Coburg. Die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) im Bund, die JN-Landesverbände Sachsen, Hessen und Baden-Württemberg, der JN-Stützpunkt Franken/Oberpfalz, der NPD-Landesverband Bayern, die Bezirksverbände Oberfranken, Mittelfranken und Oberpfalz sowie die NPD-Kreisverbände Coburg (um Dietmar Döring) und Bamberg/Forchheim mobilisieren mehrere Wochen lang zu einem Aufmarsch mit dem Thema „Wir oder Scharia“.
Unterstützt wird die Aktion von insgesamt 19 neonazistischen Gruppierungen, darunter regionale Organisationen wie die mittelfränkische Kleinkameradschaft „Division Franken“ um Sven Diem, aber auch das „Bündnis Zukunft“ aus dem thüringischen Hildburghausen oder der „Nationale Widerstand Unterelbe“ rufen zum Aufmarsch auf.
Zum Auftakt um 11.00 Uhr versammeln sich dann etwa 85 Neonazis auf dem Bahnhofsvorplatz. Sie kommen überwiegend aus Bayern, Thüringen und Hessen, darunter unter anderem die bekannten NPD-Funktionäre Heidrich Klenhart (NPD, Postbauer-Heng) und Winfried Breu (Kreisgeschäftsführer im NPD-KV Lichtenfels/Kronach, Bad Staffelstein) sowie die führenden Aktivisten der NPD-nahen Kameradschaftsszene Jens Rüttiger (Hohenroth), Marcel Maderer (Forchheim) und Simon F. (Nürnberg) angereist. Der Ordnerdienst wird von Julian Monaco (Dresden), Bundesgeschäftsführer der JN, geleitet. Neben den bayerischen Aktivisten Rüttiger und Maderer fungieren vor allem Neonazis aus anderen Bundesländern um Kevin A. (Wiegersen) als Ordner. Auch der eigene Fotograf ist mit Dennis B. ein Auswärtiger.
Patrick Schröder („Frei Sozial National-TV“, „Ansgar Aryan“, Mantel) kommt mit seinem Weidener Fahrzeug und Lautsprechern und fungiert als „Tontechniker“. Da er zu Anfang zeitweise in Gewahrsam genommen wird, verzögert sich der Beginn des Naziaufmarsches. Die Polizei gibt später an, bei dem „Tontechniker“ Waffen gefunden zu haben.
Vor dem Büro der Coburger Linkspartei halten die Neonazis eine erste Zwischenkundgebung ab. Hier sprechen der Noch-JN-Bundesvorsitzende Michael Schäfer (Wernigerode) und ein „freier Aktivist aus Franken“.
Die Neonazis verzichten auf eine Kundgebung in der Innenstadt und laufen zunächst in die Viktoriastrasse, wo sie ihre Kundgebung nachholen. Hier treten der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende Karl Richter (München) und der stellvertretende sächsische NPD-Landesvorsitzende Maik Scheffler (Delitzsch) auf. Schäffler bezichtigt Nicht-Deutsche pauschal des Drogenhandels. Die rassistischen Ressentiments sollen offensichtlich vom eigenen Laden ablenken: am 31. August war ein langjähriger politischer Weggefährte Schefflers als mutmaßlicher Anführer eines Drogenhändlerrings in Nordsachsen festgenommen worden.
Von Beginn an ist der Aufmarsch von Nazigegner_innen umgeben. Kurz vor der ersten Kundgebung der Neonazis bilden sie zwei Sitzblockaden. Die Polizei führt die NPD-Anhänger_innen in Zweierreihen an den Blockierenden vorbei. Wenige hundert Meter weiter formieren sich während der nächsten NPD-Kundgebung auf beiden Seiten erneut Blockaden. Diese haben eine Routenänderung und -verkürzung zur Folge.
Der Nazitross zieht weiter über den Marktplatz und durch die Viktoriastrasse. Auch hier kommt es zu einer Blockade von Gegendemonstrant_innen, auch hier werden die Neonazis auf dem Bürgersteig vorbeigeleitet. Der NPD-Aufmarsch wird vom Versammlungsleiter Sven Diem (JN-Stützpunktleiter Franken/Oberpfalz) schließlich am Bahnhof für beendet erklärt.
Zwei Gegendemonstrant_innen werden durch Polizeibeamte des bayerischen USK schwer verletzt. Ein 62-jähriger Mann wird mit gebrochenen Rippen und Verdacht auf Milzriß ins Coburger Klinikum eingeliefert. Die Münchner „Abendzeitung“ berichtet, der Mann sei nach einem ersten Polizeiübergriff bereits in der Obhut eines Notarztes gewesen und zu dieser Zeit nochmals von Polizisten angegriffen worden. Das Innenministerium kündigt gegenüber der Zeitung an, den Vorfall „zu prüfen“.
Die „Division Franken“ veröffentlicht am 22. Oktober 2012 einen Veranstaltungsbericht auf ihrer Internetpräsenz, der mit einer aussagekräftigen Parole endet: „Coburg ist bunt! Da braun ja auch eine Farbe ist!“