Drücke "Enter", um den Text zu überspringen.

Busfahrt nach ganz rechts

Vermummte Aktivist_innen der 'Danish Defence League' in Aarhus. Foto: Robert AndreaschBayerische Aktivist_innen von „Politically Incorrect“ (PI), aus der „Bürgerbewegung Pax Europa“ (BPE) und aus dem Landesverband der Kleinstpartei „Die Freiheit“ (DF) unterstützten im dänischen Aarhus eine Kundgebung der extrem rechten „Danish Defence League“ (DDL).

Michael Stürzenbergers Auftritt bei der kleinen Kundgebung in Aarhus.  Foto: Robert Andreasch
Michael Stürzenbergers Auftritt bei der kleinen Kundgebung in Aarhus. Foto: Robert Andreasch
Das „Counter-Jihad-Meeting“ floppt

Das Event wurde im Vorfeld als spektakuläres „European Counter-Jihad-Meeting“ angekündigt, es sollte die Bildung einer europaweiten, antimuslimischen Kampftruppe signalisieren („European Defence League“). Tatsächlich reisten nicht einmal einhundertfünfzig Teilnehmer_innen an. Auch einige der vorher beworbenen Redner_innen aus europäischen Ländern waren letztlich nicht vor Ort im Aarhuser Møllepark, wo es nicht einmal eine funktionierende Verstärkeranlage gab.

Das Chaos war hausgemacht: Der ursprüngliche Kundgebungsorganisator, der 23-jährige Bodybuilder Kasper Mortensen von der „Danish Defence League“, wurde wenige Wochen vor der Aktion wegen eines bewaffneten Angriffs auf einen Türsteher von der Polizei verhaftet. Ersetzt wurde er durch Philipp Trauelsen. Der wurde vor kurzem noch im Umfeld der dänischen Neonaziorganisation „Danmarks Nationale Front“ gesehen, die in der Vergangenheit einen Teil ihrer Mitglieder in Russland an scharfen Waffen ausbilden ließ.

Anders Gravers (l.) und Michael Stürzenberger (r.) in Aarhus.  Foto: Robert Andreasch
Anders Gravers (l.) und Michael Stürzenberger (r.) in Aarhus. Foto: Robert Andreasch
Michael Stürzenberger verortet sich eindeutig

Michael Stürzenberger (München) hatte für das von der „English Defence League“ (EDL) initiierte Treffen im Vorfeld massiv Werbung auf dem rassistischen Onlineportal „PI-News“ gemacht und gar einen gecharterten Reisebus zur gemeinsamen Fahrt von München nach Aarhus angepriesen. „Dieser 31. März in Aarhus wird als Beginn des gemeinsamen europäischen Widerstandes gegen die Islamisierung in die Geschichte eingehen“, übertrieb Stürzenberger maßlos. Kritiker_innen, die selbst in den eigenen Reihen vor dem extrem rechten Hintergrund der Aarhus-Aktion warnten, beschimpfte er als „Zersetzer“ und drohte ihnen (unter Rückgriff auf ein weiteres antisemitisches Stereotyp) wegen deren „Dolchstoß“: „Wir vergessen nichts!“

Schließlich redete Stürzenberger, mit einem Koran in der erhobenen Hand, auch kurz auf der Kundgebung. Die 4-5000 Bürger_innen, die gegen die extrem rechte Veranstaltung in Aarhus protestierten, beschimpfte er dabei als „left fascists“. Den Umstehenden rief er mit theatralisch geballter Faust die EDL-Parole zu: „no surrender!“.

Stürzenbergers Bus (Fahrpreis 99 Euro pro Person) war offensichtlich mit den bayerischen Sympathisant_innen allein nicht vollzubekommen gewesen, so dass auf der Fahrt von München nach Aarhus auch in Stuttgart, Heilbronn, Heidelberg, Frankfurt, Dortmund und Hannover antimuslimische Aktivist_innen aufgenommen wurden.

Aus Bayern waren schließlich aus der Partei „Die Freiheit“ neben dem Landesvorsitzenden Stürzenberger der Generalsekretär Thomas Weiß, Landesvorstandsmitglied/Schriftführer Manfred Schwaller, aus der bayerischen BPE die stellvertretende Landesvorsitzende Barbara Schöffmann und Landesgeschäftsführer Roland Heinrich vor Ort anwesend. Aus den PI-Kreisen waren unter anderem „PI-News“-Autorin Monika Kaufmann und Martin W., einer der seit Jahren engagiertesten Aktivisten der Münchner PI-Gruppe, in Aarhus dabei.

Einige der internationalen Protagonist_innen in Aarhus:

Mit der Teilnahme an der EDL-Kundgebung begaben sich Stürzenberger und seine antimuslimische Schar aus Bayern ganz bewusst ins militante, extrem rechte bis neonazistische Lager.

