Charlotte Knobloch, Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, hat in einer Pressemitteilung ein konsequentes Durchgreifen gegen den Neonazi Martin Wiese gefordert, wenn dieser gegen seine Führungsauflagen verstößt. a.i.d.a. hatte zuvor Bilder veröffentlicht, die zeigen, wie Wiese und seine ehemaligen rechtsterroristischen Mittäter Karl-Heinz Statzberger und Thomas Schatt gemeinsam an einer Kundgebung auf dem Münchner Marienplatz teilnehmen, obwohl Wiese und Statzberger einem sogenannten Kontaktverbot unterliegen.
Anlass für die Pressemitteilung der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern am Mittwoch, 27. April 2011, waren die von der „Süddeutschen Zeitung“ aufgegriffenen a.i.d.a-Informationen über eine neonazistische „Mahnwache“ auf dem Münchner Marienplatz am 25. April 2011. Wir hatten am späten Abend des 25. Aprils auf unserer Homepage in der Rubrik „Chronologie rechter Aktivitäten (April 2011)“ und über facebook Bilder veröffentlicht, die die nur wenige Stunden zuvor stattgefundene „Gedenkwache“ Münchner Neonazis für den Holocaustleugner Reinhold Elstner zeigen:
Bei dieser angemeldeten Kundgebung hatten sich am Montag Abend 60 Neonazis aus ganz Bayern auf dem Münchner Marienplatz versammelt, darunter neben Anmelder Roland Wuttke (Mering) und dem NPD-Kreisvorsitzenden von Freising, Björn-Christopher Balbin (München), zahlreiche Führungskader des neonazistischen Dachverbands „Freies Netz Süd“, unter anderem die seit Jahren führenden Aktivist_innen Norman Kempken (Nürnberg), Kai Zimmermann (Fürth), Matthias Bauerfeind („Kameradschaft Main-Spessart“, Himmelstadt), Benjamin Boss („Nationaler Widerstand Amberg“), Heiko Schiederer („Nationales Bündnis Niederbayern“, Kirchroth) und Mike „Ede“ Edling („Freie Kräfte Landau-Dingolfing“, Landau). Aus München nahmen die führenden Aktivist_innen der meisten lokalen Kameradschaften teil, unter anderem Christian Adams („Kraken München“), Sven Grams (bisher „Freie Nationalisten München“) und Stefan Reiche mit Mitgliedern der neonazistischen Gruppe „Jagdstaffel D.S.T.“.
Martin Wieses erster öffentlicher Auftritt
Von der „Kameradschaft München“ kamen die wichtigsten Aktivist_innen Thomas Huber (Garching), Karl-Heinz Statzberger (Unterschleißheim) und Thomas Schatt (Feldmoching) zur Kundgebung – und schließlich auch noch Martin Wiese (Geisenhausen), der nach seiner Haftentlassung aus der JVA Bayreuth im August 2010 erstmals wieder bei einer politischen Aktion öffentlich in Erscheinung trat. Von einigen Neonazis wurde Wiese ziemlich ehrfürchtig begrüßt, er selbst brüllte einem Journalisten über die Absperrgitter wüste Drohungen zu: „…, Dich kriege ich noch! Dich mache ich fertig!“
Kontaktverbote missachtet
Sowohl bei der Entlassung Statzbergers als auch bei der Entlassung Wieses im August 2010 war eine vom OLG München angeordnete „Führungsaufsicht“ gegen die ehemaligen Mitglieder der rechtsterroristischen „Schutzgruppe“ der „Kameradschaft Süd“ (heute: „Kameradschaft München“) in Kraft getreten. Demnach dürfen die ehemaligen Haupttäter Wiese und Statzberger sowie Schatt für die Dauer von fünf Jahren keinen Kontakt zueinander aufnehmen. Statzberger hatte jedoch in den letzten Jahren bereits mehrfach gegen das Kontaktverbot verstoßen und – wie am Montag Abend auf dem Marienplatz – schon öfters gemeinsam mit Thomas Schatt an Demonstrationen und Kundgebungen teilgenommen.
„Er muss gestoppt werden“
Charlotte Knobloch, die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat am 27. April 2011 in einer am Nachmittag veröffentlichten Pressemitteilung der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern gegen die offensichtlich ungehinderten Aktivitäten Wieses protestiert: „Es ist inakzeptabel, dass ein nachgewiesen neonazistischer Terrorist vor unser aller Augen seine rechtsextremistischen Wahnvorstellungen fortsetzen kann“, sagte Knobloch und forderte angesichts des offenen Verstoßes gegen die „Kontaktverbote“ zudem Wieses Bewährungshelfer, die Polizei und die Justiz zum Einschreiten auf: „Ganz offensichtlich ignoriert Wiese diese Vorgaben. Damit steht fest, dass sein Bewährungshelfer, die Polizei und die Justiz einschreiten und dem Recht zu seiner Geltung verhelfen müssen.“ Angesichts der Gefahr, dass Wiese erneut „Wort- und Rädelsführer in der rechtsextremen Szene Süddeutschlands“ werden könnte, sagte Charlotte Knobloch: „Er muss gestoppt werden“.