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„Ausrüstung für Patrioten“

Die extrem rechte „Identitäre Bewegung“ (IB) will am 1. März 2018 von München aus einen neuen Online-Versand eröffnen: den „Schmied von Kochel-Shop“. Wir haben uns das Vorhaben schon jetzt näher angesehen.

Von Robert Andreasch

Ab 1. März will die extrem rechte „Identitäre Bewegung Bayern“ ihren neuen Online-Versand in Betrieb nehmen. Die Macher_innen wollen der Projektbeschreibung zufolge „als Projekt der IB Bayern nicht nur IB Artikel vertreiben“. Was damit gemeint ist? O-Ton IB: „Lambdaregenschirme für Demos, quadratmeterweise Bannerstoff oder einfach nur Flugblätter und Aufkleber. Der Schmied von Kochel Shop soll keinen Aktivistenwunsch unerfüllt lassen“.

Aufkleber der 'Identitären Bewegung Bayern' in der Münchner Ungererstraße. Foto: a.i.d.a.Wie so oft bei den Projekten der „Identitären Bewegung“ inszenieren sich die Akteur_innen auch hier als aufopferungsvolle Held_innen. Auf der im Entstehen befindlichen Webseite heißt es: „Dieser Anspruch in Verbindung mit dem Versprechen eines stabilen Shopsystems und zuverlässiger Leistung hat uns viel Mühe gekostet. Hunderte Stunden an Arbeit sind schon hineingeflossen und es werden noch weitere folgen. Doch es lohnt sich und wir versorgen jeden aufrechten Patrioten gerne!“


Das Angebot

Über den Versand sollen mindestens acht verschiedene Aufkleber der IB Bayern verkauft werden. Deren Aufschriften spiegeln die Ideologie und das Auftreten der extrem rechten Organisation wieder. Screenshot der im Entstehen befindiichen Schmied-von-Kochel-Webseite. Im Angebot: der 'identitäre Bierkrug'. Screenshot: a.i.d.a.Völkisch-rassistische Inhalte („Dem Asylwahn ein Ende“, „Remigration statt Integration“) und eine aggressiv-rechte Raumpolitik („Unsere Stadt ist identitär“, „Unsere Heimat unser Recht“) treffen auf ein altmodisches („Love Dirndl – Hate Antifa“) bzw. reaktionär-burschenschaftliches Auftreten („Keine Mensur ist illegal“). Und natürlich ist in inflationärer Art und Weise immer das Logo der IB dabei, das aus der amerikanischen Graphic Novel-Verfilmung „300“ geklaute Lambda im Kreis. Dem aktuellen Projektstand zufolge gibt es bisher weder die geplanten „Lambdaregenschirme“ noch den angekündigten „Bannerstoff“, stattdessen aber Nippes, wie Lambda-Halsketten oder einen sogenannten „Identitären Bierkrug“.


Der Verantwortliche

Domainbesitzer und Shopverantwortlicher ist der bekannte Münchner IB-Aktivist Philipp Mosig. Am 2. Dezember 2016 hatte der damals 23-Jährige dafür über einen Münchner Notar im Handelsregister eine „Identitäre Bewegung BY UG“ (500 Euro Stammkapital) auf seinen Namen eintragen lassen. Seit Mitte 2017 existiert für den geplanten Shop eine rudimentäre Facebook-Präsenz.

Philipp Mosig (2. v. l.) wartet vor dem Haus der Burschenschaft Danubia auf eine in diesem Moment hier ankommende Antifa-Demonstration. Foto: Robert AndreaschPhilipp Mosig tritt auch ansonsten sehr offensiv für die extrem rechten „Identitären“ in die hiesige Öffentlichkeit. Er stellte sich zum Beispiel am 6. Mai 2017 mit einem IB-Banner („Minga ist identitär #Lederhosenrevolte“) auf den Balkon des Münchner Rathauses (die Aktion war weniger keck, als damals von der IB behauptet: im Rathaus war „Tag der offenen Tür“). Er versuchte, am 23. Juli 2017 bei einer CSU-Wahlkampfveranstaltung im Münchner Olympiapark ein Transparent zu zeigen. Er tauchte am 4. November 2017 bei den Protesten von AfD und IB gegen den Antifa-Kongress im Münchner DGB-Haus auf. Er war am 19. Januar 2018 Teilnehmer der IB-Ortsgruppengründung Fürstenfeldbruck in der Vereinsgaststsätte des TuS FFB. Ganz aktuell schwenkt er im neuen Aktionsvideo der IB Bayern (das vor der Festungsanlage in Burghausen aufgenommen wurde) eine Fahne. Und er präsentierte sich am 23. Juni 2017 am Haus der völkischen „Burschenschaft Danubia“ in München-Schwabing unter anderem zusammen mit Lorenz M. (einst bekannter Aktivist des verbotenen neonazistischen „Freien Netz Süd“, Sprecher im Werbevideo der „IB Bayern“) und Paul Z., einem führenden bayerischen IB-Aktivisten und „Danubia“-Burschenschafter, sehr offensiv (mit Kamera) der dort ankommenden antifaschistischen Demonstration.