Anders Gravers (eigentlich: Anders Gravers Pedersen) und seine antimuslimischen Organisationen „Stop Islamisation of Denmark“ (SIOD) bzw. „Stop Islamisation of Europe“ (SIOE) rufen zum Boykott von Firmen wie „Fisher Price“ oder „Kentucky Fried Chicken“ auf, weil diese ihre Produkte auch unter Muslimen bewerben würden. Noch im Jahr 2009 hat Gravers – mit Megaphon – an einem neonazistischen Aufmarsch in Dänemark teilgenommen. Jetzt sprach er, nachdem er von Michael Stürzenberger überschwänglich begrüßt wurde, in Aarhus.

Der Anführer der extrem rechten EDL, Stephen Yaxley-Lennon, der in Aarhus als „Tommy Robinson“ zu den Versammelten sprach, reiste mit dem EDL-Mitbegründer Kevin Caroll und weiteren 15 Mitstreiter_innen an. Die EDL ist im Jahre 2009 aus Yaxley-Lennons Hooligan-Truppe hervorgegangen. Er versuchte bei seiner ultrakurzen, improvisierten Rede, mit seinem T-Shirt „EDL hates Nazis & Islamists“ von den zahlreichen bekanntgewordenen Verbindungen der EDL in die gewaltbereite extreme Rechte Großbritanniens abzulenken. Vergebens: der renommierte britische Fachjournalist Nick Lowles konterte diese vermeintliche „Distanzierung“: Er wies zeitgleich zur Aarhus-Kundgebung nach, dass vier junge Männer, die jüngst wegen eines bewaffneten, rassistischen Angriffs in Dewsbury verurteilt wurden, Aktivisten der EDL sind und Neonazikontakte pflegen.

Thomas Weiß (r., mit Fahne) unterhält sich mit einem Aktivisten der 'Norwegian Defence League'.  Foto: Robert Andreasch
Thomas Weiß (r., mit Fahne) unterhält sich mit einem Aktivisten der ‚Norwegian Defence League‘. Foto: Robert Andreasch
Ronny Alte kam mit zwei Dutzend Aktivist_innen seiner „Norwegian Defence League“ (NDL, s. Foto) nach Aarhus, jener Organisation, die der antimuslimische Massenmörder Anders Behring Breivik in den letzten Jahren mitaufgebaut hatte.

Auch Lars Grønbæk Larsen sprach auf der Kundgebung. In Aarhus gehörte Larsen wenigen Jahren noch zur extrem rechten Hooligan-Truppe „White Pride“, zählte zu den Kreisen der neonazistischen „Danish Front“ und nahm an mehreren Neonaziaufmärschen in ganz Europa teil. Die „Danish Front“ unterhielt viele Verbindungen zum neonazistischen „Blood & Honour“-Netzwerk. In der letzten Zeit ging die „Danish Front“ teilweise in Larsens neuer Truppe „Vederfølner“ auf, die er auf der Kundgebung selbst als „nationalistische Organisation gegen Immigration“ vorstellte.

Vermummte Hooligans der 'Danish Defence League' auf der Kundgebung.  Foto: Robert Andreasch
Vermummte Hooligans der ‚Danish Defence League‘ auf der Kundgebung. Foto: Robert Andreasch
Militante Angriffe von rechts

Die Beteiligung von Hooligans und militanten Neonazis blieb nicht ohne Folgen. Schon in den Tagen vor der antimuslimischen Kundgebung kam es zu zahlreichen Attacken gegen Antifaschist_innen und Mitglieder eines antirassistischen Bürger_innenbündnis in Aarhus, die auf die „White Pride“-Hooligans zurückgefürt werden können.

Das setzte sich während der extrem rechten Kundgebung fort: Als Antifaschist_innen protestierend im Park in Richtung der Kundgebung zogen, griffen einige der z. T. vermummten rechten Schläger der „Danish Defence League“ sofort an. Einige Hooligans attackieren dabei auch zivil gekleidete Beamte der dänischen Polizei, die daraufhin rechte Kundgebungsteilnehmer verhafteten.

Karl-Michael Merkle (Heilbronn), der auf der Kundgebung als „Michael Mannheimer“ vorgestellt wurde, hatte im April 2011 auf mehreren Homepages einen Text („Mannheimer Aufruf zum allgemeinen Widerstand“) veröffentlicht, der neben rassistischen Passagen auch einen ziemlich unverhohlenen Aufruf zum bewaffneten Kampf („Greift zu den Waffen“) enthielt. Weil ihm nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Heilbronn ein Strafbefehl und/oder ein Prozess droht, bewirbt Merkle derzeit ein Spendenkonto (auf den Namen „Michael Mannheimer“) bei der Stadtsparkasse München.

Merkle trat entgegen der ursprünglich geplanten Reihefolge als erster Redner in Aarhus auf. Zuvor versuchte er einen Fotojournalisten mit der Drohung einzuschüchtern, er würde ihn in Kürze auf der Homepage „Nürnberg 2.0“ „veröffentlichen“. Auf dem Internetportal werden Journalist_innen und Politiker_innen, z. B. der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, steckbriefartig geoutet und ihnen wird (Christian Ude z. B. wegen angeblicher „Lobbyarbeit für eine fremde Macht“) ein Tribunal nach dem Vorbild der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse angedroht.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen