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Anzeigen-Serie der beleidigten Bayern-NPD

Nürnberg. Strafantrag wegen Beleidigung und Verleumdung hat Ralf Ollert, Nürnberger Stadtratsmitglied der "Bürgerinitiative Ausländerstopp" und NPD-Landesvorsitzender in Bayern, gegen den Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg Arno Hamburger gestellt. Begründet wird der Antrag mit einer Rede Hamburgers auf einer Veranstaltung in Gräfenberg.

In der Rede hatte Hamburger einem Bericht der Nürnberger Zeitung zufolge geäußert, es sei an der Zeit, die Verbrecher-Partei zu verbieten. Ollert soll Arno Hamburger zudem aufgefordert haben, sich aus der Politik zurückzuziehen, berichtet das Lokalblatt. Der 84-jährige Arno Hamburger hatte in NS-Konzentrationslagern mehrere Angehörige verloren, als Dolmetscher nahm er an den Nürnberger Nachfolgeprozessen teil. Seit 1972 ist er SPD-Stadtratsmitglied.

Arno Hamburger und die israelitische Kultusgemeinde sind seit langem Zielscheibe von aggressiven Angriffen aus dem rechtsradikalen Lager. 1993 wollte ein Nürnberger Rep-Stadtrat der israelitischen Kultusgemeinde die städtischen Zuschüsse streichen lassen. 1994 wurden in Nürnberg lebende Ausländer und Mitglieder der jüdischen Gemeinde mit anonym verfassten "Ausweisungs- und Deportationsbescheiden" terrorisiert. 2001 hatte der Ex-NPD-Chef und kurzzeitige Nürnberger Oberbürgermeisterkandidat Günter Deckert gegen Arno Hamburger Strafanzeige gestellt, weil dieser ihn als Verbrecher bezeichnet hatte. In seiner Anzeige soll Deckert einem Bericht der Tageszeitung Die Welt zufolge formuliert haben, er lasse sich "auch von einem Juden […] nicht als Verbrecher bezeichnen". Deckert war damals mit seiner Kandidatur aus formalen Gründen gescheitert, statt dessen hatte Ralf Ollert bei den Stadtrats-Wahlen für die "Bürgerinitiative Ausländerstopp" in Nürnberg kandidiert.

Auch andernorts wollte und will die bayerische NPD verstärkt mit juristischen Mitteln gegen ihre Kritiker vorgehen. Bereits vor einem Jahr hatte der stellvertretende NPD-Landesvorsitzende Sascha Roßmüller bei der Regensburger Staatsanwaltschaft Strafanzeige und Strafantrag gegen den Regensburger SPD-Fraktionsvorsitzenden Joachim Wolbergs gestellt, weil dieser die Veranstalter und Teilnehmer des damaligen NPD-"Bayerntages" als "braune Vollidioten" bezeichnet hatte. In Roßmüllers Pressemitteilung hieß es dazu: "Wäre die Äußerung des Herrn Wolbergs in Bezug auf Angehörige des jüdischen Volkes getätigt worden, läge ohne Zweifel der Tatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130 StGB vor, so daß ich davon ausgehe, daß auch in Bezug auf Mitglieder der NPD und ihre Veranstaltungsteilnehmer der Volksverhetzungsparagraph erfüllt ist".

Ralf Ollert hatte im August 2006 Strafantrag wegen "Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole" gegen eine Journalistin der Nürnberger Nachrichten gestellt. Diese hatte in einem Artikel über die "Schulhof-CD" der NPD geschrieben, "[…] als wär`s nicht schon genug, müssen die malträtierten Ohren am Ende der CD die erste Strophe des Deutschlandliedes ertragen".

Bundesweite Beachtung hatte die NPD-Anzeige gegen den katholischen Pfarrer Ulrich Boom im nordbayerischen Miltenberg gefunden: Dieser hatte während einer Demonstration des NPD-Jugendverbandes Junge Nationaldemokraten (JN) zwanzig Minuten lang alle sechs Kirchenglocken läuten lassen. Nachdem die Klage gegen den Miltenberger Pfarrer Ullrich Boom nicht erfolgreich war, zog die NPD gegen Heinz Kaiser vor Gericht. Der SPD-Landtagsabgeordnete hatte sich vehement für Boom eingesetzt.

Im Juli 2007 hatte die NPD Oberpfalz Anzeige gegen die Bundestagsabgeordnete Marianne Schieder (SPD) und den Weidener Stadtjugendpfleger Ewald Zenger wegen Beleidigung und übler Nachrede erstattet. In der Darstellung der NPD Regensburg wehre man "sich nun auch mit rechtlichen Mitteln gegen die üble Hetze" gegen die NPD. Im Vorfeld des so genannten Bayerntages hatte Schieder die NPD als "rechtsextreme Spinner" bezeichnet, Zenger nannte die NPD eine "verbrecherische Bande".

Den Webseiten der NPD Niederbayern ist zu entnehmen, dass der Deggendorfer NPD-Kreisvorsitzende Alfred Steinleitner gegen den CDU-Politiker Hendrik Wüst Strafanzeige wegen des "Verdachts der Volksverhetzung, Beleidigung und groben Unfugs" gestellt habe. Der Generalsekretär der CDU von Nordrhein-Westfalen hatte sich dafür ausgesprochen, die NPD politisch und nicht per Verbotsantrag zu bekämpfen – den "Rattenfängern" solle man in kritischer Auseinandersetzung den Nährboden entziehen, so ein auf den NPD-Seiten eingestellter Artikel aus der Deggendorfer Zeitung vom 7. September. Steinleitner fühle sich durch die Formulierung "Rattenfänger" beleidigt und stelle deshalb Strafantrag.

 

[Der Artikel erschien erstmals am 18.09.07 auf redok.de. Die Veröffentlichung auf aida-archiv.de erfolg mit freundlicher Genehmigung des Autors]

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