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Deutschland und „seine“ Kroaten

Cover: Deutschland und 'seine' Kroaten.Ulrich Schiller, Slawist und ehemaliger ARD-Hörfunkkorrespondent in Belgrad, Moskau und Washington, beschreibt in seinem neuen Buch sehr anschaulich die historischen Ursachen, die zu den jugoslawischen Zerfallskriegen in den 1990er Jahren führten.

Schiller beleuchtet die Geschichte der Balkanstaaten und erklärt die historischen Konflikte zwischen Serben und Kroaten sehr verständlich und anschaulich. Dabei ist das Buch keine trockene historische Abhandlung, es ist spannend zu lesen und dem Autor ist die persönliche Betroffenheit anzumerken, die sich aus vielfältigen Kontakten und Freundschaften zu Menschen in der Region ergeben hat.

Wer in Deutschland nicht gerade Geschichte oder Slawistik studiert hat, weiß wenig über Massenmorde in Karstgruben, KZ-Lagern, Kirchenverbrennungen, über den kroatischen Holocaust an den Juden, der noch vor Hitlers „Endlösung“ begonnen hatte. Wer kennt die Verflechtungen Hitlers mit Ante Pavelic, wer die Hintergründe des Ustascha-Faschismus? In Schillers Buch wird die Kontinuität des Ustascha-Faschismus bis zu Franjo Tudjmans Nationalismus aufgearbeitet, die Fehler Titos beleuchtet und der Zerfall Jugoslawiens erklärt. Es beschreibt ebenso die unglückliche Rolle der deutschen Politik, die vom Balkan wenig Ahnung hatte und der Aufgabe des Konfliktmanagements in Jugoslawien nicht gewachsen war. Die voreilige Anerkennung Kroatiens als selbständiger Staat durch Kohl und Genscher (ohne sich gegen Tudjmans Absicht gewehrt zu haben, Bosnien zwischen Kroatien und Serbien aufzuteilen), bezahlte die bosnische Bevölkerung bitter, wie Hans Koschnik, 1994 bis 1996 Administrator der Europäischen Union in Mostar, in seinem Vorwort schreibt. In der Fokussierung auf die Untaten des serbischen Führers Slobodan Milosevic wurde nicht wahrgenommen, wie sehr Franjo Tudjman diesem ähnelte.

Als Fazit zieht Schiller in seinem Buch die Forderung an die Kroaten, sich mit dem ersten Präsidenten eines selbständigen Kroatiens kritisch zu befassen. Es sollte nicht übersehen werden, dass der als „Vater der Nation“ nahezu mythisch-romantisch Verehrte auch Kriegsschuld auf sich geladen hat. Europa solle Kroatien bei der Bewältigung seiner jüngeren Geschichte helfen – und auch eine Aufarbeitung der damaligen Rolle Deutschlands wäre durchaus wünschenswert.

Ulrich Schiller: Deutschland und „seine“ Kroaten. Vom Ustascha-Faschismus zu Tudjmans Nationalismus. Donat-Verlag, Bremen 2010,221 S., 14,80 Euro ISBN 978-3-938275-70-2

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