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Der Millionendeal am rechten Rand

Die radikal rechte „Münchner Burschenschaft Danubia“ zieht vom Stadtteil Bogenhausen nach Schwabing um. Im Hintergrund steht ein Immobiliengeschäft, bei dem es um viele Millionen Euro geht.

Von Robert Andreasch

Die letzte Kneipe

München-Bogenhausen, 23. April 2016: Im strömenden Regen fuhren die Taxis vor die alte Villa der „Burschenschaft Danubia“ in der Möhlstraße. Das miese Wetter dürfte zur Stimmung der einigen Dutzend Ankommenden gepasst haben: an diesem Abend trafen sich die „Danuben“ und ihre Sympathisanten zum letzten Mal zu einer burschenschaftlichen „Kneipe“ „auf dem Haus“. Bekannte Köpfe der deutschen Rechten waren vor Ort: z. B. der Stuttgarter Bauunternehmer Hans-Ulrich Kopp, seit langem der Sprecher des Alte-Herren-Verbands bei der „Danubia“. Auch Vertreter anderer Münchner Burschenschaften trafen ein.

Ein Haus mit Tradition

Die radikal rechte „Burschenschaft Danubia“ residierte seit 1958 in der Möhlstraße 21. Gebaut wurde die Villa 1901 für das Ehepaar Julius und Luise Kaufmann. Am 1. Februar 1938 raubten ihnen die Nationalsozialisten ihr Haus („Arisierung“). Als der Familie Kaufmann 1940 die Deportation drohte, wählten Eltern und Sohn den Suizid. Ihre Leichen wurden irgendwo verscharrt, wo genau, ist bis heute nicht bekannt.

Die nun verkaufte Villa in der Möhlstraße. Foto: a.i.d.a.Nach dem Einzug der rechten Burschenschaft 1958 war die Bogenhausener Villa jahrzehntelang von hoher Bedeutung für die extreme Rechte in München und weit darüberhinaus. Hier gründeten die „Republikaner“ 1989 ihren „republikanischen Hochschulverband“ (RHV). Im Keller des Hauses kroch im Januar 2001 der Neonazi Christoph Sch. unter, nachdem er im Schlachthofviertel gerade Artemios T. aus rassistischen Gründen fast totgeschlagen hatte. Als die Wirte des Münchner Löwenbräu-Kellers im Juli 2004 dem extrem rechten „Institut für Staatspolitik“ (IfS) kurzfristig die Raumnutzung für dessen „1. Münchner Kolleg“ verweigerten, stellte die „Danubia“ ihre Villa für die Referate von Martin Hohmann, Götz Kubitschek u. a. zur Verfügung. Ganz offiziell im Haus wohnte zeitweise der in den Kreisen des „Freien Netz Süd“ aktive Neonazi Pierre P., der bei der „Danubia“ den Posten des „Schriftwarts“ innehatte.

Als Infrastruktur war die Immobilie eminent wichtig und eine ähnlich hohe Bedeutung hatte sie als konkrete, physische Schnittstelle zwischen dem rechtskonservativen Feld und der radikalen Rechten. Hier – wo unten an der Wand eine „Reichskriegsflagge“ hinter Glas hing und noch eine weitere in der Bar unter der Decke – kamen die führenden Protagonisten der neuen Rechten bis hin zur neonazistischen Rechten aus ganz Europa zusammen. Hier referierten u. a. Alain de Benoist, Akif Pirinçci, Horst Mahler und der Südtirol-Terrorist Peter Kienesberger bei „Burschenschaftlichen Abenden“ und „herrschaftsfreien Diskursen“. Noch im Januar 2015 hatten die Danuben zum 31. Mal zu den sog. „Bogenhausener Gesprächen“ geladen („Rußland – alter Feind oder starker Partner der Zukunft“), einem der bekanntesten Tagungsformaten der neuen Rechten. Im Danubenhaus ging der CSU-Politiker Hans Merkel, der zur Unterstützung des „Danubia“-Burschenschafters Sascha Jung einst die „Initiative Akademische Freiheit“ gründete, genau so ein und aus wie die Neonazistinnen der „Gemeinschaft Deutscher Frauen“, die das Haus für ihr Regionaltreffen nutzten.

Zunehmender Verfall

Seit Jahren schrumpfte allerdings die studentische „Aktivitas“ der Danubia. Schließlich kamen noch die Streitereien in der „Deutschen Burschenschaft“ (DB) hinzu, die einige der „Alten Herren“ vergrätzten. Nicht zuletzt das Verhalten der extrem rechten Bünde wie der Danubia hatte ja die Widersprüche im Dachverband noch verschärft. Die Abwärtsentwicklung der völkischen „Buxen“ nahm jedenfalls stetig an Fahrt auf.

