Weißenburg. Knapp 30 Neonazis, die in den Kameradschaften „Division Franken“, „Aktionsbündnis Nordfranken“ und in der NPD organisiert sind, kommen zu einer Kundgebung („Wir sind keine Terroristen – Die Presse lügt!“) auf dem zentral gelegenen Marktplatz. Marcel Maderer (Forchheim) hat die Versammlung kurzfristig angemeldet, für eine angebliche Dauer von 11.00 bis 20.00 Uhr. Die Neonazis erscheinen erst kurz vor 14.00 Uhr. Ihre Hoffnung, die Gegendemonstrant_innen, die einem Aufruf des „Landkreisbündnis gegen Rechts Weißenburg – Gunzenhausen“ zu Protesten ab 10.30 Uhr folgen, würden so lange nicht durchhalten, ist vergebens: 300 Menschen protestieren lautstark mit antifaschistischen Parolen und Trillerpfeifen.
Die lokale Kameradschaft „Freie Nationalisten Weißenburg“ ist mit Denny B. (Weißenburg), Josef W. (Treuchtlingen), Kevin K. (Weißenburg) und Martin B. (Weißenburg) fast vollständig vor Ort. Sie und die anderen Neonazis werden vom neu gewählten Stützpunktleiter der JN Franken/Oberpfalz, Sven Diem (Eckersmühlen) und vom führenden Aktivisten der „Division Franken“, Jens Rüttiger (Hohenroth), eingewiesen. Rüttiger trägt das neue T-Shirt der „Division Franken“ mit deren Logo und der Rückaufschrift „Volksgemeinschaft statt Individualismus“.
Die Neonazis entrollen zwei Transparente mit den Aufschriften „Wir sind keine Terroristen“ (JN) und „Bock auf Revolution – Freiheit statt BRD“ („Aktionsbündnis Nordfranken“). Zudem zeigen sie zwei schwarze Fahnen mit dem Aufdruck „Weißenburg“ und mehrere „Reichsflaggen“. Die führenden Aktivisten Sven Diem, Roman S. (Pleinfeld), Marcel Maderer und Jens Rüttiger beschweren sich bei der Polizei über die Lautstärke der Gegendemonstrant_innen, die es ihnen schier unmöglich macht, Reden und Musiktitel, die über eine Funkanlage abgespielt werden, zu verstehen.
Einige Neonazis sind von Anfang an komplett vermummt, die Polizei schreitet aber nicht gegen diese Verstöße ein. Jens Rüttiger beginnt, Journalist_innen bei ihrer Arbeit zu behindern. Er weist dann die „Ordner“ ein, ebenfalls Pressevertreter_innen an ihrer Arbeit zu hindern, was diese auch konsequent durchzusetzen versuchen.
Nachdem Marcel Maderer die Auflagen vorgelesen hat, begrüßt Sven Diem die neonazistischen Kundgebungsteilnehmer_innen. Als erstes verliest ein Vertreter der „Freien Nationalisten Weißenburg“ das Kampagnenflugblatt der Division Franken („Wir sind keine Terroristen – Was die ‚Bild‘ und andere Medien verschweigen“).
Danach spricht Roman S., der Anti-Antifa Fotograf der „Division Franken“. In seiner Rede echauffiert er sich über den Lärm der Gegendemonstrant_innen und ruft „Alle Kameraden an die Front“ worauf fast alle TeilnehmerInnen an ein Absperrgitter auf die Gegendemonstrant_innen zurennen, offensichtlich sollen diese angegriffen werden. Dass alle Neonazis wussten, was sie bei den Worten von Roman S. umzusetzen haben, deutet auf vorherige Angriffsabsprachen hin. Neben den als „Ordner“ fungierenden Sven Diem und Jens Rüttiger beteiligen sich auch alle weiteren Ordnerkräfte am Angriffsversuch, statt ihn zu vereiteln. Polizeibamt_innen drängen die Neonazis zurück.
Während anschließend ein 16- jähriger Aktivist aus dem „Aktionsbündnis Nordfranken“ spricht, drängen Sven Diem, Marcel Maderer, Roman S. und ein weiterer Ordner einen Fotografen an eine Mauer und behindern diesen an seiner Arbeit. Auch hier muss die Polizei die Neonazis zurückdrängen.
Kaum ist ein abgespieltes Lied („Eine Rose für mein Deutschland“) der neonazistischen Liedermacherin Annett Müller verklungen, rennen die Neonazis auf ein anderes Gitter bzw. die dort stehenden Gegendemonstrant_innen los und versuchen diese durch Bedrohungen einzuschüchtern. Polizeibeamt_innen stellen sich dazwischen und schicken die Neonazis zurück. Als von der anderen Seite des Markplatzes Tomaten in Richtung der Nazis geworfen werden, rennen diese wiederum auf dieses Absperrgitter und die Gegendemonstrant_innen zu. Auch hier müssen die Polizist_innen die Nazis davon abhalten, die Gegendemonstrant_innen, unter denen sich auch der Weißenburger Oberbürgermeister Jürgen Schröppel befindet, anzugreifen.
Als letzter Redner tritt der NPD-Landesvorsitzende Ralf Ollert (Nürnberg) auf. Er kündigt in seiner zwanzigminütigen Rede an, alle Gegendemonstrant_innen wegen angeblicher Störung einer Kundgebung anzuzeigen und verherrlicht dann den Nationalsozialismus: „Wir [die NPD] wollen nach über fünfzig Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg endlich wieder Freiheit“.