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Provokationen vor und im Münchner Rathaus

Eine Klageandrohung gegen die Stadt München durch den Neonazi-Anwalt und NPD-Funktionär Jürgen Rieger, eine Strafanzeige der CSU-Stadtratsfraktion gegen Karl Richter, zwei Dutzend teils rassistische Anfragen und Anträge des Stadtrats der "Bürgerinitiative Ausländerstop München" (BIA) an den Oberbürgermeister und die Stadtverwaltung. Schon wenige Tage nach Arbeitsaufnahme des neu zusammengesetzten Stadtrats ist klar: Die Situation in München ist eine andere, seit es der neonazistischen, NPD-dominierten BIA Anfang März gelang, ein Stadtratsmandat zu erringen. Stadtspitze, Stadtverwaltung und die demokratischen Parteien im Rathaus suchen noch nach dem richtigen Weg im Umgang mit dem Neonazi im Rathaus. 

Durchaus turbulent ging es in München bereits am 2. Mai vor und während der Vereidigung des Stadtrats Karl Richter von der rassistischen "Bürgerinitiative Ausländerstop München" zu. Vor Beginn der offziellen Veranstaltung entrollten die NPD-AktivistInnen Renate Werlberger und Roland Wuttke vor dem Eingang zum Alten Rathaussaal ein ausländerfeindliches Transparent. Die Polizei griff erst auf Aufforderung von Oberbürgermeister Christian Ude ein und unterband die Aktion.

Währenddessen verteilte ein BIA-Anhänger unbehelligt Flyer an gleicher Stelle. Später versuchten dann Renate Werlberger, Norman Bordin und andere Neonazis eine antifaschistische Kundgebung auf dem Marienplatz mit eben diesem Transparent zu provozieren. Bordin und zwei weitere Fotografen machten zudem Aufnahmen der Anwesenden.

Zur gleichen Zeit sorgte der BIA-Stadtrat Karl Richter bei der Vereidigung der neugewählten Stadträte im Alten Rathaussaal für einen Eklat. Wie mehrere Stadträte verschiedener Parteien und die SZ berichten, habe Richter bei der Vereidigungszeremonie die Hand nicht, wie üblich, zum Schwur gehoben, sondern sie abgewinkelt nach vorn gereckt. Viele der Anwesenden interpretierten das als angedeuten Hitlergruß. Fotos aus Zeitungen lassen ebenfalls diesen Eindruck aufkommen. Die CSU-Stadtratsfraktion beschloss daraufhin, in ihrer Fraktionssitzung am 7. Mai Strafantrag gegen Karl Richter zu stellen.

Nicht mehr als die formalen Rechte eines Stadtrates wolle man Richter zubilligen. Dies erklärte OB Ude (SPD) bereits wenige Tage nach der Wahl im März, als klar war, dass Richter ins Rathaus würde einziehen können.
Bei der ersten Vollversammlung am Freitag wurde zudem eine Änderung der Geschäftsordnung beschlossen, so dass der Ältestenrat der Stadt mit einer 4/5 Mehrheit Anfragen und Anträge, die nach Ansicht des OB "nach Form und Inhalt einen Missbrauch des Antrags- oder Fragerechts darstellen", zurückweisen kann. Richter reichte an diesem Tag 25 Anträge und Anfragen ein. Etliche davon muss die Stadverwaltung gar nicht erst bearbeiten, weil sie keine kommunalen Angelegenheiten betreffen. Ein anderer Antrag, in dem die in München lebenden Muslime diffamiert werden, wurde  mit Verweis auf die geänderte Geschäftsordnung zurückgewiesen. Am 6. Mai stellte Richter den Antrag leicht umformuliert aufs Neue.

Die Süddeutsche Zeitung vom 3./4. Mai berichtet von einer Neuregelung über die Verteilung städtischer Gelder: Die Aufwandspauschale für Stadträte, die keiner Ausschussgemeinschaft angehören, wurde demzufolge auf 7.840 Euro jährlich halbiert. Die damit finanzierten Mitarbeiter dürfen zudem keine erheblichen Vorstrafen aufweisen. Damit wäre Norman Bordin als von der Stadt bezahlter Mitarbeiter von Karl Richter aus dem Rennen. Die bisherige Aufwandspauschale soll zudem für Einzelstadträte auf 7.840 Euro jährlich halbiert werden, schreibt die SZ weiter. Die Stadt begründet dies mit dem erheblich geringeren Aufwand, den Einzelstadträte haben, die nicht in Ausschüssen vertreten sind. Auch sollen diese Stadträte in Zukunft kein Büro mehr im Rathaus erhalten.

Karl Richter wiederum kündigt auf der Internetseite der "Bürgerinitiative Ausländerstop"  "verwaltungsgerichtliche Eilmaßnahmen" wegen der Benachteiligung der BIA gegen die Stadt München an. Der Neonazianwalt und NPD-Funktionär Jürgen Rieger habe die anwaltschaftliche Vertretung übernommen.

Während also am Marienplatz der "Kampf ums Rathaus" Teil 1 läuft, berichtet die Münchner Presse so ausführlich wie selten zuvor. Antifaschistische Initiativen hätten sich diese Aufmerksamkeit vor den Kommunalwahlen gewünscht. Dringend erforderlich ist auf jeden Fall eine erhöhte Aufmerksamkeit, eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit den kommunalpolitischen Strategien der Neonazis seitens der zivilgesellschaftlichen Gruppen in München. Wichtig ist aber auch, den Widerstand gegen die neonazistischen Normalisierungstrategien und den Protest vielfach und lautstark auf den Straßen und Plätzen Münchens zu zeigen und zwar deutlicher und zahlenmäßig stärker als dies in letzter Zeit der Fall war.

 

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