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Jüdischen Friedhof geschändet: Neonazis gefasst

Neustadt/Aisch. Eine Schneise der Zerstörung zogen Friedhofsschänder über den alten jüdischen Friedhof im mittelfränkischen Diespeck (Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim). Mehr als 60 Grabsteine hatten die Täter umgeworfen, der größte Teil ist völlig zerstört. Heute wurden zwei jugendliche Neonazis gefasst; der ältere der beiden hat die Tat gestanden.

Die Schändung des Friedhofs war am vergangenen Wochenende entdeckt worden. Der Friedhof wird seit 1937 nicht mehr für Begräbnisse benutzt, die Zerstörung fiel erst bei einem Kontrollgang eines ehrenamtlichen Betreuers auf. Daher konnte zunächst auch kein genauer Tatzeitpunkt genannt werden; fest stand nur, dass die Tat nach Ende Januar begangen worden sein musste.

Der Friedhof liegt etwa 1,5 Kilometer außerhalb des Ortes auf einer kleinen Anhöhe; so konnten die Täter offenbar unbemerkt über die Umfassungsmauer klettern und ungestört ihr Vernichtungswerk begehen. Von den insgesamt etwa 300 Grabsteinen warfen sie 63 um, 40 der teilweise Jahrhunderte alten Grabsteine sind endgültig zerstört. Geschändet wurden auch elf Gedenksteine für Soldaten, die im 1. Weltkrieg gefallen waren; das Denkmal trägt die Aufschrift: "Die Israelitische Gemeinde in treuem Gedenken an ihre fürs Vaterland gefallenen Söhne".
Heute nahm die Polizei zwei mutmaßliche Täter in jugendlichem Alter (17 und 18 Jahre) fest. Der Ältere hat die Tat gestanden. Beide sind seit Jahren befreundet und gehören der rechten Szene an. Erst vor wenigen Wochen waren sie bei einer Polizeikontrolle aufgefallen; bei näheren Überprüfungen ergab sich nun ein Tatverdacht. Schließlich gab der 18-Jährige aus Bad Windsheim zu, mit seinem Komplizen aus Neustadt/Aisch in den Abendstunden des 24.02. die Grabsteine umgeworfen zu haben. Nach der Entdeckung der Friedhofsschändung war der Jüngere bei Verwandten in Hessen untergetaucht, wo er heute nachmittag im Raum Kassel festgenommen wurde. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat Haftbefehle für beide mutmaßlichen Täter beantragt.

Nach Recherchen der Nürnberger Nachrichten (NN) können die beiden Neonazis nicht als Einzeltäter gelten. Mehrfach seien sie wegen neonazistischer Aktivitäten in Erscheinung getreten und verfügten über bundesweite Kontakte zu extrem radikalen Kreisen. In den vergangenen Tagen war eine Gruppe der sogenannten "Hammerskins" in Frankfurt/Main ein Anlaufpunkt für den 17-Jährigen, berichtet das Blatt. Diese Gruppe versucht nach dem Verbot der Nazi-Skinhead-Organisation "Blood & Honour" den Markt für rechtsextreme Musikproduktionen und Konzertveranstaltungen zu besetzen. Die Hammerskin-Division Deutschland unterhält gute Kontakte zur rechtsextremen Szene, so etwa auch NPD-nahen Gruppen, berichten die NN. Erst vor knapp einem Monat war der regionale NPD-Funktionär Matthias Fischer, der seine Neonazi-Karriere bei einer Skinhead-Gruppe begonnen hatte, in Budapest bei einem Aufmarsch des "Blood & Honour"-Netzwerks aufgetreten.

Wie die NN erfahren haben, existiert auch im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim ein rechtsextremes Netzwerk. Nach Angaben von Insidern wurden dort "nationale Stützpunkte" errichtet. Seit Monaten werden Jugendtreffs und deren Verantwortliche sowie Kommunalpolitiker von der rechtsextremen Szene bedroht; in einigen Fällen wurden sogar Autos beschädigt, schreibt das Blatt.

Der jüdische Friedhof in Diespeck wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts angelegt; der älteste noch lesbare Grabstein stammt aus dem Jahr 1786. Erstmals war der Friedhof bereits 1930 und erneut 1933 geschändet worden. Während des Dritten Reichs wurde die Friedhofsmauer abgetragen; auf Befehl der amerikanischen Militärregierung musste sie nach dem Krieg von Einheimischen wieder aufgebaut werden.

 

Mit freundlicher Genehmigung von

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