Diese Schwäche sah man der „Danubia“ buchstäblich an: Das seit Jahrzehnten schon recht marode gewesene Gebäude verfiel zusehends. Die Mitglieder des burschenschaftlichen „Lebensbunds“ konnten oder wollten offenbar notwendige Reparaturen nicht mehr finanzieren. Dass die „Danubia“ Teile des Hauses schließlich sogar extern vermietete, hat ihr am Ende auch nicht mehr geholfen.

Das Millionengeschäft

Irgendwann scheint man bei der „Burschenschaft Danubia“ dann auf die Idee eines Hausverkaufs gekommen zu sein. Nach den Käuferinnen und Käufern suchte man eher hinter den Kulissen, vor allem unter anderen studentischen Korporationen. Im Internet kann man noch ein diskret formuliertes Maklerinserat finden, das im letzten Jahr für sehr kurze Zeit geschaltet war und bei dem es sich um die Villa der „Danubia“ gehandelt haben dürfte – jedenfalls stimmen Baujahr, Lage, Ausstattung und Beschreibung ziemlich genau überein. Die recht exklusive Lage im Viertel der Prachtvillen, wo ums Eck die Konsulate Russlands und Großbritanniens liegen, macht auf dem exklusiven Markt wohl selbst eine schlechte Bausubstanz wett: Acht Millionen Euro sollte ein potenzieller Käufer bzw. eine potenzielle Käuferin jedenfalls für das inserierte Objekt hinblättern.

Filzstift-Gekrakel der 'Danuben' zum Abschied. Foto: a.i.d.a.Zu diesem Zeitpunkt taugte das unrenovierte Burschenschafterhaus wohl nicht einmal mehr für kleinere, öffentliche Veranstaltungen. Die „Danubia“ gestand auf der eigenen Homepage die notwendig gewordene Absage vieler Semesterveranstaltungen ein: „Aufgrund anhaltender Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit unserer Immobilie findet leider nur ein eingeschränktes Semesterprogramm statt“. Und der mit der „Danubia“ assoziierten ultrarechten „Schülerburschenschaft“ „Saxonia Czernowitz“ platzte ihre für den 15. April 2016 im unten im Haus gelegenen „Saxonenstüberl“ geplante Veranstaltung mit dem „Alten Herrn“ und AfD-Landtagsabgeordneten Andreas Kalbitz.

Nach längerer Suche fand die „Burschenschaft Danubia“ vor wenigen Wochen einen Käufer für die alte Villa. Anfang Mai 2016 zogen die rechten Korporierten aus ihrem Haus aus und der neue Eigentümer begann sofort mit Umbaumaßnahmen. Als Abschiedsgruß schrieben die Burschis mit Filzstift „Danubia war hier“ an die Stelle, wo einst das goldene Schild mit dem geschnörkelten „Danubia“-Zirkel hing.

Umzug nach Schwabing

Gleichzeitig zum Verkaufsangebot hatten sich die Verantwortlichen offensichtlich auf die Suche nach einer repräsentativen Ersatzimmobilie für die Aktivitas begeben. Anfang 2016 tauchten Gerüchte in Schwabing auf: Anwohner_innen und Lokalpolitiker_innen berichteten, dass eine rechte Gruppe im Stadtteil wohl eine Art „Studentenwohnheim“ eröffnen wolle. Ein ziemlich eindeutiger Hinweis: Der Münchner Mietwohnungsmarkt ist leergefegt, da sind günstige Zimmer wichtige Argumente beim burschenschaftlichen „Keilen“ nach männlichem Nachwuchs.

Die neue Villa der 'Danubia' in der Potsdamerstraße. Foto: a.i.d.aFür die zukünftig erhoffte studentische „Aktivitas“ wollte die rechte Danubia offensichtlich nicht kleckern, sondern klotzen. Vor wenigen Tagen hat die „Danubia“ nun ein durchaus repräsentatives Objekt gekauft: eine Villa nebst Nebengebäuden in der Schwabinger Potsdamer Straße. Die Burschenschafter sind bisher allerdings noch nicht dort eingezogen, das Haus ist noch bewohnt.

Das repräsentative neue Anwesen. Foto: a.i.d.a.Der Kaufpreis der neuen Villa ist nicht bekannt. Das großzügige Anwesen mit den Seitengebäuden und einem im Untergeschoss untergebrachten Schwimmbad wird mit Sicherheit kein Schnäppchen gewesen sein. Die an der vielbefahrenen Potsdamerstraße und nahe der nicht weniger lauten Ungererstraße gelegene Immobilie war jedoch sicher zu einem erheblich geringeren Betrag zu haben, als die verkaufte alte Bogenhausener Villa der „Danubia“ eingebracht hat.

Für die radikal völkische Truppe dürfte unter dem Strich also neben einem neuen Haus auch eine Millionensumme übrig geblieben sein.

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