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18. Dezember 2011

Schwandorf. Am vierten Adventssonntag marschieren etwa 65 Neonazis ab 14.00 Uhr vom Bahnhof durch Schwandorf. Der Aufzug finde ohne Kenntnis der Versammlungsbehörde statt, so Franz Pfeffer, Pressesprecher des Landratsamtes, da die am Freitag Morgen eingegangene Anmeldung der Neonazis innerhalb der Behörde untergegangen sei.

Fronttransparent beim Aufmarsch in Schwandorf.  Foto: Jan Nowak
Fronttransparent beim Aufmarsch in Schwandorf. Foto: Jan Nowak
Die Demonstration mit dem Motto „Verfassungsschutz und linke Hasspresse abschalten!“ wird von Daniel Weigl (Wackersdorf) geleitet, Inhaber des neonazistischen „Final Resistance“-Versandes, Aktivist des „Freien Netz Süd“ (FNS) sowie Vorsitzender des Bezirksverbandes Oberpfalz der NPD. Der Marsch soll laut Eigenangabe der Neonazis den Höhepunkt einer Aktionswoche gleichen Mottos darstellen. Tatsächlich tauchen früher in der Woche mehrfach neonazistische Flugblätter in der Region auf. In diesen wird unter anderem gegen die Presseberichterstattung zur aktuellen Neonazimordserie, Presseartikel über neonazistische Aktivitäten in der Region, gegen in Deutschland lebende Migrant_innen sowie gegen die politische Linke gehetzt.

Die gleichen Inhalte werden auch auf der Versammlung vertreten, zu welcher überwiegend im FNS organisierte Kameradschaften und Aktivist_innen anreisen, darunter Mike Edling („Freie Kräfte Landau-Dingolfing“, Landau), Robin Siener („Widerstand Cham-Regensburg“), Steffen Willy Reiche („Jagdstaffel Deutsch Stolz Treu“), Thomas Huber („Kameradschaft München“), Michael Reinhardt (Nürnberg) sowie weitere Angehörige von Kameradschaften aus München, Nürnberg/Fürth, Geisenhausen, Schweinfurt/Haßberge, Tirschenreuth und der restlichen Oberpfalz. Die NPD ist mit Karsten Panzer (Tirschenreuth), Geschäftsfüher des Bezirksverbandes Oberpfalz und Heidrich Klenhart (Postbauer-Heng), Vorsitzender des Kreisverbandes Neumarkt, vertreten. Panzer lenkt auch das von ihm zur Verfügung gestellte Lautsprecherfahrzeug beim Aufmarsch.

Matthias Fischer, führender FNS-Aktivist, beim Aufmarsch.  Foto: Jan Nowak
Matthias Fischer, führender FNS-Aktivist, beim Aufmarsch. Foto: Jan Nowak
Als Redner treten neben Daniel Weigl noch Matthias Fischer (Fürth), Führungskader des „Freien Netz Süd“ und Simon Preisinger (Flossenbürg), Kopf des „Aktionsbündnis Nordoberpfalz“, auf. In den Redebeiträgen stilisieren sie die neonazistische Rechte in verschwörungstheoretischer Manier zum Opfer eines Komplotts von gelenkten Medien, gewaltbereiten Linken und des Verfassungsschutzes. Matthias Fischer, der sich und die neonazistische Rechte von Verfolgung betroffen sieht, stellt die rhetorische Frage, was denn nach Meinung von Antifaschist_innen mit „Nationalisten“ geschehen solle: „Lager für sie errichten? Um sie zu konzentrieren?“ Diese Bemerkung, welche eine geschmacklose Relativierung des Systems der nationalsozialistischen Konzentrationslager darstellt, sorgt für Gelächter unter den Veranstaltungsteilnehmer_innen.

Drohungen gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten.  Foto: Jan Nowak
Drohungen gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten. Foto: Jan Nowak
Während des weiteren Verlaufs der Demonstration kommt es durch die Rechten zu Gewaltandrohungen gegen anwesende Gegendemonstrant_innen und Journalist_innen, so werden laufend Hassparolen wie „Wir kriegen auch alle“ und „Lügenpresse auf die Fresse!“ gerufen, einem Mitarbeiter einer Lokalzeitung wird gar ein „Hausbesuch“ angedroht. Die Neonazis belassen es allerdings nicht bei Drohungen, ein junger Gegendemonstrant, der auf der Straße steht, wird brutal am Hals gepackt und gestoßen. Weder Polizei noch Ordner verhindern dies, was, zumindest was die Ordner betrifft, kaum verwundert: Unter ihnen befinden sich der erst im Mai 2011 wegen gemeinschaftlicher, gefährlicher Körperverletzung verurteile Kai Zimmermann (Fürth) und der verurteilte Rechtsterrorist Thomas Schatt (München). Weshalb vorbestrafte Gewalttäter durch die Polizei als Ordner zugelassen werden, bleibt unklar, ebenso warum ein gerichtlich verhängtes Kontaktverbot zwischen Thomas Schatt und dem ebenfalls answesenden Rechtsterroristen Karl-Heinz Statzberger (Unterschleißheim) nicht durchgesetzt wird.

Aufgrund der Panne bei der Versammlungsbehörde bleibt lokalen Nazigegner_innen nur knapp zwei Stunden Zeit für eine Gegenmobilisierung. Trotzdem begleiten etwa 30 Personen die Neonazis eineinhalb Stunden kritisch durch die Stadt, bis die neonazistische Veranstaltung schließlich beendet wird. Daniel Weigl droht der Stadt Schwandorf zum Abschluss damit, an Weihnachten oder Neujahr erneut Versammlungen in Schwandorf durchzuführen. Die Versammlungsbehörde versichert glaubhaft, dass der Fehler innerhalb ihrer Struktur behoben sei und eine erneute Anmeldung nicht mehr „verlorengehen“ würde. Das „Freie Netz Süd“ veröffentlicht über den Aufmarsch einen Aktionsbericht auf der FNS-Homepage.

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