebiologische Aufnahmekriterien festschreiben lassen wollte. Das Haus der „Danubia“ in der Möhlstraße im Münchner Stadtteil Bogenhausen wird auch von Mitgliedern der neonazistischen „Kameradschaft München“ besucht.
Ein führendes Mitglied der Neonazitruppe soll nach Informationen des a.i.d.a.-Archivs in der letzten Zeit sogar unter der Danubia-Adresse gemeldet gewesen sein. Die neonazistische „Gemeinschaft Deutscher Frauen“ hat in Kooperation mit Burschenschaftern der Danubia in deren Haus ein oberbayerisches „Regionaltreffen“ abgehalten. Das Referentenprogramm der Burschenschaft in den letzten Jahren liest sich wie das „Who is who“ der extrem rechten Szene. Im Mai 2011 hatte die „Danubia“ z. B. den „nationalrevolutionären“ Publizisten Jürgen Schwab (Nürnberg) als Vortragenden eingeladen. Schwab, der regelmäßig Texte auf der Homepage des neonazistischen „Freien Netz Süd“ veröffentlicht, war wenige Tage vorher, am 1. Mai, zusammen mit dem stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden Karl Richter beim Neonaziaufmarsch in Heilbronn als Redner aufgetreten.