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Münchner Spaltprodukt

München / Köln. Die Spaltung der extremen Rechten in München nach der Gründung einer NPD-gesteuerten Wahlliste zu den Kommunalwahlen hat offenbar erste personelle Konsequenzen. Laut Insider-Mitteilungen ist Rüdiger Schrembs, bayerisches NPD-Landesvorstandsmitglied, aus der Partei ausgetreten. Der abtrünnige NPD-Mann ist inzwischen führend bei der Rechtsaußen-Gruppe "Pro München" engagiert.

Ursprünglich war "Pro München" im Januar 2006 noch in harmonischer Zusammenarbeit der NPD mit anderen rechten Kleinparteien wie der "Deutschen Partei" (DP) gegründet worden. An der Gründungsversammlung hatten unter anderen der jetzige NPD-Bezirksvorsitzende Oberbayern, Roland Wuttke, und der jetzige bayerische Landesvorsitzende der "Jungen Nationaldemokraten", Norman Bordin, teilgenommen.

Offenbar hatte aber ein Kurswechsel bei der DP mit zu einer Entfremdung beigetragen. Bordin "war nie, und wird nie Mitglied werden", beteuerte ein "Pro München"-Funktionär, und die Gruppe legte nach: Zu dem mehrfach unter anderem wegen Körperverletzung verurteilten Bordin fiel ihr ein, dass "deutsche und ausländische Gewalttäter ins Gefängnis gehören, und nicht auf Wahllisten." "Pro München" entfernte sich von der NPD und näherte sich dem Namens-Vorbild "Pro Köln" an, das mittlerweile mit "Pro NRW" und "Pro Deutschland" deutlich über die Rheinmetropole hinausgehende Ambitionen verfolgt.

Daraufhin hatte die bayerische NPD eine "Bürgerinitiative Ausländerstop" (BIA) in München gegründet, die nun in Konkurrenz zu "Pro München" zur Kommunalwahl im März 2008 antreten will. Mit der Gründung folgte die NPD dem Vorbild ihres Landesvorsitzenden Ralf Ollert, der in Nürnberg schon im Juli 2001 eine gleichnamige Gruppe aufgezogen hatte und im März 2002 unter dieser BIA-Flagge in den Nürnberger Stadtrat einziehen konnte.

Die Münchner BIA wird offensichtlich von Wuttke und Bordin dominiert, die für die Gruppe auch die alte Infrastruktur aus Tagen der früheren "Kameradschaft Süd" aktiviert hatten. Beide Funktionäre sind auch Mitglieder des Bayern-Landesvorstands der NPD – ebenso wie Rüdiger Schrembs, der dort sogar mit der parteioffiziellen Aufgaben-Bezeichnung "Abteilungsleiter z.b.V. Wahlen 08" geschmückt wurde.

Schrembs blieb nach der Spaltung jedoch Sprecher von "Pro München", statt zu der von seiner eigenen Partei gegründeten Wahlgruppe zu wechseln. Am vergangenen Wochenende leitete er sogar den Gründungsparteitag von "Pro NRW". Das Unding für einen führenden Parteifunktionär, die Gründung einer konkurrierenden Partei zu orchestrieren, hätte eigentlich ein sofortiges Partei-Ausschlussverfahren nach sich ziehen müssen.

Das fiel auch in der NPD-Basis auf, wo man sich über derlei Aktivität wunderte. Insider wollen jedoch wissen, dass Schrembs bereits vor etwa zwei Wochen aus der Partei ausgetreten ist.

Offenbar sieht Schrembs bei den "Pro"-Gruppen bessere Chancen, in ein Parlament einzuziehen, als mit einer durch notorische Neonazis wie Bordin geprägten NPD. Im März hatte die Bundes-NPD zwar ein Schiedsgerichtsverfahren gegen Bordin und Matthias Fischer angekündigt, die bei einem internationalen Neonazi-Treffen in Budapest mit Hitlergruß aufgefallen waren. Von einem solchen parteiinternen Verfahren war seitdem nichts mehr zu hören.

Auch die Landes-NPD in Nordrhein-Westfalen ist für ihre enge Verbundenheit mit militanten Neonazis wie Christian Malcoci oder Siegfried Borchardt bekannt. Für die rechte Konkurrenz von "Pro Köln" hatte die NRW-NPD dagegen nur Schmähungen wie "pseudorechte Populistentruppe" und "Anbiederung an Systemparteien" auf Lager. Bei den kommenden Wahlen in NRW werden "Pro NRW" weitaus mehr Chancen auf Mandate eingeräumt, als der mit der Kameradschaftsszene verbandelten NPD. Rüdiger Schrembs wird daher auf das "frische Pferd" gesetzt haben.

Erst im Mai 2006 war Schrembs (Jahrgang 1934) in den NPD-Landesvorstand gewählt worden. Er hat eine lange rechtsextreme Karriere vorzuweisen: bereits in den späten 60er Jahren war er stellvertretender NPD-Landesvorsitzender in Bayern, danach Funktionär der "Aktion Neue Rechte" und Gründer der "Nationalrevolutionären Aufbauorganisation" (NRAO). Nach einem Zwischenaufenthalt bei den "Republikanern" (REP) landete er bei der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) und kehrte schließlich zur NPD zurück. Dort wurde er auch als "Berater des Parteivorstandes in Wirtschaftsfragen" oder als Vorsitzender eines "Arbeitskreises 'Wirtschaft und Soziales' beim Parteivorstand" geführt. Nun hat Schrembs offenbar eine weitere Station auf seinem Weg durch die extreme Rechte abgeschlossen.

 

[Der Artikel erschien erstmals am 13.09.07 auf redok.de. Die Veröffentlichung auf aida-archiv.de erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors]

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