München. Einen rasanten Aufstieg in der extremen Rechten legte ein junger Mann aus der Münchner Region hin: innerhalb eines Jahres brachte es Marius Augustin bis zum Redakteur der NPD-Zeitung Deutsche Stimme und zum Bundesvorstandsmitglied der DVU-Jugendorganisation. Doch die Parteikarrieren des 27-Jährigen stehen vor einem abrupten Ende, denn das vermeintliche Nachwuchstalent war schon früher einmal unter anderem Namen als NPD-Funktionär tätig gewesen, bis er im Frühjahr 2006 aus der Partei geworfen wurde.
BIA-Pressearbeit und „Deutsche Stimme“ Redaktion
Erst seit dem Juli 2007 gibt es den jetzigen Marius Augustin, der durch Heirat zu seinem Nachnamen kam. Der nach eigenen Angaben als „Managementassistent“ tätige Mann aus Poing (Landkreis Ebersberg, Oberbayern) stieg bei der Münchner NPD-Tarnliste „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA) ein, wo er im März 2009 in den Vorstand gewählt wurde und für die „Medienbetreuung“ zuständig ist. Bei der seit langer Zeit vor sich hin kümmernden Münchner NPD wurde er im Juni als stellvertretender Kreisvorsitzender gewählt und durfte auch gleich die Aufgabe des Kreisgeschäftsführers übernehmen.
Aus der BIA kennt Augustin den Münchner Stadtrats-Abgeordneten Karl Richter, der im April zum stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden und Chefredakteur des NPD-Monatsblattes Deutsche Stimme (DS) gekürt worden war. Bis dahin war die Redaktion von Holger Apfel geleitet worden, der als führender Vertreter einer vorgeblich „gemäßigten“ Strömung in der NPD und als Kritiker des Parteivorsitzenden Udo Voigt gilt. Beim NPD-Parteitag in Berlin wurde Apfel als Chefredakteur durch Richter ersetzt, der das Blatt wieder auf Parteivorstands-konforme Linie bringen sollte.
Den frischgebackenen Redaktionschef Richter plagten offenbar Personalprobleme, das Blatt brauchte dringend frische Kräfte. Seit der Juli-Ausgabe der Parteizeitung firmiert Marius Augustin als Redaktionsmitglied. Der junge Mann aus Poing textete einen Artikel über die angebliche „Religion der deutschen ‚Alleinkriegsschuld‘ und des ‚Holocaust'“, der allerdings mittlerweile von den DS-Webseiten verschwunden ist. Darin bewegte sich Augustin hart am Rande der strafrechtlich relevanten Leugnung des Holocaust und setzte sich insbesondere für den Holocaust-leugnenden Bischof Richard Williamson ein. Der Holocaust sei eine „neue Religion“ im Kampf gegen das Christentum, tönte Augustin.
DVU-Jugendorganisation
Doch selbst mit diesen Aufgaben bei der BIA, als NPD-Kreisgeschäftsführer und DS-Redakteur fühlte sich Augustin offenbar nicht ausgelastet. Bei der frisch gegründeten DVU-Nachwuchsorganisation „Junge Rechte“ – die in klarer Konkurrenz zur mittlerweile DVU-feindlichen NPD-Parteilinie steht – wurde Augustin Anfang Juli sogleich zum Bundesvorstandsmitglied gewählt und als „Schriftführer“ bestimmt.
Diese Aufgaben des aufstrebenden Multi-Funktionärs dürften jedoch bald beendet sein, denn bei näherem Hinsehen entpuppt sich Augustin als alter Bekannter, der schon vor Jahren durch exzessives Hüpfen von Partei zu Partei bekannt wurde. Unter seinem alten Namen Marius Frosch hat er an alter Wirkungsstätte in Baden-Württemberg eine Rundreise durch die extreme Rechte hinter sich, die unter anderem einen Parteiausschluss aus der NPD beinhaltete.
