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Rechtspopulistische Organisatoren, neonazistische Mobilisierungshilfe

Am Montag, 12. Januar 2015, will der „PEGIDA“-Ableger „BAGIDA“ („Bayern gegen die Islamisierung des Abendlandes“) in München demonstrieren. 300 Teilnehmende sind für den Aufmarsch, der um 18.30 Uhr am Sendlinger Tor Platz beginnen soll, angemeldet.

Die rechte Konkurrenz:

'MÜGIDA'-Anmelder Thomas Weiß bei der Versammlung am 5. Januar 2015 auf dem Sendlinger-Tor-Platz. Foto: a.i.d.a.
‚MÜGIDA‘-Anmelder Thomas Weiß bei der Versammlung am 5. Januar 2015 auf dem Sendlinger-Tor-Platz. Foto: a.i.d.a.

Der „BAGIDA“-Aufmarsch konkurriert mit einer erneuten „MUEGIDA“-Versammlung, die Anmelder Thomas Weiß, ehemaliger Funktionär der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ (DF), zeitgleich auf dem Weißenburger Platz durchführen will.

Rechtspopulist_innen und Neonazis:

Ähnlich wie bei den „PEGIDA“-Ablegern in anderen bundesdeutschen Städten wird auch beim ersten in München geplanten „BAGIDA“-Aufmarsch deutlich, dass an der Vorbereitung und Durchführung radikal rechte Organisationen beteiligt sind. In München sind dies u. a. die rechtspopulistischen Parteien „Die Freiheit“, die „Republikaner“ und „Pro-Bayern“ sowie die lokale Aktivist_innengruppe der rassistischen Onlineplattform „PI-News“ („PI München“).

Zeitweise wird versucht, solche Zusammenhänge zu verschleiern. Michael Stürzenbergers Ankündigungs-Artikel auf dem rassistischen und antisemitischen „PI-News“-Portal zeigen das sehr gut: Am 1. Januar 2015 hatte er geschrieben: „Im Organisationsteam von BAGIDA sind bisher Mitglieder von PI München, der Parteien FREIHEIT, Republikaner und PRO Bayern sowie unabhängige Bürger“. Am 8. Januar 2015 drehte Stürzenberger diesen Satz quasi in sein Gegenteil um. Nun hieß es: „Im 12-köpfigen Organisationsteam befindet sich kein einziger Partei-Funktionär, sondern nur einfache Bürger, die gegen gravierende Fehlentwicklungen in Deutschland protestieren wollen.“

Zunächst waren zudem bis zu zwölf Reden auch von parteipolitisch organisierten Personen angekündigt worden, mittlerweile ist nur noch von insgesamt vier Beiträgen die Rede. Stürzenberger formuliert eh spitzfindig, schreibt z. B.: „Veranstalterin in München ist eine Bürgerin, die sich engagiert für den Erhalt unserer Kultur und Werte einsetzt, aber in keiner Partei ist“. Dabei gehört die Anmelderin Birgit W. (München) seit Längerem zu den antimuslimischen Akteur_innen um Stürzenberger und dessen DF.

Vermummte Teilnehmer_innen bei der 'MÜGIDA'-Versammlung am 5. Januar 2015 in München. Foto: a.i.d.a.
Vermummte Teilnehmer_innen bei der ‚MÜGIDA‘-Versammlung am 5. Januar 2015 in München. Foto: a.i.d.a.

Auch Neonazis leisten für „BAGIDA“ Mobilisierungshilfe: Die neonazistische „Bürgerinitiative Ausländerstopp München“ (BIA) von Karl Richter (München), der Münchner Kreisverband der Neonazipartei „Die Rechte“ um Philipp Hasselbach (München) sowie der bayerische NPD-Landesverband fordern jeweils zur Beteiligung auf. Ihre Teilnahme bereits angekündigt haben Mitglieder der extrem rechten „Identitären Bewegung München“.

