Wunsiedel (Lkr. Wunsiedel). Erneut veranstalten Neonazis der dem verbotenen „Freien Netz Süd“ (FNS) nachgefolgten Partei „Der dritte Weg“ ein im nationalsozialistischen Duktus benanntes „Heldengedenken“. Anmelder des Aktion ist nach Informationen der lokalen „Frankenpost“ der frühere „Freies Netz Süd“-Anmelder Norman Kempken (Nürnberg). Ungehindert vom FNS-Verbot im Sommer 2014 setzen die Neonazis damit unter dem „Der dritte Weg“-Label die Aufmarschtradition der vergangenen Jahre fort.
Auch in diesem Jahr geht es dabei zumindest im Subtext auch um ein Gedenken an den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß, dessen Grab sich früher in Wunsiedel befand. Im Aufruf heißt es: „Auch die Stadt Wunsiedel erlangte, durch den vom antideutschen Zeitgeist geprägten Umgang mit Persönlichkeiten der deutschen Geschichte, einen äußerst zweifelhaften Ruf“. Es geht den Neonazis, der Ankündigung zufolge, zudem auch um „eine freie, selbstbestimmte und völkisch geprägte Heimat in Deutschland und Europa“.
Kurzfristig verlegt die Stadt den Auftaktort per Bescheid vom Busbahnhof vor die Jean-Paul-Schule in der Egerstraße. Dort treffen sich ab 16.00 Uhr 230 Teilnehmende aus Bayern und den angrenzenden Bundesländern. Auch eine Delegation von Neonazis aus der tschechischen Republik um Lukáš Stoupa (Klášterce nad Ohří) ist angereist.
Nach einer Begrüßung durch Matthias Fischer (Angermünde) und einer Eröffnungsrede von Martin Bissinger (Laueringen) – der als „Stützpunktleiter Schwaben“ vorgestellt wird – formieren sich die Neonazis im Dunkeln dann in Reihen zu einem Fackelmarsch. Voraus gehen zwei Trommler (u. a. FNS-Aktivist Matthias Bauerfeind), zwei Kranzträger sowie Thomas Huber, der ein Birkenkreuz mit Wehrmachtsstahlhelm hält. Dahinter tragen Neonazis ein Hochtransparent des „Dritten Wegs“ mit der Aufschrift „Dein Heldengrab ist überall“. Die Neonaziszene der Region Bamberg demonstriert beim Aufmarsch ihre derzeitige Stärke durch einen einen eigenen und großen Block.
Wie bei den Märschen der vergangenen Jahren laufen die Neonazis die übliche Runde (Dr. Schmidt-Straße, Heinrich-Beer-Straße) durch ein eher abgelegenes Wohngebiet. Bei der Zwischenkundgebung stellen sich die Neonazis mit Fackeln und Fahnen im Kreis auf. Edda Schmidt (Bisingen), Tony Gentsch (Plauen) und Thomas Wulff halten Redebeiträge. Wieder zum Ausgangspunkt zurückgekehrt, erinnert Wulff bei dem schon aus den vergangenen Jahren bekannten, militaristischen Zeremoniell an die „gefallenen Helden“. Die Veranstaltung endet gegen 18.45 Uhr.
Am 18. November 2015 veröffentlicht die neonazistische Partei „Der dritte Weg“ einen Bericht über den Fackelmarsch, in dem es u. a. heißt: „Die Gedenkansprachen des Tages machten allen Anwesenden verständlich, dass das Blut unserer Ahnen auch durch unsere Venen fließt und wir uns der Verpflichtung bewusst werden müssen, den Selbstbestimmungskampf unseres Volkes auch in diesen volksfeindlichen Tagen entschlossen und mutig fortzusetzen. Nur so werden wir auch in Zukunft als eine völkische Gemeinschaft mit eigenständiger Kultur fortbestehen.“