Dresden/Hof. Mehr als 500 sogenannte "Schulhof-CDs" mit rechtsextremen Musikstücken hat die Polizei vor kurzem in Sachsen und Bayern beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft Dresden hält mindestens eins der Lieder auf der neu produzierten Scheibe für volksverhetzend. Verantwortlich für die Produktion ist ein Neonazi aus Hof, der gleich in drei verschiedenen Neonazi-Gruppen als Funktionär agiert.
Sieben Objekte im Raum Pirna, in Chemnitz und Hof wurden Ende Juni durchsucht. Mindestens eines der neuen Lieder sei volksverhetzend, weil es Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zweiten Weltkrieg leugne, sagte der Dresdner Oberstaatsanwalt Jürgen Schär. Sichergestellt wurden auch Flyer mit den Internetadressen zum Downloaden der CD, Computer und schriftliche Unterlagen. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen einen 26-jährigen gebürtigen Brandenburger, einen 50-jährigen Bayern sowie zwei 19 und 22 Jahre alte Frauen aus der Sächsischen Schweiz aufgenommen.
Bei dem Bayern handelt es sich offenbar um Udo Sieghart aus Hof, der auf der Download-Internetseite als presserechtlich Verantwortlicher angegeben ist. Sieghart ist nicht nur stellvertretender Vorsitzender des NPD-Bezirks Oberfranken, sondern auch Bundesgeschäftsstellen-Leiter des "Kampfbund Deutscher Sozialisten" (KDS) sowie führender Funktionär des "Kameradschaftsbund Hochfranken".
Dieser "Kameradschaftsbund" mit örtlichen Gruppen in Hof und Wunsiedel preist den Tonträger als "unser erstes, komplett in Eigenarbeit geplantes und erstelltes CD Projekt" an. Bei der Gestaltung der Verpackung hatten die Neonazis offenbar vor allem örtliche Widersacher aus Wunsiedel im Visier: so sind auf dem Cover die Gründerin der Jugendinitiative gegen Rechtsextremismus sowie der Wunsiedler Bürgermeister und sein Stellvertreter abgebildet. Die technische Herstellung wurde offenbar vom Neonazi-Musikvertrieb "PC Records" in Chemnitz übernommen, dessen Chef Yves Rahmel (25) gegenüber der Chemnitzer Morgenpost zugegeben hatte: "Die Lieder sind alle bei mir produziert worden."
Neben rechten Musikanten wie etwa Andre Lüders aus Rostock, "Endlöser" (Bremen) und "Carpe Diem" (Stuttgart) dürfen auf der Scheibe auch die fränkischen Lokalmatadoren "Braune Brüder" (Hof) aufspielen, die mit martialisch rollendem "Rrrudolf Heß" ihren in Wunsiedel begrabenen Helden feiern. Trotz der CD-Beschlagnahmungen durch die Polizei kann die komplette CD weiterhin von der Internetseite des "Kameradschaftsbundes" heruntergeladen werden. Die Internetdomain ist im Besitz des "Braunen Bruders" Tony Gentsch, der aus Sachsen nach Oberfranken zugezogen war. Der Internet-Server wird bei einem Unternehmen in Friedersdorf (Sachsen, Landkreis Löbau-Zittau) nahe der tschechischen Grenze betrieben, das von Neonazi-Kreisen gerne als Internetprovider in Anspruch genommen wird.
Der technische Verstand der oberfränkischen Neonazis hält sich jedoch in Grenzen. Zum Abspielen der im verbreiteten und gängigen MP3-Format bereitgehaltenen Stücke müssten die Kameraden "einmal die kostenlose Lizenz von Microsoft herunterladen", heißt es auf der Website. Vorsichtshalber wird noch eine alternative Download-Adresse angeboten, "falls die Lizenz nicht geht bei Euch".
[Der Artikel erschien erstmals am 4.07.07 auf redok.de. Die Veröffentlichung auf aida-archiv.de erfolg mit freundlicher Genehmigung]