Einen Sinn für Kultur hat sie durchaus, die „Erste pommersche und erste Greifswalder pennale Burschenschaft Ernst Moritz Arndt“. Ein wenig völkisch ist diese Kultur freilich schon; direkt auf go.to/Rennicke, eine „Solidaritätsseite“ für den wohl prominentesten Möchtegern-Sänger der extremen Rechten, hat die Schülerverbindung einen Link gesetzt. An politischen Informationen hat sie ebenfalls Interesse, und dafür finden sich Links zu einschlägigen Websites der extremen Rechten, etwa zum „Institut für Staatspolitik“, einem jungkonservativen Think-Tank, oder auch zur „Schlesischen Jugend“, die im April wegen ihrer engen Beziehungen zu neonazistischen Kreisen von der „Landsmannschaft Schlesien“ suspendiert worden ist.
Selbstverständlich spiegelt sich das politische Interesse der pennalen Burschenschaft auch in ihrem Semesterprogramm wider: Einen ganzen Abend widmet sie dem Schweizer Publizisten Armin Mohler, der im Jahr 1942 eigentlich in die Waffen-SS eintreten wollte, aber als unzuverlässig eingestuft und daher nicht genommen wurde. Mohler wurde später als politischer Schriftsteller bekannt, der auf die Frage, ob er ein Faschist sei, antwortete: „Ja, im Sinne von José Antonio Primo de Rivera„. Primo de Rivera galt im faschistischen Spanien Francisco Francos als Märtyrer und Held.
Rund 150 Schülerverbindungen existieren heute in der Bundesrepublik – Tendenz: steigend. In ihrer Struktur gleichen sie weitgehend den Studentenverbindungen. Sie teilen mit ihnen das Brauchtum, die Traditionsfixierung, auch den Elitendünkel und das Lebensbundprinzip; sie verfügen ebenfalls über Altherrenverbände. Auch bei ihnen gibt es unterschiedliche Gattungen, etwa Pennale Corps, Pennale Landsmannschaften oder Pennale Burschenschaften. Manche fechten sogar Mensuren, wenn auch nur mit stumpfer Waffe.
Allerdings bilden die Pennälerverbindungen längst nicht so stabile Zusammenhänge heraus wie ihr studentisches Pendant: Die Aktivenzeit ist meist kürzer, und die Bindungen, die unter Schülern entstehen, sind bei weitem nicht so gefestigt wie die aus studentischen Korporationen resultierenden persönlichen Bande. Das hat zur Folge, dass deutsche Schülerverbindungen oft recht kurzlebige Projekte sind, die wieder zerfallen, sobald eine besonders aktive Clique die Schule verlässt.
Aus Sicht von Studentenverbindungen sind Schülerverbindungen nicht nur sympathische Verbände, sondern vor allem auch erfolgreiche Vorfeldorganisationen. Eine ganze Reihe von ihnen unterhalten enge Beziehungen zu Pennälerverbindungen, zwar durchaus, um Korporationsstrukturen allgemein zu stärken – nicht zuletzt aber auch, um Nachwuchs zu rekrutieren. Das gilt auch für Mitglieder der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“. So hat die „Berliner Burschenschaft Gothia“ bereits 1981 an der Gründung der „Ersten Berliner Schülerverbindung Iuvenis Gothia“ tatkräftig mitgewirkt; diese ist bis heute aktiv. Die „Pennale Burschenschaft Saxonia-Czernowitz zu München“ trifft sich regelmäßig in der Möhlstraße 21 im Münchener Stadtteil Bogenhausen; dabei handelt es sich exakt um das Haus der Münchner Burschenschaft „Danubia“. Die „Pennale Burschenschaft Teutonia Hamburgia“ nennt als Kontaktadresse die Sierichstraße 23 in Hamburg; dort hat die Hamburger „Burschenschaft Germania“ ihren Sitz. Und die „Erste pommersche und erste Greifswalder pennale Burschenschaft Ernst Moritz Arndt“ findet man im Haus der „Burschenschaft Markomannia Greifswald“ am Greifswalder Karl-Marx-Platz 12.
Besonders enge Beziehungen zur „Deutschen Burschenschaft“ und auch zur „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ gibt es beim „Allgemeinen Pennäler Ring“ (APR), einem 1990 gegründeten Dachverband von 14 Schülerverbindungen, der sich explizit „zu den Idealen der Urburschenschaft“ bekennt. „Jugend unseres Volkes!“, heißt es in einer Schrift, die der APR einst im Internet veröffentlichte: „Erhebe dich aus den Trümmern unserer Zeit, befreie dich von allem, was dich peinigt – breite deine Flügel über unser ew’ges Vaterland und benetze sie mit deinem Schweiß und Blute. (…) Werde Krieger und Arbeiter für Deutschland“. Derlei völkische Lyrik lässt erahnen, wieso mehrere Bünde aus dem APR immer wieder durch enge Kontakte zur extremen Rechten von sich reden machen. Die „Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg“ etwa gilt als engstens vernetzt mit der extrem rechten Szene in der Hansestadt. Im Jahr 2009 verlor einer ihrer Alten Herren seine Arbeitsstelle als Filialleiter einer Hamburger Bank, weil er in einem neonazistischen Verlag ein Buch veröffentlicht hatte. Darüber hinaus betrieb die „Chattia Friedberg zu Hamburg“ zumindest eine Zeitlang ihre Nachwuchswerbung bei der NPD.
Deutlich über das schulische Milieu hinaus reicht die Wirkung von Aktivitäten, die Mitglieder der „Pennalen Burschenschaft Theodor Körner zu Chemnitz“ entfalteten. Sie gründeten vor einigen Jahren eine Schülerzeitung mit dem Titel „Blaue Narzisse“, die erkennbar in der Tradition der sogenannten Jungkonservativen steht – einer rechten Strömung der Weimarer Zeit, die ideologisch behilflich war, den Nazis den Weg zu bereiten. Die „Blaue Narzisse“, herausgegeben vom „Alten Herrn“ der „Pennalen Burschenschaft Theodor Körner“, Felix Menzel, existiert bis heute. Sie hat sich inzwischen zu einem Internetportal gewandelt, das über die rechte Szene hinaus in konservative Milieus hinein ausstrahlt. Besonders gern gelesen wird sie natürlich immer noch von Personen, die den Machern besonders nahestehen – von Mitgliedern von Schülerverbindungen.
Unser Autor Jörg Kronauer hat 2010 zusammen mit Felix Krebs das Buch „Studentenverbindungen in Deutschland“ (Unrast-Verlag, Münster) herausgegeben.
Im ersten Beitrag dieser Artikelserie von firm und a.id.a. widmete sich Michael Mende der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ und ihren Positionen. Im zweiten Artikel schrieb Jörg Kronauer über die Schnittstellen zwischen Burschenschaften und Sudetendeutschen. Christian Schwarz analysierte in seinem Beitrag die (Selbst-) Darstellung der Burschenschaften in den (Massen-) Medien. Fortsetzung folgt.