Aktivitäten in Baden-Württemberg
In Schwaben war Frosch vor sieben Jahren – damals noch als angeblicher „Theologiestudent “ – als Sprecher des „Kreis Christlicher Patrioten – Gesellschaft für religiöse und politische Bildung“ (KCP) in Erscheinung getreten. Im Sommer 2003 versuchte er es in Böblingen mit einer als rechtspopulistisch aufgemachten Gruppe „Pro Landkreis“, zugleich ließ er sich vom Mailverteiler des notorischen Holocaust-Leugners Horst Mahler auf dem Stand der rechten Dinge halten. Nach eigenen Angaben war er neun Monate lang als „Organisationsbeauftragter“ für das „Studienzentrum Weikersheim“ tätig, das als rechtskonservativer Think-Tank auftritt und von Kritikern als Schnittstelle konservativer Kräfte zum Rechtsextremismus angesehen wird.
Im Wahlkreis Sinsheim trat Frosch – inzwischen als „Industriekaufmann“ – zur Landtagswahl im März 2006 als NPD-Kandidat an. Doch seine NPD-Mitgliedschaft hielt nicht lange vor, denn schon im April hatte er die Partei verlassen – vorgeblich wegen der damaligen internen Machtkämpfe der Landespartei, laut der örtlichen NPD-Leitung war er jedoch wegen nicht gezahlter Mitgliedsbeiträge ausgeschlossen worden.
Die nächsten Frosch-Stationen waren „pro Stuttgart“ und die rechtsextreme Kleinstpartei „Deutsche Partei“. In Leutenbach (Rems-Murr-Kreis) kandidierte Frosch im April 2007 gar für das Amt des Bürgermeisters und bekam immerhin 2,6 Prozent. In früheren Jahren soll Frosch darüber hinaus unter anderem für die FDP, die ÖDP, die „Christliche Mitte“, sowie die „Republikaner“ (REP) aktiv gewesen sein. Im September 2006 soll er sich auch um eine Mitgliedschaft bei der Rechtspartei „Offensive D“ bemüht haben.
Aktiv ist Frosch auch beim „Witikobund“, wo er seit März 2007 baden-württembergischer Landesvorsitzender ist. Im Witiko-Zusammenhang benutzt er weiterhin den alten Nachnamen Frosch, unter dem er sich im Juni 2009 als stellvertretender Vorsitzender des Regionalverbandes Süd der Nachwuchstruppe „Junge Witikonen“ wählen ließ. Damit ist der viel beschäftigte Rechtsaußen-Funktionär mit doppelter Identität in der extremen Rechten unterwegs.
Mimikry vor dem Aus
Seine derzeitigen Aufgaben im Rahmen der „Medienbetreuung“ nimmt Augustin mit besonders einfallsreichen Methoden wahr, denn nicht nur die klassische Pressemitteilung ist sein Metier, sondern ebenfalls Mehrfach-Identität und Mimikry. Als vorgeblich „Linker“ oder „Antifaschist“ verschickt da etwa ein „Jürgen Werner“ oder auch ein „Roter Roland“ Emails mit Tipps und Informationen über den Multi-Funktionär Marius Augustin an „Genossen“ in Redaktionen und Info-Projekten, unterzeichnet mit „antifaschistischem Gruß“. Der Absender bittet um Berichterstattung über Augustin und unterstellt eine „Professionalisierung“ der BIA-Pressearbeit, die zuvor vom eher grobschlächtigen Neonazi Norman Bordin wahrgenommen wurde. Dieser Amtsvorgänger ist der NPD mittlerweile abhanden gekommen und mischt beim Neonazi-Netzwerk „Freies Netz Süd“ mit.
Der doppelte Marius mit seinem ausgewachsenen Selbstdarstellungstrieb dürfte jedoch nicht mehr lange für die diversen rechtsextremen Organisationen tätig sein, denn dem „Managementassistenten“ ist man auch dort mittlerweile auf die Spur gekommen. Das Kapitel der „Professionalisierung“ durch den profilneurotischen Multi-Funktionär wird demnach wohl bald beendet sein.
[Dieser Beitrag erschien am 20. Juli 2009 zuerst redok.de. Die Veröffentlichung bei a.i.d.a. erfolgt mit freundlicher Genehmigung]