Die Adresse

Für die Registrierung der „Identitären Bewegung BY UG“ im Handelsregister, für den Domainkauf und in den Geschäftsbedingungen des „Schmied von Kochel“-Shops verwendet Philipp Mosig eine Anschrift in der Ulmenstraße im westlich von München gelegenen Gräfelfing. Die IB Bayern behauptet, angeblich von diesem Haus aus den Online-Versand betreiben zu wollen. Foto: Robert AndreaschDas dortige Mehrparteienwohnhaus ist in Sachen rechter Aktivitäten nicht unbekannt: die Besitzerin und Bewohnerin Anna H. führt in Pasing die „Pension Amsel“, die sie seit vielen Jahren regelmäßig mit einem Inserat in der „Nationalzeitung“ bewirbt und deren Räumlichkeiten zum Beispiel im Jahr 2008 auch von der extrem rechten Gruppe „Pro München“ genutzt worden waren. Im Haus in Gräfelfing wohnt auch der ehemalige „Pro München“-Kommunalwahlkandidat Rainer K..

Wird der Online-Versand der IB stattdessen von der Münchner Maxvorstadt aus betrieben? Foto: Robert AndreaschVor Ort deutet jedoch überhaupt nichts auf den IB-Versand hin, es gibt weder einen Briefkasten noch einen Eintrag an der Klingelanlage des Anwesens, der auf den „Schmied von Kochel-Shop“ oder die „Identitäre Bewegung BY UG“ verweisen würde. Es ist nicht auszuschließen, dass Philipp Mosig den Versand der „Identitären Bewegung Bayern“ von seiner Wohnung in der Münchner Maxvorstadt aus betreibt. Hier sieht es schon ganz anders aus, Sticker der IB und der eng mit der IB verbandelten Organisation „Ein Prozent“ kleben sogar an seiner eigenen Haustür. In der Gegend vom Königs- bis zum Josephsplatz tauchten in den letzten Monaten kampagnenartig Aufkleber der IB Bayern und zum Teil auch IB-Sprühereien auf.


Die Einschätzung

Die Zeit der spektakuläreren und medienwirksamen Aktionen der „Identitären Bewegung“ (bei der, darauf sei noch einmal hingewiesen, es sich nicht um eine „Bewegung“, sondern um eine hierarchisch-elitäre Gruppierung handelt) ist offensichtlich vorbei. Dass die IB Bayern Aufmärsche, Kundgebungen und Flugblattverteilungen organisiert, dass sie in der Provinz Ortsgruppen zu gründen versucht und dass sie jetzt einen Onlineversand eröffnet, zeigt zweierlei: dass sie im Auftreten sehr stark der „alten“ Rechten ähnelt und dass die Organisation ihren Schwerpunkt nun mehr und mehr auf Jugendarbeit und den eigenen Strukturausbau legt.

Der „Schmied von Kochel“ ist eine mythologische Figur. Die IB Bayern verwendet den bayerischen „Volkshelden“ aus Heimattümelei und weil ein Krieger, der im Jahr 1683 bei Wien gegen das osmanische Reich gekämpft haben soll, natürlich gut sowohl zum eigenen Rassismus wie zur eigenen männlichen Rolleninszenierung passt. Der Legende nach soll „der Schmied von Kochel“ auch ein Anführer der Aufstände während der österreichischen Besetzung Bayerns im Spanischen Erbfolgekrieg gewesen sein.

Dass eine extrem rechte Gruppierung einen Aufständischen als Namensgeber wählt, mag peinlich unpassend erscheinen, war doch die deutsche Rechte in der Vergangenheit entweder für die blutige Kehre in den Faschismus verantwortlich oder trug in systemstabilisierender Funktion zum Erhalt des Status Quo bei. Die Namenswahl für den Online-Versand der IB Bayern könnte sich zukünftig dennoch als zutreffend erweisen. Zur Erinnerung: die historische Schlacht ging verloren (und auch der „Schmied von Kochel“ starb der Literatur nach im Jahr 1705 auf dem Schlachtfeld in Sendling). Der Mythos vom „Schmied vom Kochel“ sollte schlicht dabei helfen, die Niederlage erträglicher zu machen.

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