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16. Februar 2014

Neuburg an der Donau-Zell (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen). Am Samstagabend, 15. Februar 2014, wird die 12-jährige Franziska O. aus Adelschlag-Möckenlohe (Lkr. Eichstätt) von einem Neonazi aus Neuburg entführt und in der Nacht zu Sonntag 16., Februar 2014, am Rathei-Weiher beim Flugplatz Zell ermordet.

Die Ermordete:

Franziska O. geht in die siebte Klasse der Maria-Ward-Realschule in Eichstätt, ist Reiterin, spielt Fußball und ist Fan des FC Bayern. Am Samstagnachmittag trifft sie sich mit einer Freundin auf dem Skateplatz Nassenfels.

Die Tat:

Der 26-jährige Stefan B. hat die Tat vorbereitet und dafür einen grünen Toyota geklaut und gefälschte Kennzeichen angebracht. Er beobachtet die Mädchen am Skateplatz Nassenfels und fährt Franziska O. auf deren Heimweg hinterher. Diese setzt noch vier Nachrichten ab, dasss sie von einem grünen PKW verfolgt werde. Stefan B. zerrt sie vom Fahrrad und verschleppt sie an den Rathei-Weiher zwischen Neuburg und Karlshuld, wo er sie vergewaltigt, würgt und erschlägt, wahrscheinlich mit einem Holzscheit. Die Leiche des Mädchens wirft er ins Wasser. Angler_innen entdecken das tote Kind am Sonntagnachmittag, 15. Februar 2014, gegen 16.30 Uhr.

Der Täter:

Der aus Egweil stammende und in Neuburg an der Donau lebende Stefan B. ist wegen Sexualdelikten und Kinderpornographie vorbestraft. Im Dezember 2013 war er in Neuburg angeklagt, mindestens zehn Frauen online sexualisiert beleidigt zu haben. In seinem facebook-Profil hält B. mit seiner rechten, frauenverachtenden und gewalttätigen Einstellung nicht hinterm Berg. Unter anderem hat er einen sexistischen Song des Rappers „Frauenarzt“ sowie einen „Böhse Onkelz“-Liedtext gepostet. Zu sehen ist auch ein Foto, bei dem ein großes Messer mit Holzgriff in einer großen Schnittwunde, das heißt in einem menschlichen Leib steckt. Außerdem hat B. ein Bild von einem Revolver veröffentlicht, versehen mit der Textzeile „Hass und Vergeltung haben wir uns geschworen“. Es handelt sich bei diesen Zeilen um den Liedtext des Songs „Vergeltung“ der deutschen Neonaziband „Landser“. „Geliked“ hat Stefan B. neben Seiten wie „Finger weg von unseren Kindern“ rechtes oder rechtsaffines Zeug, z. B. die offizielle facebook-Präsenz der NPD, das „Hooligan Streetwear“-Klamottenlabel und Verschwörungstheoretisches, z. B. eine Seite der „Reichsbürger“ in schwarz weiß-rot oder den „Widerstand gegen die NWO“. Im virtuellen Raum ist Stefan B. Mitglied der großen antimuslimisch-rassistischen Gruppe „Patrioten Österreichs“. Da wird für den Wiener Burschenschafterball („Akademikerball“) geworben und gegen die EU, gegen „Dreckspack“, „Abschaum“ und „Asylschmarotzer“ gewettert, so mancher Gewaltphantasie freier Lauf gelassen („nutzt endlich die Vielzahl unserer guten DEUTSCHEN Bäume !!!“) sowie für die vom Schweizer Holocaustleugner Bernhard Schaub gegründete „Europäische Aktion“ Werbung gemacht. Mit 27 Gleichgesinnten bildete Ex-Türsteher Stefan B. zudem seit Mitte Januar eine von ihm gegründete „nationale Vereinigung“ im sozialen Netzwerk Facebook. Als Mitglied mit dabei: das facebook-Profil von „Ingolstadt Tk“. „Ingolstadt Tk“ ist die Online-Präsenz eines Ingolstädter Neonazis, der mit dieser Seite seit Juni 2013 eine Kameradschaftsorganisation in Ingolstadt aufzubauen versucht.

Der staatliche und gesellschaftliche Umgang mit dem Verbrechen:

Die kurze Pressemitteilung von Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizeiinspektion Ingolstadt vom 17. Februar 2014 nach der Festnahme des Tatverdächtigen enthält keinerlei Hinweise auf den politischen Hintergrund des mutmaßlichen Mörders. In einem Artikel auf www.aida-archiv.de weist der Fachjournalist Robert Andreasch bereits zwei Tage nach der Tat ausführlich auf die frauenfeindliche und gewalttätige Ideologie des Tatverdächtigen sowie dessen politische, neonazistische, Vernetzung hin. Die a.i.d.a.-Recherche wird von den Medien teilweise aufgegriffen, jedoch dominiert der Wunsch, den Täter als einen Mann zu präsentieren, den mit den anderen Männern der Mehrheitsgesellschaft möglichst wenig verbindet. Dass er sich zuletzt in einer Obdachlosenunterkunft aufhielt, wird so zum Beispiel viel öfter betont als seine rechte Ideologie, der lokale „Donaukurier“ nennt ihn den „Sonderling mit dem Laptop“. Behördliche oder gesellschaftliche Aktionen gegen die Neonaziszene der Region sind im Anschluss an die Tat nicht bekanntgeworden.

Stefan B. steht im Februar 2015 in Ingolstadt vor Gericht. Er gesteht die Tat, Reue zeigt er aber nicht. Medienvertreter_innen reckt er mehrfach den Mittelfinger entgegen. Am 11. Mai 2015 wird er wegen Mordes in Tateinheit mit schwerer Vergewaltigung u. a. zu einer lebenlangen Haftstrafe (unter Feststellung der besonderen Schwere der Schuld) verurteilt.

Der Mord an Franziska O. ist lediglich vor Ort unvergessen. In Bayern wird der Femizid dagegen schnell verdrängt und weder offiziell als neonazistischer Mord anerkannt noch in entsprechenden Auflistungen erwähnt.

Siehe auch: Artikel „Möckenlohe: Der mutmaßliche Mörder ist ein Neonazi“, https://www.aida-archiv.de/2014/02/18/moeckenlohe-der-mutmassliche-moerder-ist-ein-neonazi/

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