„BAGIDA“

Die Facebook-Gruppe „BAGIDA“ wurde am 21. November 2014 gegründet und hat inzwischen über 14.000 „Likes“. Sie orientiert sich an der in Dresden entstandenen Initiative „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA). Aus rechtspopulistischen bzw. extrem rechten Kreisen beteiligten sich unter Klarnamen bisher u. a. Gernot H. Tegetmeyer (Bundesvorstandsmitglied der Partei „Die Freiheit“, Fürth), Sigrid Schüßler (ehemalige stellvertretende Landesvorsitzende NPD-Bayern und ehemals Bundesvorsitzende des „Rings Nationaler Frauen“, Laufach), Axel Michaelis (stellvertretender Landesvorsitzender NPD Bayern, Wachenroth), Manfred Waldukat (Kreisvorsitzender der NPD-Augsburg und stellvertretender Landesvorsitzender der NPD-Bayern, Augsburg), Rainer Biller (Ex-NPD Funktionär und auch beim „Freien Netz Süd“/FNS aktiv, Nürnberg) und Stefan Werner (Pro-Bayern/Pro München, 2005 NPD-Kandidat zur Bundestagswahl, München) mit Kommentaren.

Der Extremismus der Mitte:

Rechtspopulistische und neonazistische Parteien und Gruppierungen sehen in den PEGIDA-Aktionen die Anfänge der nationalistischen Volksbewegung, auf die sie schon so lange warten. Nun würden sie sich gerne als deren Speerspitze gerieren. Die Mobilisierung zu den PEGIDA Aufmärschen spiegelt in der Tat wieder, was an rassistischen, antimuslimischen und sozialdarwinistischen Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft vorhanden ist (und verschiedenste sozialwissenschaftliche Studien seit Jahren immer wieder feststellten).

Das Motto der „PEGIDA“-Demonstrationen lautet „Gegen Glaubens- und Stellvertreterkriege auf deutschem Boden“. Doch es ging und geht bei „PEGIDA“ und ihren Ablegern nicht um eine Kritik des militanten Djihadismus. Es wird vielmehr im Sinne eines kulturalistischen Rassismus Stimmung gemacht gegen Zuwanderung, gegen Muslime und Asylsuchende. Weitere klar definierte Feindbilder der Aufmarschierenden sind die Bundespolitik allgemein, die als „Lügenpresse“ diffamierten Medien sowie sogenannte „Gutmenschen“ und „die Antifa“. Das Spektrum der Beteiligten an „PEGIDA“ und Co. ist weit gefächert. Alte und Junge, Männer und Frauen, Familien und RentnerInnen, Hooligans, Rocker, politisch Unorganisierte und NichtwählerInnen eben genauso wie die Parteifunktionäre und AktivistInnen aus der neonazistischen Kameradschaftsszene, von NPD, AFD etc.

Zurück in die 1990er Jahre?

Im Kontext hunderter Aktionen gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte – von rassistischen Unterschriftensammlungen, Schmierereien, Sachbeschädigungen, Brandlegungen bis hin zu den tätlichen Angriffen gegen Menschen – erinnert die Situation teilweise an die rassistischen Mobilisierungen der 1990er Jahre. Mittlerweile sind Reaktionen aus Teilen der CDU und CSU zu vernehmen, die von rhetorischer („Ernstnehmen“) bis inhaltlicher (Verschärfung des Asylrechts) Zustimmung reichen. Sie lassen befürchten, dass ein ressentimentgeladener, rassistischer Mob auf der Straße erneut die Agenda der Migrations- und Flüchtlingspolitik diktieren könnte.

„Wer zumal angesichts der deutschen Geschichte die Bedrohlichkeit und das mörderische Potenzial von Vorurteilen und aggressiven Ressentiments nicht zur Kenntnis nimmt, wer ignoriert, dass der Gegenstand von Ressentiments austauschbar ist, weil sie einen ganz anderen Ursprung als den öffentlich vorgetragenen haben, der handelt verantwortungslos.“
(Gesine Schwan, Die ZEIT, 30. Dezember 2014)

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